Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
lassen.«
»Mutter hat sich nie genau über diese Kluft ausgelassen – und jetzt weiß ich auch warum. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Aber ich bin froh, dass du hier bist.«
»Ich wünschte, Viata würde erfahren, dass ich sie nie vergessen habe – und dass sie mehr für die Zukunft der Ostmark getan hat, als ihr wohl je bewusst war.«
»Ich kenne jemanden, der dafür sorgen kann, dass du es ihr sagen kannst.«
Kalcen hielt den Atem an. »Dann ist es also wahr! Dein junger Verlobter ist ein Seelenrufer?«
Obwohl ihr nicht danach zumute war, musste Kiara lachen. »Weißt du, das ist genau das, was Mutter gesagt hat, als ich ihr Tris vorgestellt habe: ›Das ist dein junger Verlobter?‹« Sie trocknete ihre Tränen an ihrem Ärmel. »Lass mich Tris fragen, ob er sie rufen kann.« Kiara stand auf und ging zur Tür. Ein leises Wort zu den Wachen ließ einen Diener loslaufen, den König zu holen.
Tris kam schneller, als Kiara erwartet hatte. Es war Enttäuschung in seinen Augen zu lesen, als er erkannte, dass sie nicht allein war.
»Ich weiß, ihr habt euch schon offiziell getroffen«, meinte Kiara, nahm Tris’ Hand und zog ihn in den Raum. »Aber ich möchte, dass du ihn auch familiär triffst.« Kalcen und Tris nickten einander bestätigend zu. »Und ich habe gehofft, dass du vielleicht nach Mutter rufen könntest«, fügte sie hinzu. »Es würde mir viel bedeuten.«
Tris sah von Kiara zu Kalcen und wieder zurück und nickte dann. Kiara ließ seine Hand los und Tris schloss die Augen. Er dehnte seinen magischen Sinn auf die Ebenen der Geister aus, streckte eine Hand nach vorn und sandte die Einladung. Die Luft im Raum wurde kalt, als hätte jemand ein Fenster in die verschneite Nacht hinaus aufgestoßen. Ein feiner Nebel wurde langsam solider, nahm Form an und wurde schließlich zu Viatas Gestalt. Kiara lächelte. Hinter sich hörte sie Kalcen nach Luft schnappen.
»Ich war bei Donelan, als du mich gerufen hast«, sagte der Geist. »Es ist gut, dass wir wieder einmal alle zusammen sind.«
»Viata!« Kalcen ließ einen erstickten Schrei hören und trat nach vorn. Viata ging auf ihn zu, um ihren Bruder zu umarmen. Sie glitt nach vorn und schlang ihre substanzlosen Arme um ihn herum. »Ich hätte nie gedacht, dass ich dich je wiedersehen würde. Ich habe dich mehr vermisst, als du dir vorstellen kannst.«
Viata sah Kalcen mit großer Zuneigung an. Jetzt, wo sie nebeneinander standen, war die Ähnlichkeit zwischen den beiden unverkennbar. »Mein kleiner Bruder ist jetzt der König der Ostmark«, meinte Viata und streckte die Hand aus, als wollte sie die seine ergreifen.
»Am Tag, an dem ich den Thron bestiegen habe, habe ich das Gesetz abgeschafft, das dich daran hinderte, nach Hause zu kommen«, meinte Kalcen und suchte die Vergebung in den Augen des Geistes. »Es war für dich zu spät. Aber es wird nie wieder eine andere Familie auseinanderreißen. Und jetzt, wegen dir, wegen Kiara, wendet sich die Ostmark nach draußen und nimmt eine Rolle unter Gleichen in den Winterkönigreichen ein. Ich glaube, es war die Hand der Lady, die dich nach Isencroft brachte«, meinte Kalcen. »Ich wünschte, sie hätte dir erlaubt zu sehen, wie viel Gutes daraus erwachsen ist.«
»Ich bin nur tot, nicht wirklich abwesend«, sagte Viata und berührte Kalcens Gesicht. »Ich habe gesehen, wie du zu einem Mann herangewachsen bist – und zu einem König. Ich bin sehr stolz auf das, was du getan hast. Ich wünschte, ich weilte noch unter den Lebenden. Aber du wirst immer meine Liebe besitzen.«
Der Geist verblasste und Tris entspannte sich. Er atmete tief aus, als er seinen Arm wieder sinken ließ, und öffnete die Augen. Kalcen starrte ihn an. »Also ist es wahr. Der Magiererbe von Bava K’aa. Selbst in der Ostmark kannten wir ihre Macht. Ich habe die Geschichten von Eurer Magie gehört, aber ich habe nicht gewagt, daran zu glauben – bis jetzt.«
Tris lächelte. Kiara stellte sich neben ihn und schlang einen Arm um seine Taille. »Nichts, was ich rufe, überrascht Kiara noch«, meinte Tris. »Sie ist mittlerweile daran gewöhnt.«
»Danke.« Kiara drückte ihn an sich. »Ich wollte dich nicht von wichtigen Dingen abhalten.«
»Du hast mich aus dieser endlos langen Empfangsreihe herausgeholt! Mir hat das ausgereicht.«
»Wenn Ihr nicht begierig danach seid, zurückzukehren, dann möchte ich Euch um einen weiteren Gefallen bitten«, sagte Kalcen.
»Ich wäre froh, ihn zu erfüllen. Wir haben noch einen
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