Finsternis über Gan (German Edition)
musste, um durch eine Wand zu gelangen. Nach nur wenigen Sekunden tauchte sie auch schon in ihrer Mitte auf. Als die Kugel besonders groß wurde, dachte Finn mit aller Kraft an den Garten neben dem Schloss. Dort wollte er mit seinen Gefährten hin. In den Schlossgarten. Jetzt. Ihm wurde schwindlig vor Anstrengung. Fiel er etwa in Ohnmacht?
Kapitel 4
Der Lichtalbenrat
Erleichtert atmete er auf.
»Das ist ja toll, Finn. Es hat geklappt«, juchzte Chika und schaute sofort nervös in die Dämmerung, die sie umgab. Niemand war zu sehen.
»Kommt, lasst uns schnell von hier verschwinden«, forderte Joe sie auf und rannte voran ins nächste Gebüsch.
»Was sollen wir denn jetzt machen?«, flüsterte Pendo. »Wenn wir zu König Farlon gehen, laufen wir direkt Scharir in die Arme. Wer weiß, was der dann mit uns anstellt?«
Joe grübelte: »Ja, das ist zu gefährlich. Der Muskelprotz ist wie besessen von diesem Gesetz. Dem traue ich alles zu.«
»Im Haus Nebijahs wären wir zwar sicher, aber dort können wir nichts tun«, überlegte Finn. »Wo finden wir Hilfe und sind sicher vor Scharir und den Schwarzalben, von denen es ja wohl immer noch welche hier gibt?«
Pendo sagte leise: »Mir fallen nur zwei sichere Orte ein. Die Bergmännchenwelt und das Lichtalbenschloss Birah. Da wir zu den Bergmännchen nur mithilfe eines Bergmännchens kommen können, sollten wir uns auf den Weg nach Schloss Birah machen.«
»Ja, du hast recht«, stimmten die anderen ihr zu.
»Das ist ein weiter Weg, aber wir haben keine andere Wahl«, sagte Finn. Er griff in seine Tasche und zog eine Landkarte Gans heraus, die sie im Jahr zuvor von den Lichtalben geschenkt bekommen hatten.
Da der Garten außerhalb der Festungsmauer lag, war es im Schutz der Dunkelheit und mithilfe der Tarnkleidung, die die Gefährten trugen, ein Leichtes, unbeobachtet das Schlossgelände zuverlassen. Sobald sie außer Sichtweite waren, zündeten sie sich Laternen an. Der Fußmarsch war ganz anders als vor einem Jahr, als sie sich immerzu vor den Schwarzalben verstecken mussten, die am Himmel ihre Kreise zogen. Offensichtlich gab es sie noch in Gan, aber sie durften sich nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Ein fliegender Schwarzalb am Himmel oder ein streunender Schwarzalb im Wald hätte sofort Panik ausgelöst und alle streitbaren Bewohner Gans alarmiert. Nein, die Schwarzalben warteten im Verborgenen, in ihren Höhlen und Verstecken, bis … ja, bis ihre Stunde kommen würde. Eines Tages würde Scharir oder gar Harah sie zusammenrufen. Solange das aber nicht geschah, konnten die Gefährten unbehelligt durch Gan reisen. Alle Bewohner des Landes würden sie unterstützen, und Scharir würde, so hofften sie zumindest, es nicht wagen, ihnen vor den Augen anderer Schaden zuzufügen. So zogen sie zuversichtlich ihren Weg durch den dunklen Wald. Natürlich hatten sie nur ein Thema: Scharir und die Schwarzalben. Erst spät am Abend suchten sie sich hinter einer Hecke am Wegesrand ein Lager für die Nacht und fielen, nach einem kleinen Abendessen, fest in ihre wärmenden Umhänge gewickelt, in einen unruhigen Schlaf.
Obwohl sie am nächsten Morgen, nach der nicht sonderlich bequemen Nacht auf dem Waldboden, immer noch erschöpft waren, brachen sie in aller Frühe auf und suchten mithilfe der Landkarte unter Joes Führung den Weg zum Schloss Birah. Sie waren überrascht, wie schnell sie vorankamen. Ein Jahr zuvor hatten sie für dieselbe Strecke mehrere Tage benötigt. Jetzt, wo sie auf richtigen Wegen gehen konnten und sich nicht durchs Gebüsch oder stickige Bergstollen kämpfen mussten, erreichten sie ihr Ziel schon zur Mittagszeit. Das weiße Schloss, das mit seiner runden Form an ein großes Vogelnest erinnerte, lag vor ihnen mitten auf einer großen Ebene. Wie damals durchfuhr die Gefährten ein Glücksgefühl, als sie es sahen. Das Schloss hatte zwölf weiße Türme, auf denen siezahlreiche bewaffnete Wachleute erkennen konnten, die mit ernsten Gesichtern in die Ebene blickten. Offensichtlich zweifelten auch die Lichtalben am Frieden des Landes.
Eilig legten Pendo, Chika, Joe und Finn den Weg zum Schloss zurück und winkten freudig den Wachen zu. Verwundert schauten die Lichtalben in ihre Richtung, bis einer von ihnen die Träger der Amulette erkannte. Freudig riefen sie einander zu, wer da auf das Schloss zugelaufen kam, und gaben Befehl, das Schlosstor zu öffnen. Die Torwachen verneigten sich respektvoll vor den Gefährten und führten sie in den runden
Weitere Kostenlose Bücher