Finns Welt - 02 - Finn reloaded
Ohren. Unsere Eltern können es nicht fassen. Doch dann stimmen sie mit ein. Klaus, Stefan, sogar ein paar andere Eltern. »Bam – bam – bambambam – bambambambam – bam – bam! UNION!!!« Der Schiedsrichter zuckt mit den Schultern, denkt sich wohl: »Okay, das nennt man dann Heimvorteil«, und pfeift an.
Wir singen: »Olé, olé, olé, olé!« und »Luuuuuuukas Lindner, du bist der beste Mann!«, so laut wir können. Lukas und Mehmet spielen Traumkombinationen und machen in zwölf Minuten drei Tore. Die wenigen Eltern, die von der Gastmannschaft mitgereist sind, brüllen nun ihrerseits auf der anderen Seite des Platzes. Sie sind vorher noch nie auf die Idee gekommen, dass es auch bei einem Jugendspiel am Sonntag so klingen könnte wie in einem echten Stadion. Gebrüll. Gejohle. Gesang. Ekstase. Sophia schaut sich die Aktion verträumt an. Sie kommt oft hierher, aber sie würde natürlich niemals mitgrölen. Ihr Geist ist immer halb irgendwo anders. Er schwebt über grünen Tälern und zählt Schafe auf grünen Hügeln. Fußball, Schlachtensänge, Transparente, das sind für sie Männersachen. Aber sie liebt Heiner dafür, dass er das für Lukas getan hat.
Nach 45 Minuten sind wir alle heiser und das Spiel endet 3:2. Lukas’ Mannschaft hat endlich mal wieder gewonnen. Lukas läuft herbei, küsst seine Vivien, so, dass mich ein Schauer durchzieht, und klatscht uns danach ab.
»Heiner hat die Unterstützung besorgt!«, erkläre ich.
»Danke!«, sagt Lukas und dreht sich zu den Japanern. »Danke!« Sie nicken und lächeln und geben ihm die Hand, indem sie sie mit beiden Händen umfassen. Mehmet kommt hinzu und der ganze Rest des Teams. Sie stellen sich wie eine Bundesligamannschaft vor der Fankurve auf, nehmen sich an den Händen, verbeugen sich und reißen dann die Arme hoch. Rico zeigt den Japanern, dass sie diese Welle nachmachen sollen. Sie tun es und johlen. Viele machen Fotos.
»Ja«, sagt Sophia, legt die Arme um Heiner und bettet ihr zartes Kinn auf seine Schulter. Heiner lächelt, dreht seinen Kopf und küsst Sophia. Dann klatscht er in die Hände. »So, ich bringe meine Hotelschäfchen jetzt mit Rico wieder in ihren Stall zurück. Sie waren ja nur geborgt. Sophia, Anja, Stefan, Klaus, Jungs, Kinder – möchtet ihr nach all dem Lärm noch bei mir zu Hause den Nachmittag ausklingen lassen? Fahrt einfach schon mal los, wir treffen uns dann bei mir. Die Adresse habt ihr ja.«
Unsere Eltern wollen. Sie waren bislang noch nie bei Heiner daheim. Da sagen sie natürlich nicht Nein. Der Trainer von Lukas kommt hinzu, sieht Heiner an und fragt: »Kann man Sie und ihre Jubeltruppe eigentlich mieten?«
»Jubeljapaner sind nicht immer vorrätig«, lacht Heiner. »Aber in zwei Wochen haben wir drei Dutzend Gäste aus Peru.« Er gibt dem Trainer tatsächlich eine Visitenkarte. Ich scanne das kleine Papier mit einem Blick, aus Gewohnheit. Heiner Janus steht darauf. Darüber das Logo des Hotels. Darunter: Anschrift, Telefonnummer, aber keine E-Mail-Adresse. Merkwürdig. Bekommt er als Barchef eines großen Hotels keine E-Mails? Der Trainer patscht mit der Karte auf seine Handfläche und mustert Heiner, als suche er einen Grund, ihm nicht zu glauben. Er findet keinen.
Heiner lebt nicht in einem Haus, sondern in einer Wohnung. Aber in was für einer! Das Wohnzimmer ist so groß wie unser Garten. Nur eine Theke trennt es von der schwarzen glänzenden Küche mit Marmorplatten. Vor den riesigen Panoramafenstern zieht sich ein Balkon entlang. Der Blick fällt auf Eschen und Erlen, die im Wind rascheln. Sie begrenzen den großen Garten. Er gehört allen Leuten, die in diesem Haus wohnen. An der Wand gegenüber den Fenstern steht die kleine Version der Bar im Hotel. Sogar hier daheim mischt Heiner Getränke zusammen. »Man muss in der Übung bleiben«, sagt er. Sein Fernseher ist groß und er besitzt eine Xbox 360. Als Erwachsener! Er hat schon Kinect, sodass wir völlig ohne Controller in Socken auf dem Holzparkett herumturnen und damit die PowerUp Heroes auf dem Bildschirm steuern. Kleine Superhelden, die sich mächtig aufs Maul geben. Helden wie Heiner, mit vielen Punkten und lauter überraschenden Spezialfähigkeiten. Venja und Alex wollen mitspielen, verstehen aber das Konzept der Avatare auf dem Bildschirm nicht so richtig und werfen sich lieber einfach direkt auf ihren Bruder.
»So«, sagt Heiner und balanciert auf einem Tablett Gläser an den Tisch, »für die Damen jeweils ein Mint Tonic mit frischer
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