Finsternis über Gan (German Edition)
zurückgezogen hatten? Warum Baumgeister und Wassernymphen sich nie den Menschen zeigten? Lichtalben und Bergmännchen wurden von vielen Menschen schon immer kritisch beäugt. Jeder blieb am liebsten für sich und hatte nur, wenn es sein musste, mit den anderen zu tun. Seitunserem gemeinsamen Kampf gegen Harah versuchen wir, besser miteinander umzugehen. Oft gelingt das sogar. Aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Und hier auf Schloss Apelah ist ohnehin vieles anders als an anderen Orten Gans. Elbachur ist vom königlichen Rat immer enttäuscht. Die Stimme der Lichtalben, Bergmännchen und sprechenden Tiere wird nicht wirklich gehört. Die Vorbehalte sind zu groß.«
»Das sind mehr als Vorbehalte. In den Augen des Königs und seiner Mutter habe ich eine tiefe Abscheu und Missachtung gegenüber Nathanus gesehen. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede«, sagte Pendo. Die anderen schauten sie neugierig an. »In meinem Land, in Südafrika, haben viele Jahre lang die Menschen mit heller Hautfarbe über die Menschen mit dunkler Hautfarbe geherrscht. Es war eine schlimme Zeit und noch heute leiden wir unter den Folgen. Die Menschen mit dunkler Haut sind immer noch viel ärmer als die hellhäutigen, noch immer trennt uns mehr als uns verbindet. Glaubt mir, dieser König ist weit davon entfernt, jemanden wie Nathanus als ebenbürtig anzusehen.«
Davina schluckte, als sie Pendo so unverblümt aussprechen hörte, worunter ihr Land so sehr litt. »Die sprechenden Tiere, Lichtalben und Bergmännchen wurden zwar nie unterdrückt, dafür waren sie viel zu mächtig, aber du hast recht. Viele Menschen würden gerne über die anderen Lebewesen herrschen. Der Weg des Miteinanders fällt ihnen sehr schwer.«
»Vor einem Jahr meinte Nebijah, Gan würde unseren Ländern ähnlicher werden. Sie hatte recht.« Chika sagte das mit Wehmut in der Stimme. Sie hatte es sich immer schön vorgestellt, in einer ganz heilen Welt zu leben.
»Sie hat damals auch schon prophezeit, dass der Kampf noch nicht vorbei sei. Niemand könnte alle Schwarzalben, die ins Land eingedrungen sind, vertreiben«, ergänzte Pendo.
Davinas Augen füllten sich mit Tränen. »Da seht ihr, wie weise die ehrwürdige Nebijah ist. Genau das fehlt uns jetzt.«
Chika lenkte das Gespräch in eine andere Richtung: »Kannstdu uns etwas über diesen Erzminister erzählen? Was ist er für ein Typ?«
»Und über diesen komischen Muskelprotz, der hinter ihm stand«, ergänzte Finn.
»Der Erzminister ist ein sehr kluger Mann. Im königlichen Rat versucht er stets, zwischen dem König und den anderen zu vermitteln. Aber Elbachur meinte, man wüsste nie, auf wessen Seite er wirklich steht.«
»Ich mag ihn jedenfalls nicht. Wie neugierig der uns ausgefragt hat …«, sagte Chika.
Davina lachte. »Vermutlich eine Berufskrankheit. Er will immer gut informiert sein. Der andere Mann heißt Scharir. Ein sehr unangenehmer Mensch. Alle machen einen Bogen um ihn. Er hat verschiedene Aufgaben im Schloss. Meistens aber ist er in der Nähe des Erzministers oder macht Botengänge für den König.«
Das Abendessen fand in einem für Schloss Apelah überraschend gemütlich hergerichteten Raum statt. Im Kamin prasselte ein Feuer, das eine wohlige Wärme verbreitete. Zahlreiche Kerzenleuchter tauchten den Raum in sanftes Licht. Der Tisch war gedeckt mit goldenen Tellern und Besteck und der Duft der köstlichsten Speisen verzückte die Nasen. Einige Diener, unter ihnen Scharir, standen an der Wand aufgereiht, um den Gästen jederzeit das Essen servieren zu können. Die Gefährten unterhielten sich mit dem König, seiner Mutter und mit Davina über ihre erste Begegnung im Jahr zuvor. Farlon, der damals nur halb so dick war wie jetzt, war Bürgermeister von Änosch gewesen, dem Dorf, in dem Davina mit ihrer Familie immer noch wohnte. Erzminister Thainavel, der den Platz an der rechten Seite des Königs hatte, schwieg während des Gesprächs, wirkte abwesend. Er aß fast gar nichts und schob sein Essen mit Messer und Gabel von einem Ende des Tellers zum anderen. Erst als das Gespräch auf die Quelle des Lebens zusprechen kam, wurde er hellhörig und beobachtete die Gefährten mit Argusaugen.
»Ich verstehe nicht, Majestät, wenn Ihr doch so viel um die Bedeutung der Quelle wisst und sie so wertschätzt, wieso Ihr sie dann in solche Gefahren bringen wollt«, steuerte Pendo fragend den eigentlichen Grund ihres Besuches an.
»Aber welche Gefahren denn, mein Kind? Wovon redest du?«, fragte
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