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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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betrachtete es eingehend.
    »Vielleicht ja, vielleicht auch nein«, sagte er.
    Dann hatte Katta eine Idee. Sie kam ihr so plötzlich, dass die Worte ihr herausrutschten, bevor sie es verhindern konnte. »Vielleicht war noch nie etwas darauf geschrieben«, sagte sie. »Vielleicht ist es nur die Hälft e …« Sie presste die Lippen zusammen, doch König hatte schon genug gehört.
    »Nur die Hälfte«, murmelte er und ließ sich den Gedanken durch den Kopf gehen.
    Er legte das Blatt wieder auf den Tisch, aber so, dass die abgerissene Kante, die vorher unten war, jetzt nach oben zeigte.
    »Was wäre, wenn es noch so ein Stück gäbe? Eines, das genau zu der Reißkante hier passt?« Er strich mit dem Fingernagel langsam an der seltsam gezackten Linie entlang. »Und zwar ganz genau.«
    Katta blickte auf das Papier. So gedreht, sah es wie die untere Hälfte von einem ganzen Blatt aus und gar nicht mehr wie die obere. Ihr Gedanke war gewesen, dass vielleicht die andere Hälfte beschriftet war, doch warum sollte jemand die falsche Hälfte aufheben, die leere?
    Nach oben gedreht, hatte die Reißkante plötzlich eine Bedeutung. Selbst wenn man in Eile war, konnte man ein Stück Papier sehr viel sauberer durchreißen als das hier. Dieser Riss war ganz bewusst so gemacht worden. König hatte Recht. Es war nicht einfach nur ein Riss. Die Papierhälfte sollte zu einer ganz bestimmten anderen passen.
    »Was wäre, wenn nie etwas daraufgestanden hätte?«, überlegte er laut und ließ sich den Gedanken durch den Kopf gehen. »Was, wenn dieses Blatt zu nichts anderem gut ist, als zu seinem Gegenstück zu passen?«
    Mathias hatte aufgehört darüber nachzudenken. Seine Schulter pochte und sein ganzer Brustkorb tat weh. Er wollte sich nur noch hinlegen. »Und was soll das dann?«, fragte er und setzte sich aufs Bett.
    König blickte zu Katta auf. Sie hatte bereits eine Antwort gefunden, wollte sie aber nicht laut sagen.
    Er holte eine flache lederne Brieftasche aus seinem Reitmante l – Katta erhaschte dabei einen Blick auf die elegante Seidenweste, die er darunter trug. König faltete das Papier sorgfältig so zusammen, dass die Reißkante geschützt war, und legte es in die Brieftasche.
    »Das gehört ihm«, protestierte Katta energisch. »Du kannst es nicht behalten.«
    »Stimmt«, erwiderte König und steckte die Brieftasche wieder in seinen Mantel, »aber wenn seine Freunde vorbeikommen, tun sie sich ein wenig schwerer, es mir abzuknöpfen als ihm.«
    Katta sah König a n – seine schiefergrauen Augen, das kantige Gesich t – und wusste, dass er die Lage richtig einschätzte.
    Er stand auf, setzte seinen Hut auf und knöpfte seinen Mantel zu.
    »Was machst du jetzt mit uns?«, fragte Mathias.
    Der Kopf war ihm auf die Brust gesunken und er blickte zu Boden. Katta griff in die Schürzentasche und schloss die Hand um den Stein.
    »Nichts«, sagte König. Er klopfte sich vorne auf den Mantel, wo die Brieftasche steckte. »Das kleine Geheimnis muss gelüftet werden. Ihr habt mir schon mehr Ärger gemacht, als ihr euch vorstellen könnt. Hoffen wir, dass dieses Stück Papier so viel wert ist, dass es mich für alles entschädigt. Dann sehen wir weiter.«
    Er trat durch die Tür und pfiff nach seinem großen braunen Pferd. Es kam aus dem Schutz der Bäume auf der anderen Seite der Lichtung herübergetrabt und schüttelte den Kopf, dass seine Mähne nur so flog.
    Mathias war entsetzlich müde. Tashka musste es gesehen haben. Sie trat zu ihm, half ihm, sich hinzulegen, und deckte ihn mit seiner Jacke zu, doch während der ganzen Zeit behielt sie Katta im Auge. Diese wünschte sehr, König wäre nicht ausgerechnet jetzt gegangen und hätte sie mit der Köhlersfrau und ihrem scharfen Messer allein gelassen.
    Es war sehr dunkel und kalt. Mathias schlief unter seiner Jacke auf dem kleinen Bett. Katta lag auf dem Boden, aber es war so furchtbar kalt. Deshalb legte sie sich schließlich zu ihm ins Bett, drückte die Knie in seine Kniekehlen, damit sie warm wurde, und schmiegte sich so eng an ihn, wie es ging, ohne ihn aufzuwecken. Aber es war eine lange, qualvolle Nacht. Irgendwann kam ein Köhler herein und sprach mit Tashka, doch er blieb nicht. Katta glaubte in der Dunkelheit die Stimme des Mannes zu erkennen, der Mathias hereingetragen hatte. Sie fragte sich, ob das Bett hier seines war und Tashka seine Frau. Nachdem er gegangen war, wickelte sich die Frau in einen dicken Schal und schlief neben der Feuerstelle ein, in der noch ein wenig

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