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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Wolvercote hinauf nach Wytham radelte.
    In den Zeilen 14 und 15 der (inzwischen allbekannten!) Verse finden wir (sic) und (sic). Wenn das nicht ein verborgener Hinweis auf das prächtige alte Wirtshaus in Wytham, den Weißen Hirsch, ist, Sir, laß ich mich hängen! Aber ich bin überzeugt, daß ein solcher Hinweis nur dienen kann, Mr. Lionel Regis’ brillante Analyse der Verse (Leserzuschriften, 13.Juli) zu erhärten.

    Mit freundlichen Grüßen
    JOHN C. CHAVASSE
    21 Hayward Road
    Bishop Auckland

     an der anderen Seite des Tisches sah etwas verlegen aus, aber nicht lange, und inzwischen war es ohnehin alles ein offenes Geheimnis. Ihm wurde klar, daß er für einen Tag oder so wenig tun konnte — außer noch einmal alle Unterlagen durchzusehen, die sich aus früheren Ermittlungen angesammelt hatten, abzuwarten, Lewis auf die Verwaltung anzusetzen und vielleicht zu versuchen, etwas intensiver über seine eigene, nicht ganz verständliche Überzeugung nachzudenken, daß die Leiche der jungen Studentin gefunden werden würde, und zwar im Wytham-Wald. Es gab schließlich auch etwas neues Beweismaterial — den Anruf von den O’Kanes. Denn wenn sie sich richtig erinnerten, war Karin Eriksson zu irgendeinem Zeitpunkt die Banbury Road vom Kreisverkehr her hinuntergegangen; das war eine Bestätigung der Aussage des Mannes, der an jenem Sonntag zur Mittagszeit dort auf einen Bus gewartet hatte. Dieser Aussage hätte man glauben sollen — nicht der des Mannes, der die Sunderland Avenue entlanggefahren war.
    Solchen und ähnlichen Gedanken ging Morse gemeinsam mit Sergeant Lewis am frühen Nachmittag nach. Es waren bereits Vorbereitungen im Gange, etwa zwanzig weitere Männer von verschiedenen örtlichen Dienststellen bereitzustellen, zur Ergänzung der dreißig Männer, die sofort von Blenheim abgezogen werden sollten. Allerdings gab es eine kleine Verzögerung. Der Oberförster von Wytham, Mr. David Michaels, nahm an diesem Tag an einer Konferenz des National Trust in Durham teil. Aber sie erwarte ihn später am Abend, sagte seine Frau, und er würde höchstwahrscheinlich am nächsten Morgen zur Verfügung stehen.
    Die Dinge gerieten in Bewegung an diesem Nachmittag. Aber langsam. Und Morse war ruhelos und ungeduldig. Er ging um 16.00 Uhr nach Hause und machte sich daran, eine Liste von Schallplatten aufzustellen... Bevor sie ihn am letzten Montag verließ, eine Viertelstunde nach Stranges lästiger Störung, hatte Claire Osborne ihn gebeten, ihr eine Liste seiner acht Desert Island-Platten zu schicken, und all seine Versionen von Mozarts Requiem. Es sei höchste Zeit, daß sie etwas für ihre Bildung tue, hatte sie gesagt, und ob Morse ihr verspreche, ihr dabei zu helfen...? Also hatte Morse es versprochen und sein Versprechen wiederholt, als er sie zum Abschied kurz, zärtlich und voll auf die Lippen küßte.
    «Meine Adresse kennst du doch, denke ich?» hatte sie von der Pforte her gerufen.
    Morse war immer noch nicht ganz sicher, was Nummer sieben und acht betraf, als er spät am Nachmittag vor seiner Schreibmaschine saß und langsam die Liste tippte.

    Etwa eine Viertelstunde bevor Morse mit seinem Liebesdienst begonnen hatte, stolzierte Philip Daley prahlerisch aus seinem Klassenzimmer in der Cherwell School an der Marston Ferry Road im Norden Oxfords. Nur noch zwei Tage! Wenn es doch schon soweit wäre! Die Schule würde am 17. aufhören, und er konnte es nicht erwarten, sie los zu sein. Sie ein für allemal los zu sein! Seinem Dad (in den eigenen Worten seines Dads) war es scheißegal, aber seine Mum (wie er sehr gut wußte) hätte es gern gesehen, wenn er sich an seine Aufgaben gesetzt hätte und in der sechsten Klasse geblieben wäre und vielleicht später einen anständigen Job an Land gezogen hätte und all der Scheißkram. Aber andere Gedanken herrschten vor in seinem zutiefst unzufriedenen Gemüt, als er an diesem Nachmittag die Banbury Road hinaufging. In der Lunchpause hatte er ein Mädchen aus seiner Klasse, die mit der vollen Bluse, gefragt, ob sie mit ihm zur Trimester-Abschlußfeier in die Disko gehen würde, und sie hatte gesagt, das soll wohl ein Witz sein, und außerdem habe sie schon ‘nen Typen, oder nicht? Blöder Arsch! Als er zu den Läden kam, schlug er mit der Faust gegen irgendwelche alten Zäune: Verdammt, verdammt, verdammt ! Aber wartet nur bis Freitag. Er würde es dem ganzen beschissenen Haufen zeigen.

    Um 19.15

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