Finsteres Gold
etwas Ernstes? Brauchst du Hilfe?«
»Ach Zara, du bist so nett. Ich brauche überhaupt keine Hilfe. Mir geht es gut.« Sie betrachtet meine Hand, die immer noch die Klinke der Kabinentür umfasst. »Oh je, du warst ja immer noch nicht auf dem Klo. Tut mir leid. Pass auf Nick auf, ja?«
Sie verschwindet durch die Tür, bevor ich antworten kann. Deshalb tue ich, wozu ich hergekommen bin, und dann wasche ich mir die Hände. Ich drehe das Wasser an und drücke auf den Seifenspender. Beim zweiten Mal tropft ein feiner Strahl leuchtend pinkfarbener Flüssigseife heraus. »Wunderbar.«
Die Seife riecht nach Erbrochenem, sodass meine Haut kribbelt. Es ist das krabbelige Spinnengefühl. Ich verreibe die Seife trotzdem und halte die Hände unter den Wasserstrahl. Dabei schaue ich auf und sehe mein Gesicht im Spiegel. Ich bin blau. Ich bin wieder blau. Ich bin fast so blau wie die Kabinentüren.
Ich stoße gegen eine der Türen, wahrscheinlich weil ich unwillkürlich vor meinem Spiegelbild zurückgewichen bin. Ich weiß es nicht. Dann stürze ich wieder zum Waschbecken, reiße ein paar braune Papierhandtücher aus dem Halter und halte sie unter den Hahn, um sie zu befeuchten. Ich rubble damit über mein Gesicht.
»Das wird nichts nützen«, sagt eine Stimme über mir.
Ich schreie auf, stoße mit der Hüfte gegen das Waschbecken und wirble mit geballten Fäusten herum. Astley hängt an dem jetzt offenen Fenster.
»Verschwinde!«, befehle ich. Er lässt sich auf den Boden fallen, nahezu geräuschlos, obwohl er recht schwer aussieht. Jetzt ist er fast so groß wie Nick, und auch seine Muskeln sehen kräftiger aus. Es hat den Anschein, als würde er wachsen. »Es ist keineswegs cool, einfach so aufzutauchen. Es ist gruselig.«
Er mustert mich. »Du bist wieder blau.«
»Ach, ja?«
Er schluckt. Ich kann wirklich sehen, dass er schluckt. Er macht einen Schritt auf mich zu. »Ich bin kaum da, und schon bist du blau.«
Ich wende mich von ihm ab und starre auf das Ungeheuer im Spiegel. »Ich wünschte, ich wäre es nicht.«
»Als Elf wärst du nicht blau. Du könntest es verbergen.«
»Ich bin kein Elf«, fauche ich. Ich beuge mich nach vorn. Meine Stirn berührt den ekligen Spiegel. Er ist kalt, aber das ist mir egal. Ich starre in das Waschbecken. Weißes Porzellan, mit Rissen, hässlich.
Seine Finger berühren leicht meine Schultern, und ich fahre zusammen. »Zara?«
»Was?«
»Bist du immer so schreckhaft?«
»Nein. Ja. Ach, ich weiß nicht.« Meine Hände reiben wild in meinem Gesicht herum.
Er hält sie fest. »Beruhige dich.«
»Wie soll ich mich beruhigen? Ich bin blau. Und mein Freund hasst Elfen.«
»Alle Elfen?«
»Kannst du es ihm verübeln?«
»Ja, das kann ich. Wir sind nicht alle böse.« Seine Augen sind dunkel und unergründlich.
»Gut.« Irgendwie will ich ihm trotzdem glauben.
»Wirklich, wir sind nicht alle böse, Zara. Und ich glaube, irgendwo, ganz tief drinnen, weißt du das auch.«
Er lässt meine Hand los.
Ich versuche, die Angst und die Wut loszuwerden, die mich umhüllen. Tief Luft holend, frage ich ihn: »Warum bist du hier?«
Er seufzt. »Haben wir das nicht schon besprochen?«
»Nein, ich meine jetzt, hier. Warum bist du hier bei mir in der Mädchentoilette?«
Bevor er spricht, presst er kurz die Lippen zusammen. »Ich wollte dich warnen.«
»Mich warnen?«
»Es geschehen gefährliche Dinge. Du musst vorsichtig sein. Du solltest dich nur noch in Gruppen aufhalten. Versuche möglichst in geschlossenen Räumen zu bleiben. Warne auch deine Freunde. Und deine Großmutter.«
»Wovor soll ich sie warnen?«
»Es ist noch ein König gekommen.«
Elfen-Tipp
Elfen haben Zähne wie Haie. Leider können sie im Gegensatz zu Haien außerhalb von Wasser atmen.
»Was für ein anderer König?« Ich drehe mich vom Spiegel weg und sehe ihn an. Die Drehung scheint nicht aufzuhören. Meine Stimme klettert in hysterische Höhen, aber ich kann nichts dagegen tun. »Wie viele von euch gibt es? Mann! Das ist ja eine verdammte Elfenplage.«
Er packt meine Arme.
Ich entwinde mich seinem Griff. »Fass. Mich. Nicht. An.«
Er zuckt zurück, und seine Hände greifen ins Leere. »Ich hab gedacht, du fällst. Ich wollte dir nur helfen.«
»Du mir helfen? Sag mir, was es mit den anderen Königen und der Gefahr auf sich hat, und dann geh, damit mein Gesicht nicht mehr blau ist, okay?« Ich schwanke ein bisschen und lehne mich mit der Hüfte gegen das Waschbecken. »Und erzähl mir was über die
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