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Finsterau

Finsterau

Titel: Finsterau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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verriegelt, von dort tappte er weiter zur Bank unter dem Fenster.
    An manchen Tagen wäre es einfach besser, in der Früh im Bett liegen zu bleiben und nicht aufzustehen, genau so ein Tag war gestern. Seit dem Vormittag war alles schiefgelaufen, schon als er noch auf dem Weg von Einhausen nach Finsterau war. Irgend so ein vermaledeiter Hund hatte auf der Straße ein Nagelbrett liegen lassen. Er hatte es nicht gesehen und war mit seinem Lloyd 600 darübergefahren. Ein Platten. Nachdem er den Reifen gewechselt hatte und sich, langsam eine Zigarette rauchend, umsah, war es ihm aufgefallen. Er stand mit dem Wagen ausgerechnet an der Abzweigung in Finsterau, an der es hinüberging zu dem Sach, wo seinerzeit nach dem Krieg die junge Frau umgebracht worden war.
    Er öffnete das Fenster.
    Gleich da hätte er wieder umkehren müssen, solche Plätze waren immer ungut. Es war kein Zufall gewesen, es konnte gar keiner sein.
    »Die geht da draußen noch um. Da draußen weizt’s, die arme Seele gibt keine Ruhe. Kein Wunder, dass ich mir gestern genau an der Stelle einen Platten gefahren habe. Herrgott Sakrament noch einmal, und jetzt bleibe ich auch noch mit der Joppe hängen.«
    Umständlich versuchte er, die Jacke loszumachen. Er zog und rüttelte daran, endlich gelang es ihm, dabei fielen die gesuchten Zigaretten und das Feuerzeug auf die Fensterbank. Er sammelte beides wieder ein. Und stieg durch den Rahmen hinaus ins Freie. Dort zündete er sich eine Zigarette an und sog den Rauchtief ein. Der Geschmack im Mund war schal, die Kehle brannte.
    »Scheiß drauf, habe ich einen Brand, selbst die Tschick schmeckt nicht mehr.« Er schnippte die Zigarette weg und ging.

Theres
    D er Anwalt vom Johann hat beim Herrn Pfarrer angerufen. Es wäre dringend, soll ich dir ausrichten, und ob du hinüber zum Telefon kommen könntest. Er würde sich in einer Stunde wieder melden.«
    Die Pfarrköchin war noch ganz kurzatmig, als sie vor der Tür stand. Theres zog die Kleiderschürze aus, nahm die Jacke, schlüpfte in die bereitstehenden Schuhe und lief mit der Köchin hinüber zum Pfarrhof.
    Am Telefon eröffnete ihr der Verteidiger, sie hätten Johann aus dem Gefängnis fortgebracht und in die Irrenanstalt eingewiesen. Das sei besser so für ihn. Mit jedem Tag sei er mehr und mehr verfallen, bis schließlich der Arzt auf der Krankenstation es nicht mehr habe verantworten können, ihn dort zu behalten.
    »Es ist ein Gefängnis, keine Irrenanstalt«, hatte er gesagt. Die Abteilung dort sei für Fälle wie ihn einfach nicht ausgelegt, und somit war sein Aufenthalt sowohl für ihn selbst als auch für seine Mitgefangenen unzumutbar. Er hätte mit dem Staatsanwalt und auch mit dem Richter gesprochen, und alle drei hätten sie schonimmer ihre Zweifel daran, ob alles richtig war mit Johann und in dessen Kopf. In all den Gesprächen, die sie mit ihm geführt hatten, waren sie dem tatsächlichen Ablauf der Tat nicht einen Schritt näher gekommen. Seine Aussagen hätten sich ständig widersprochen, wenn er sich denn überhaupt zu den Vorfällen geäußert hatte. Für ihn als seinen Verteidiger wäre die Arbeit dadurch nie einfach gewesen. Nach erneuten Unterredungen seien sie nun zu dem Schluss gekommen, dass keiner, der noch alle Sinne beieinanderhatte, auf so barbarische Art Tochter und Enkel ermorden konnte. Und nur ein Verrückter würde in all den Wochen und Monaten, die nun vergangen sind, niemals Reue zeigen, selbst bei einem eiskalten Mörder würde man früher oder später ein Motiv erkennen und die Tat erklären können.
    »Frau Zauner, glauben Sie mir, die Einweisung in eine Irrenanstalt ist für ihn in seinem Zustand auch sicherlich leichter zu ertragen, als weiter im Gefängnis zu bleiben. An eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist nicht zu denken, es gibt keine neuen Erkenntnisse. Es tut mir schrecklich leid, aber das ist das Einzige, was ich noch für Sie tun kann.«
    Und damit hängte er ein.
    Theres blieb einen Augenblick lang stehen, dann legte sie den Hörer auf die Gabel. Der Köchin, die sie neugierig und fragend ansah, sagte sie nur: »Sie haben ihn nach Karthaus gebracht.«
    Und ging.
    Draußen hatte es zu tröpfeln angefangen, Theres achtete nicht darauf. Es war ihr auch gleichgültig, alsder Regen immer stärker wurde und sie schließlich durchnässt bis auf die Haut wieder zu Hause ankam.
    Zwei Tage später kam das Schreiben vom Amt. Darin stand, wohin genau sie ihn gebracht hatten und dass es nun, da er nicht mehr im

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