Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
geschäftlich so viel mit der Ostmark zu tun, dass er genauso gut ihr Hofbote sein könnte.«
»Und wir wissen schon seit Jahren, dass Frau Nuray und ihr Gefolge die Ohren für Trevath offen hält«, warf Helki wieder ein. »Wer will, dass Trevath etwas erfährt, wendet sich sofort an sie.«
»Wer könnte es also sein?«, fragte Macaria sich laut.
Carroway rückte seinen Stuhl neben das Feuer. »Zum einen Curane«, meinte er. »Er hat jemanden, der ihm Informationen zukommen lässt. Es könnte Guarov sein.«
»Und Isencroft«, sagte Helki. »Es muss einen Spion aus Isencroft irgendwo geben.«
Macaria hob die Augenbrauen. »Brauchen sie einen? Ich meine, nach der Hochzeit wird König Donelan König Martris’ Schwiegervater sein.«
Helki schlug ihr auf die Schulter. »König oder nicht, hast du je eine Mutter gesehen, die keinen Spion auf ihre Tochter angesetzt hat?«
»Kiaras Mutter ist schon seit Jahren tot«, überlegte Carroway. »Aber jedes Königreich hat Spione. Das gehört dazu.«
»Vielleicht hat Jared Isencrofts Spion getötet und Donelan hat ihn noch nicht ersetzt.«
»Oder vielleicht ist die Person so gut, dass sie direkt unter unserer Nase sitzt, und wir wissen es nicht«, meinte Helki leise.
»Du kannst einem wirklich Mut machen.«
»Warum machen wir uns überhaupt Gedanken um einen Spion aus Isencroft?«, fragte Helki. Ich meine, ihnen muss doch daran liegen, dass alles in den richtigen Bahnen läuft.«
»Ich habe nicht gesagt, dass wir uns darum Sorgen machen müssen«, sagte Carroway nachdenklich. »Aber auf der anderen Seite ist es gut zu wissen, wo die Spieler sind, wenn es darauf ankommt.«
»Wie also können wir diesen Spion finden?«, fragte Macaria und zupfte gedankenverloren an ihrer Leier. »Wir können ja schlecht jeden Einzelnen fragen.«
»Wir halten die Augen offen«, sagte Carroway. Er hob seine Laute auf. »Und jetzt lasst uns ein wenig Musik machen, bevor Bian uns das Essen wieder wegnimmt.«
An diesem Abend lehnte sich Carroway in der Kutsche zurück, die ihn aus der Festung heraustrug. Er sah aus dem Fenster, an dem die Landschaft an ihm vorbeiglitt. Die Pferde trabten schnell voran, es würde weniger als einen Kerzenabschnitt dauern, Brightmoor, Lady Eadoins Landsitz, zu erreichen. Er rückte den rubinroten Seidenkragen seiner Tunika zurecht und zupfte an den feinen Manschetten herum, die sich an seinen Ärmeln bauschten. Seine Stimmung war gedämpft. Seine Gedanken wanderten immer wieder zu den Verschwörungen und den Spionen.
Wenn du so weitermachst, wirst du wohl nicht auf der Liste der beliebtesten Gäste landen .
Die Kutsche rumpelte über trockenes Laub und herabgewehte Zweige. Trotz seiner düsteren Stimmung freute sich Carroway auf die Begegnung mit Lady Eadoin. In jungen Jahren war Eadoin am Hof die Schönste gewesen. Als ihr geliebter Gatte jung gestorben war, hatte sie ihr Land dem königlichen Hof verpachtet, um seine Schulden zu tilgen und einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst zu sichern. Heiratsanträgen wich sie aus und öffnete Brightmoor den Barden und Künstlern, den Dichtern und Gelehrten Margolans. Sie war eine viel gelobte Gastgeberin und veranstaltete Treffen für die jungen Adligen, die noch nicht bei Hof vorgestellt worden waren. Bälle und Jagdgesellschaften, Galadiners und pompöse Empfänge – Eadoins Festlichkeiten standen für die neuesten Kompositionen, die angesagteste Mode, die schönsten jungen Frauen und Männer.
Mit den Jahren begannen die jungen Adligen, sie mehr und mehr wie eine Mutter, eine Mentorin und Vorbild zu lieben, und es wurde deutlich, worin Eadoins Genie bestand: Sobald ihre Schützlinge ihr Erbe übernahmen und ihre eigenen großen Besitztümer etablierten, würde es umgekehrt Eadoin sein, die im Alter den Schutz der jetzt jungen Adligen würde genießen können. Eadoin blieb in der Regel am königlichen Hof und pflegte ihre Beziehungen mit den einflussreichen Höflingen mit dem Charme und der Grazie, die sie einst zur gefeierten Schönheit hatten werden lassen.
Sie wartete schon auf Carroway, als die Kutsche vor ihrem Haus vorfuhr. Ihr weißgoldenes Haar und ihre Gestalt waren immer noch reizend. Der Schnitt ihres feinen Brokatgewands war so raffiniert, dass es ihrer Figur immer schmeichelte, und die Juwelen an ihrem Hals hätten als Lösegeld für einen Prinzen dienen können.
»Riordan! Wie schön, dich zu sehen«, sagte Eadoin, als Carroway aus der Kutsche stieg und die Stufen hinaufging. Sie
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