Finsternis über Gan (German Edition)
aber ärgerlich«, zischte der Erzminister und stieß den Muskelprotz, der verlegen seine Zahnlücke zeigte, unwirsch zur Seite. »Tölpel!« Seine Augen zuckten hektisch hin und her. »Wie das hier aussieht. Nun ja, es ist schon spät. Wir sollten unsere Unterhaltung zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen, nicht wahr?«
Der König blickte auf die Wanduhr. »Vermutlich hast du recht, lieber Cousin. Lasst uns nun zu Bett gehen. Wir können morgen weiterreden.« Farlon hob die Tafel auf, wünschte den Trägern der Amulette eine gute Nacht und verließ mit seiner Mutter den Speisesaal.
Erzminister Thainavel aber kam auf die Gefährten zu und sagte: »Ich wünsche Euch eine geruhsame Nacht. Macht euch nicht zu viele Gedanken um die Zukunft unseres Landes, verehrte Träger der Amulette; für dreizehnjährige Kinder ist diese Politik gewiss nicht so leicht zu verstehen. Wir sind froh, einen so weisen König zu haben, der die Geschicke seines Landes mit Bedacht und Klarheit lenkt.« Lächelnd verneigte er sich vor den Gefährten, nickte Davina kurz zu und verließ den Raum, dicht gefolgt von seinem unheimlichen Schatten.
Pendo fröstelte, als er an ihr vorbeilief. »Ein unangenehmer Mann.«
»Wen von beiden meinst du?«, fragte Joe.
»Ach, es sind zwei furchtbare Männer«, meinte Chika, der nicht nur Scharir, sondern auch das Verhalten des Erzministers seltsam vorkam.
»Wir mögen ja erst dreizehn sein, aber deshalb sind wir noch lange nicht blöd«, empörte sich Finn. »Habt ihr gemerkt, wie geschickt Scharir das Gespräch unterbrochen hat, als der König uns zustimmen wollte?«
»Aber, aber«, sagte Davina, »das war doch Zufall. Was ihr wieder denkt. Er hat das Glas versehentlich umgestoßen.«
Pendo widersprach ihr: »War das wirklich nur ein Versehen?«
Am nächsten Morgen wollten die Kinder und Davina nach ihrem Frühstück bei König Farlon erneut vorsprechen. Sein erstes Einlenken vom Vorabend ließ sie hoffen, ihn doch umstimmen zu können. Bevor sie aber den Thronsaal betreten konnten, eilte ihnen Scharir entgegen:
»Seine Majestät hat leider überhaupt keine Zeit für euch«, sagte er mit kühler Stimme und abwehrenden Händen. »Er ist mit wichtigen Staatsgeschäften befasst.«
»Über genau die wollen wir mit ihm sprechen«, sagte Finn. »Um genau zu sein, über das Gesetz zur Förderung …«
»Aber Kinder, warum wollt ihr denn partout über dieses Gesetz sprechen? Das ist doch alles viel schwieriger, als ihr denkt. Seine Majestät und der Herr Erzminister sind kluge Menschen. Die kennen sich damit viel besser aus.«
In diesem Moment betrat Thainavel den Raum.
»Eure Exzellenz«, sprach Pendo den hageren Mann an. »Wir möchten zum König, aber Scharir«, sie schaute abschätzig zu ihm hinüber, »will uns nicht zu ihm lassen.«
»Wir möchten das Gespräch von gestern Abend fortsetzen«, erklärte Finn.
»Ach ja, das Gesetz«, sagte der Erzminister und schaute sie mitseinen klugen Augen an. »Seine Majestät ist tatsächlich mit wichtigen Fragen befasst und hat nur sehr begrenzt Zeit. Möchtet ihr euch nicht lieber etwas im Schloss umsehen?«
Joe wollte ihm gerade widersprechen, als Chika, die schräg hinter dem Erzminister und Scharir stand, ein wenig den Kopf schüttelte und ihm zu verstehen gab, jetzt keinen Streit vom Zaun zu brechen. So fragte er nur: »Wann können wir den König sprechen?«
»Oh, heute und morgen ist das ganz schwierig. Seine Majestät hat wichtige Termine …«, gab Thainavel beflissen Antwort und führte die Gefährten sachte in Richtung Ausgang.
Chika, die die Männer in diesem Moment nicht im Blick hatten, schlich leise zur Tür des Thronsaals und öffnete sie. Der Raum war leer, bis auf einen traurig dreinblickenden König Farlon, der mit dickem Bauch auf seinem Thron saß.
»Majestät«, rief Chika.
»Oh, liebes Kind, tritt doch näher. Wo sind deine Freunde?«, sagte der König mit müder Stimme. Da eilte schon Scharir mit zornigem Gesicht in den Thronsaal und packte Chika energisch am Arm.
»Was denkst du dir eigentlich«, zischte er sie empört an.
»Ich frage mich eher, was Ihr Euch denkt«, sagte nun Joe, der mit Finn, Pendo und dem Erzminister in den Thronsaal geeilt war. »Wie könnt Ihr es wagen, Chika von den östlichen Landen, Trägerin eines Amulettes von Gan, so grob anzufassen?«
Scharir, dem erst jetzt bewusst wurde, wie unmöglich sein Verhalten war, wich einen Schritt zurück und sagte steif: »Entschuldigung, aber ich war über das
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