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Finsternis über Gan (German Edition)

Finsternis über Gan (German Edition)

Titel: Finsternis über Gan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Buß
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ebenfalls die Möglichkeit, aus einem unterirdischen Teil der Lebensströme vom Wasser zu trinken. Viel zu selten taten sie es.
    Finn grübelte und fasste sich dabei ans Kinn. Stimmte es, was Pendo und Elhadar sagten? Pendos Vorschlag legte einen Zusammenhang zwischen den immer weniger werdenden Besuchen der Bewohner Gans bei der Quelle des Lebens und dem zunehmenden Einfluss der finsteren Mächte nahe. War das wirklich so einfach? Wäre die Situation eine andere, wenn die Bewohner Gans häufiger die Quelle aufgesucht hätten? Natürlich sollten sie die Quelle nicht vergessen wie vor einem Jahr, aber war die Häufigkeit der Besuche so wichtig, dass man den Schöpfer der Lebensströme dafür um Vergebung bitten müsste?
    Finn war sich nicht sicher. Ging es nicht vielmehr um das fehlende Vertrauen dem Schöpfer der Lebensströme gegenüber? Brauchte es wirklich den Gang zur Quelle? Die verwirrenden Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf.
    Als ob sie Finns Gedanken erraten hätte, richtete Elhadar erneut das Wort an die Menge: »Manche von euch sagen: Natürlich glauben wir an die Bedeutung der Quelle des Lebens für unser Land, erst im letzten Jahr haben wir die schrecklichen Folgen gesehen, als sie nicht mehr ihr Wasser gab, aber ist es wirklich nötig, ständig zu ihr zu laufen? Wir haben so viele andere Dinge zu tun.« Finn spitzte die Ohren. Elhadar schaute streng zur Menge herab. »Ich sage Ja. Der Besuch der Quelle heilt unsere Seelen; er richtet unser Herz auf den Schöpfer aus. Wenn wir zur Quelle kommen, lernen wir, Gut und Böse voneinander zu unterscheiden, unsere Sinne werden für das Leben geschärft. Wenn wir aber nicht zu ihr gehen, sehen wir nur noch uns selbst. Der Schöpfer der Lebensströme wird zur Nebensache. Wir trocknen innerlich aus, obwohl doch sein Wasser in uns sprudeln könnte.«
    Jetzt verstand Finn. Der regelmäßige Besuch der Quelle veränderte das Leben. Seine Freunde in Gan gehörten zu denjenigen, denen der Besuch der Quelle seit dem vergangenen Jahr ganz wichtig war. Alon, Alfrigg, Elbachur, Nathanus, Daniel und Davina – sie alle tranken ganz oft vom Wasser des Lebens. Und genau sie waren es, die als Erste die Gefahr, in der das Land erneut schwebte, erkannt hatten. Andere Bewohner Gans, sogar die meisten königlichen Ratgeber, waren dagegen mit Blindheit geschlagen. Selbst der König ging ja nicht mehr zur Quelle.
    Chika stieß Finn mit dem Ellenbogen. Erschrocken drehte er sich zu ihr. Da erst bemerkte er, wie alle Menschen, Bergmännchen, Tiere und Lichtalben niederknieten. Sofort ging er auch auf die Knie. Was würde jetzt geschehen? Zunächst war alles still. Dann, ganz leise, als ob in der Ferne das Tosen des Meeres zu hören wäre, begann sich ein Wispern auszubreiten. Verwirrt schaute Finn über die Schulter nach hinten. Er sah ernste Gesichter. Lippen, die leise Gebete vor sich hin murmelten. Tränen, die zu Boden fielen. Die versammelten Bewohner Gans baten den Schöpfer der Lebensströme um Vergebung. Laut ausgesprochene Worte waren nicht nötig, denn das Eigentliche geschah in den Herzen der Versammelten. Finn war überwältigt von der Ernsthaftigkeit, mit der sich alle ihre Fehler eingestanden. Da fiel sein Blick auf Pendo, Chika und Joe, die wohl ähnlich empfanden wie er. Zu seiner Überraschung bemerkte er, wie auch aus Joes Augen die Tränen flossen. Das passte überhaupt nicht in sein Bild von ihm. Mit zitternder Stimme flüsterte ihm der Indianerjunge, der seinen überraschten Blick bemerkt hatte, zu: »Mir wäre es ganz genauso gegangen. Es wäre mir bestimmt bald lästig geworden, jede Woche zur Quelle zu gehen.« Verlegen lächelte Finn seinen Freund an und schloss die Augen. Was hätte er selbst getan? Wäre er regelmäßig zur Quelle gegangen, wenn er in Gan leben würde? Wohl kaum. Er wäre genauso nachlässig gewesen wie die anderen hier. Das beschämte ihn.
    Jäh wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Denn zu dem murmelnden Geräusch der betenden Stimmen gesellte sich ein ganzanderer Klang. Zunächst war es das Rascheln von Blättern und dann hörte er die glockenhellen Stimmen, denen er bisher nur im Zauberwald begegnet war. Von allen Seiten traten Baumgeister auf sie zu. In ihren Händen trugen sie goldene Schalen. Ihre grünen und braunen Seidengewänder flatterten leicht im Wind. Anmutig schritten sie auf die überraschte Menge zu.
    »Trinkt, trinkt von der Quelle des Lebens«, riefen die Baumgeister. Die Männer und Frauen, die eben noch über

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