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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ansah, und danach war alles noch schlimmer.
    Schließlich konnten sie nichts weiter tun, als zum Gasthaus zurückzukehren und auf König zu warten, in der Hoffnung, dass er mehr Glück gehabt hatte als sie. Und so gingen sie den Hügel hinunter und in Richtung Hafen. Auf dem Weg blieb Katta kurz stehen, um das Eis und die Inseln dahinter zu betrachten.
    Den Jungen, der in dem dunklen Eingang neben ihr kauerte, bemerkte sie erst, als er sich bewegte.
    Es war Mathias.
    Als Katta sich über ihn beugte, wich er zurück. Er dachte, es wäre Anna-Maria, die ihn zurückholen wollte. Sie musste ihn festhalten und wieder und wieder ihren Namen sagen, bis er sie endlich hörte und begriff, wer sie war.
    Die ganze Zeit, während sie sich über ihn beugte, stand Stefan hinter ihr, beobachtete die Straße und hielt unter seinem Mantel etwas in der Hand. Aber es waren zu viele Leute in der Nähe. Als Katta sich umdrehte und zu ihm aufblickte, hatte er die Hand schon wieder aus der Manteltasche genommen, und sie ahnte nicht, was er beinahe getan hätte.
    Zusammen trugen Stefan und Katta Mathias zum Gasthaus. König war nicht da. Sie legten Mathias aufs Bett. Katta setzte sich neben ihn und hielt seine Hand, aber er sprach nicht. Es gab so viel, was er König erzählen musste, dafür sparte er seine Kraft. Doch als König schließlich zurückkehrte, wollte er ihm gar nicht zuhören. Er schüttete Mathias eine ganze Verschlusskappe von der dunklen Flüssigkeit aus seinem Vorrat in den Mund, und bevor Mathias auch nur ein Wort sagen konnte, schwebte er schon auf den daunenweichen Wolken des Schlafs davon. Er wollte von Anna-Maria erzählen, wollte berichten, dass sie nun alles wusste. Er wollte erzählen, zu wem sie und Lutsmann gegangen waren, aber die Worte wollten nicht kommen. Seine Zunge fühlte sich dick und schwer an. Sie wollte sich einfach nicht bewegen. Wenn ich die Augen schließe, dachte er, kann ich die Lippen wieder öffnen und es noch einmal versuchen. Aber seine Lider waren so schwer. So schwer.
    Walter stand in Lutsmanns Wagen. Er hatte ihm sämtliche Finger gebrochen, einen nach dem anderen. Sie zurückgebogen, bis sie brachen wie trockene Zweige. Lutsmann hatte ihm sofort gesagt, wo der Junge war. Walter hatte ihm trotzdem alle Finger gebrochen. Es war ein gutes Spiel gewesen. Eine Entschädigung dafür, dass er die Spur des Jungen im Wald verloren hatte und mit leeren Händen den ganzen Weg hatte zurückgehen müssen.
    Die durchtrennten Stricke, mit denen Anna-Maria Mathias gefesselt hatte, lagen auf dem Boden. Walter hob sie auf und roch daran. Sie rochen nach dem Jungen, fühlten sich jedoch kalt an. Er war demnach schon ziemlich lange weg. Einen Augenblick lang hielt Walter inne und blickte sich im Wagen um. Alles lag durcheinander. Er sah, dass jemand ihn durchsucht hatte, wusste aber nicht, was das bedeuten mochte. Dann entdeckte er einen Schmutzstreifen am Türrahmen. Er legte den Kopf auf die Seite und betrachtete ihn. Er strich mit dem Finger darüber, roch daran und leckte ihn ab. Der aufgenommene Schmutz roch nach dem Jungen, aber auch nach Asche und Sirup. Walter stand auf der obersten Treppenstufe und blickte sich um. Sein Geruchssinn war zwar ungewöhnlich ausgeprägt, doch Mathias’ Spur durch die Stadt zu folgen war auch ihm nicht möglich. Zu viele andere, strenge Gerüche überlagerten den seiner Beute.
    Er rollte die durchtrennten Stricke auf und steckte sie in seine Tasche. Sein Meister hatte ihm noch nicht erlaubt, der Frau Fragen zu stellen. Dafür war noch keine Zeit gewesen. Wenn er mich ließe, dachte Walter, würde ihr vielleicht einfallen, wohin der Junge gegangen ist.
    Er lächelt e – ein leises, grausames Lächeln. Er kannte jede Menge Spiele, die ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen würden.
    Während Mathias schlief, hatte König ihm Mantel und Hemd ausgezogen und, so gut es ging, seine Schulter neu verbunden. Dann hatte er Mathias’ Brustkorb fest umwickelt. Aber Mathias war krank. Das war offensichtlich. Seine Haut hatte einen grauen Schimmer, der vorher nicht da gewesen war. Als König dem Jungen die Hand auf die Stirn legte, fühlte sie sich heiß und wächsern an. Er brauchte einen Arzt, keine Arznei.
    Katta wusste das auch. Sie hatte beobachtet, wie König Mathias’ Schulter gesäubert und ein wenig von Tashkas Salbe daraufgestrichen hatte. Aber es ist keine Fürsorge, sagte sie sich. König wollte Mathias lediglich am Leben erhalte n – mehr nicht. Denn auch er

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