Finsternis über Gan (German Edition)
einen Stapel Papiere und gab Finn die richtige Karte.
Finn breitete die Karte zwischen ihnen aus und legte sie auf den Boden. »Über das freie Feld kommen wir ganz sicher nicht unbemerkt zum Schloss. Ich vermute mal, dass wir nur auf demselben Weg ins Schloss gelangen, wie wir auch rausgekommen sind.«
»Du meinst durch den Schlossgarten?«, fragte Joe.
»Ganz genau.«
»Aber das Tor auf der Rückseite des Schlosses ist doch bestimmt verschlossen?«, wandte Pendo ein.
»Seit wann sind Tore und Wände ein Hindernis für uns?« Finn grinste übers ganze Gesicht.
»Natürlich!« Joe schlug sich gegen die Stirn. »Wir kommen mithilfe der goldenen Kugel durch die Tür und laufen durch das Treppenhaus nach oben zum Thronsaal.«
»Das könnte klappen«, bestätigte Chika.
»Gut, dann lasst uns losgehen.«
Diesmal schlich Finn durch den Wald voran.
Nachdem sie im weiten Bogen um Schloss Apelah herum gelaufen waren, standen sie nun auf der Rückseite und schauten in den Garten hinein. Es schien ihnen Ewigkeiten her zu sein, seit sie in der Gartenlaube ihre Pläne schmiedeten und Scharir, dem Schatten des Erzministers, in die Falle gelaufen waren.
Bevor Finn, Chika oder Pendo etwas vorschlagen konnten, sagte Joe: »Ich schleiche in den Garten und schaue nach, ob die Luft rein ist.«
Finn wollte sofort widersprechen. Er wäre gerne vorangegangen, schließlich war es sein Plan. Pendo, die seine Gedanken zu lesen schien, legte beschwichtigend ihre Hand auf seinen Arm. »Joe kann sich am besten von uns allen unbemerkt anschleichen. Das ist einfach so. Tut mir leid, Finn.«
Finn ärgerte sich und war beschämt zugleich. Joe war in solchen Dingen wirklich besser. Das wusste er. Finn wäre gerne so mutig und geschickt wie der Hopi aus Nordamerika gewesen. Was nützten ihm die guten Ideen, wenn andere sie dann in die Tat umsetzten?
Er hatte seine Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da schlich Joe schon von Strauch zu Strauch. Es war erstaunlich, wie flink und leicht er sich bewegte. Nichts war zu hören und durch den Tarnumhang auch kaum zu sehen. Pendo, Chika und Finn, die sich an die besonderen Fähigkeiten ihrer Kleidung schon gewöhnt hatten, konnten natürlich die Umrisse und Bewegungen Joes erkennen, für ein ungeübtes Auge musste er aber nahezu unsichtbar sein.
Wenige Minuten später kam er zurück. Als er seine Kapuze ein Stück hochzog, erkannten sie sofort sein enttäuschtes Gesicht.
»Da stehen zwei Wachposten vor dem Tor. Wir haben wirklich keine Chance. Die sind schwer bewaffnet und echt riesig. Da nutzen noch nicht mal unsere Tarnumhänge etwas.«
»Mist«, schimpfte Finn, dessen guter Plan sich gerade in Wohlgefallen auflöste. Er kramte noch einmal den Plan des Schlosses hervor und breitete ihn vor sich aus. Seine Augen rasten über das große Blatt Papier, während die anderen ihn anerkennend dabei beobachteten. Da überfiel ihn plötzlich eine Idee. Mit dem Finger fuhr er eine Linie entlang. Er spürte wie seine Wangen vor Aufregung rot glühten, so sehr wühlte ihn der Gedanke auf.
Chika ahnte sofort, dass es für sie gefährlich werden würde, und fragte: »Finn, erzählst du uns endlich, was du da gerade ausbrütest.«
»Nun ja.« Finn räusperte sich und legte den Plan auf den Boden zwischen ihnen. »Es gibt einen Weg ins Schloss.« Diesmal wagte Finn es nicht, den anderen in die Augen zu schauen, denn die Angst vor seiner eigenen Idee ließ ihn schon jetzt nervös werden.
»Nun sag schon«, forderten die anderen ihn auf.
Finn drehte sich um und deutete auf einen großen Busch direkt am Schloss.
»Nein«, entfuhr es Chika und Pendo gleichzeitig.
»Wir sollen freiwillig in das Nest der Schwarzalben im geheimen Schlosskeller gehen?«, flüsterte Chika mit kippender Stimme.
»Es gibt keinen anderen Weg ins Schloss«, entgegnete Finn. »Alle anderen Räume liegen zu hoch. Da nützt uns die Fähigkeit, durch Wände zu gelangen, gar nichts.«
»Aber die Tür zum Keller der Schwarzalben ist unbewacht«, nahm Joe den Gedanken Finns sofort auf. »Und wie geht es weiter?«, fragte er Finn.
»Schaut her.« Er zeigte mit dem Finger auf den Plan. »Hier führt ein Weg durch den Keller und dann durch einen Geheimgang direkt in das Schlafzimmer von Erzminister Thainavel.«
»Wohin?« Chikas Stimme war mittlerweile ganz heiser. Sie hatte aus ihrer Tasche einen kleinen Fächer hervorgeholt und fächelte sich eifrig Luft zu. Immer wenn sie dachte, es könnte nicht schlimmer kommen, kam etwas Neues,
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