Finsteres Verlangen
ihm und mir, zu Jean-Claude und mir.«
»Wie kannst du sie das tun lassen?«, fragte er Micah.
»Ich würde ihn selbst nähren, wenn ich es könnte«, erwiderte Micah.
Richards Augen wurden immer größer. »Das verstehe ich nicht.«
Einen Moment lang betrachtete Micah seine Miene, dann schaute er mich an und sagte mir mit den Augen, dass er verstand, was mich das alles kostete, uns beide, uns alle kostete.
Richard hatte meinen Arm losgelassen. Er war sogar einen Schritt vor mir zurückgewichen, als wäre ihm meine Nähe zuwider. Er benahm sich, als hätte ich etwas Schmutziges getan. Wenn er wüsste. Aber vielleicht würde ihn das mit dem Sex gar nicht stören, vielleicht ging es ihm nur um das Sättigen. Meine moralischen Grundsätze waren längst nicht mehr streng.
Seufzend wandte ich mich Jean-Claude zu. »Du hast wohl nichts dagegen, dich Asher zur Verfügung zu stellen. Vielleicht kann er sich durch mich auch von dir nähren.«
Jean-Claude nickte. »Vielleicht.«
»Wenn du mich anfasst und dich nicht mehr abschirmst, während ich Asher berühre, können wir es versuchen. Zu zweit könnten wir ihn vielleicht so weit bringen, dass er Blut saugen kann.«
»Ich bin bereit, es zu versuchen«, sagte er.
»Ich weiß.« Ich widerstand dem Drang, mich nach Richard umzudrehen, und ging stattdessen zu Asher. Ich wollte ihm sein Leben zurückgeben, aber davon abgesehen hatte ich ehrlich gesagt von meinen Männern für heute die Nase voll.
51
J ean-Claude und ich knieten bei Asher. Er hatte von dem ersten Vorgeschmack immerhin die Kraft gewonnen, um die Lippen zu verziehen. Es war nur der Schatten seines einstigen Lächelns, doch darüber war ich so erleichtert, dass ich selig lächelte.
Ich fasste Jean-Claude an der Hand und legte meine Rechte an Ashers Wange. Sowie ich ihn berührte, war er für mich das Schönste, was ich je gesehen hatte. Nichts anderes war mehr wichtig, als ihn zu berühren und bei ihm zu sein. Es gab niemanden mehr außer Asher. Als bestünde die Welt nur noch aus seinen Augen, seinem Körper. Die Sonne kreiste nur um ihn, das war eine unumstößliche Tatsache.
Im Hinterkopf wurde mir dunkel bewusst, dass Asher wohl doch keine Vampirkräfte bei mir eingesetzt hatte. Was ich vorher für ihn empfunden hatte, war echt gewesen. Denn dies jetzt war nicht echt. Ich hatte noch nie für jemanden so etwas empfunden, denn das war nicht Liebe, nicht einmal Begehren, das war Besessenheit. Es war die Gewissheit, dass ich sterben würde, wenn ich ihn nicht anfasste. Als mir dieser Gedanke durch den Kopf ging, wusste ich, es war nicht wahr, aber es kam mir so vor. Gott steh mir bei, es kam mir wirklich so vor.
Ich wollte meine linke Hand loswinden, die jemand festhielt, damit ich Asher nicht mit beiden Händen anfassen konnte. Aber gerade dazu drängte es mich. Ich legte mich auf ihn und streichelte ihn.
Er griff mir an die Wangen und hielt mich fest, und ganz entfernt wusste ich, wie abgemagert seine Finger waren, aber zum ersten Mal wehrte ich mich nicht gegen die Vampirzauber. Ich ließ es zu, dass Asher erotisch und schön erscheinen ließ, was vielleicht entsetzlich gewesen wäre.
Ich öffnete mich weit und ließ ihn herein wie einen lange gestauten Strom, der nun das ausgetrocknete Land überschwemmte. Ich stellte seiner Macht nichts entgegen; sie verschlang mich, überrollte mich mit der Wucht von tausend Wellen, drückte mich in die Tiefe in den Sand und hielt mich am Grund des Ozeans fest. Nicht, dass ich nicht ertrank, sondern es kümmerte mich nicht, zu ertrinken.
Als ich erwachte, sofern man es so nennen kann, lag er auf mir und presste mich auf den harten Steinboden. Ich blickte in einen wehenden Schleier goldener Haare, die im Licht glänzten. Ich strich mit den Fingern hindurch; sein Haar war weich und geschmeidig. Seine Wangen waren frisch, die eine rau von Narben. Ich betastete die Narben, und er wandte mir das Gesicht ganz zu. Der Anblick raubte mir den Atem.
Von der Stirn bis zum Kinn war er makellos wie zuvor. Seine Lippen waren voll, seine Augen lagen in dem Gesicht wie Saphire zwischen Perlen und Gold.
Ich lachte, als ich ihn sah, ich jubelte vor Freude. Er griff mir an die Wange, und ich drehte den Kopf, um ihm die Handfläche zu küssen. Das Gewicht seines Körpers auf mir fühlte sich so wunderbar an, denn es bewies, dass er wieder ganz der Alte war.
Er rollte sich mit mir auf die Seite und setzte sich auf, sodass er an der Wand lehnte und mich auf dem Schoß hatte. Dann
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