Finsternis über Gan (German Edition)
sich auch die anderen Anwesenden und riefen mit donnernden Stimmen: »Für Gan! Für den Schöpfer der Lebensströme!«
Als die Gefährten, König Auberon und die Ratsmitglieder Schloss Birah verließen, um ihre Armee zum Königsschloss Apelah zu führen, erlebten sie eine Überraschung. Wie ein Lauffeuer hatte sich im ganzen Land herumgesprochen, dass die Schwarzalben wieder am Himmel von Gan flogen und Angst und Schrecken verbreiteten. Alle wussten Bescheid über das Heer der Bergmännchen, die Untererde verlassen hatten, um für Gan zu kämpfen. Die meisten Bewohner des Landes wussten zwar nichts über die genauen Hintergründe, aber ihnen wurde schlagartig bewusst, dass ihr Land in größter Gefahr war. Eilig hatten sie sich bewaffnet, mit Schwertern, Bogen oder auch nur mit Sensen und Heugabeln, und waren den Spuren der Bergmännchenarmee gefolgt. Von allen Seiten strömten sie in die weite Ebene, die das Lichtalbenschloss umgab. Selbst sprechende Tiere aus dem Zauberwald hatten sich auf den Weg gemacht.
»Schau mal!«, rief Chika und zeigte auf eine Hügelkuppe. »Ein Einhorn. Ob das Nathanus ist?«
»Ich fürchte nein, mein liebes Kind«, sagte Elhadars Vater. »Seine Krankheit ist nicht in zwei Tagen auskuriert.«
Enttäuscht liefen die Gefährten, gemeinsam mit dem Rat der Lichtalben, König Auberon und Davina, an die Spitze des Heeres. Unter der Anleitung einiger Lichtalben stellten sich Menschen, Bergmännchen, Lichtalben und Tiere in ordentlichen Reihen auf. Seite an Seite warteten sie auf den bevorstehenden Kampf.
Elhadar trat erneut auf die Holzbrüstung und brachte die Menge mit einer Handbewegung zum Schweigen. Ihr schwarzes Haar wehte im Wind und ihre Haut begann zu leuchten. Sie strahlte Kraft und Würde aus. »Volk von Gan«, rief sie mit erstaunlich lauter Stimme. »Dunkelheit breitet sich aus. Finstere Mächte wollen unser Land unter seine Knechtschaft zwingen. Selbst unser König, Farlon I., ist ihrer bösen Kraft erlegen. Erzminister Thainavel ist einen Bund mit den finsteren Mächten eingegangen. Er will die Macht an sich reißen, König von Gan werden und die Tore unseres Landes weit öffnen, damit die Finsternis endgültig über uns herrschen kann.« Ein Gemurmel durchrann die Menge, da viele nochnichts von dem Verrat Thainavels gehört hatten. »Die Schwarzalben ziehen am Himmel ihre Kreise. Sie sehen sich auf der Seite des Siegers. Umso mehr müssen wir damit rechnen, auf erbitterten Widerstand zu stoßen. Nur gemeinsam können wir es schaffen. Lasst uns losziehen und für unser Land kämpfen.«
König Auberon streckte sein Schwert in die Höhe und rief mit donnernder Stimme: »Für Gan! Für den Schöpfer der Lebensströme!«
Das Volk antwortete: »Für Gan! Für den Schöpfer der Lebensströme.«
Plötzlich kam Pendo ein Gedanke. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm folgen sollte. Aber ihr Herz klopfte so aufgeregt, dass sie allen Mut zusammennahm und aus der Menge heraustrat und sich vor die Brüstung stellte, von der aus Elhadar gesprochen hatte. Die Lichtalbenfrau beugte sich zu Pendo herab, die ihr etwas ins Ohr flüsterte. Die Menge erkannte sofort, dass es etwas Bedeutsames sein musste, denn die glitzernden Funken, die Elhadar umgaben, begannen aufgeregt zu hüpfen. Die Lichtalbenfrau richtete sich wieder auf und Pendo trat zurück zu ihren Gefährten, die ihr neugierige Blicke zuwarfen.
»Volk von Gan«, sprach Elhadar noch einmal die Menge an. »Pendo, die Trägerin des Amuletts vom südlichen Ende der Erde, hat mich auf etwas Wichtiges hingewiesen. Es beschämt mich, dass ich nicht selber daran gedacht habe.« Die Menge hing an ihren Lippen, denn sie sahen die Verlegenheit in Elhadars Gesicht. Sie räusperte sich und sagte: »Vor einem Jahr hatten wir der Quelle feierlich unsere Treue geschworen. Eifrig besuchten wir sie in den folgenden Monaten und tranken von ihrem Leben spendenden Wasser. Aber viel zu rasch hat unser Eifer nachgelassen. Wir verließen uns wieder auf unsere eigenen Kräfte und die schönen Versprechungen waren bald vergessen.« Betretenes Schweigen legte sich auf die Menge. Jedem war klar, wovon sie sprach. »Die Trägerin des Amulettes sagt: Wir sollten den Schöpfer der Lebensströme deswegen um Vergebung bitten.« Lichtalben, Menschenund sprechende Tieren führten sich vor Augen, wie häufig sie in den vergangenen Monaten zur Quelle gegangen waren. Auch die Bergmännchen mit König Auberon waren in sich gekehrt. Hatten sie doch in Untererde
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