Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
den Stock ihres Klassenlehrers zu spüren bekamen. Aber das gibt es doch heute gar nicht mehr. Und selbst wenn, dann nicht bei einem Mann wie Dominic – reich, gutaussehend, einflussreich …
Ich bin verwirrt, plötzlich den Tränen nahe. Was macht er da drüben nur? Die Schläge nehmen an Intensität zu, das erkenne ich. Die Frau entwickelt einen festen Rhythmus, und ihre Hiebe werden immer stärker. Ich kann beinahe das regelmäßige Klatschen hören, wenn sie das Paddel niedersausen lässt. Es muss weh tun und zwar sehr. Wie kann sich jemand dem freiwillig aussetzen? Um Himmels willen, was für ein Mensch mag das?
Ganz plötzlich ändert sich alles. Der Mann wird von ihren Knien gestoßen. Sie breitet die Beine aus, und er kniet sich zwischen sie. Dieses Mal beugt er sich über ihr linkes Knie, seine Beine werden von ihrem rechten Bein eingeklemmt. Sie nimmt ein neues Gerät zur Hand, ein größeres, flacheres. Dann legt sie wieder los, schlägt mit dem Ding fest auf seine Pobacken. Jedes Mal, wenn sie zuschlägt, erinnert es an Kastagnetten, und mir wird klar, dass es zwei flache Teile sein müssen, die zusammenschlagen, wenn sie auf seinem Hintern aufkommen. Das muss eine unglaublich schmerzliche, brennende Empfindung sein, aber er rührt sich immer noch nicht, liegt bäuchlings auf ihr und akzeptiert seine Strafe. Er scheint ihren linken Schenkel in völliger Unterwerfung zu umklammern. Mindestens zwanzig Minuten lang schlägt sie ihn in einem regelmäßigen, uhrwerkgleichen Rhythmus. Ich höre die Schläge vor meinem inneren Ohr, wenn sie die Hand hebt und dann senkt, wieder hebt und dann wieder senkt.
Schließlich ändert sich die Szene erneut. Er rollt sich auf den Boden und bleibt dort liegen, während sie aufsteht und herumgeht. Vermutlich ist sie unter seinem Gewicht ganz verkrampft geworden. Sie sagt etwas. Der Mann erhebt sich und legt sich mit dem Bauch nach unten auf den ominösen Hockerstuhl, ein Bein zu jeder Seite. Er legt die Arme auf die beiden merkwürdigen, spitzigen, nebeneinanderstehenden Lehnen, die mir bei meinem Besuch aufgefallen waren. Dafür sind sie also gedacht. Darum befinden sie sich auf derselben Seite des Stuhles.
Die Frau stolziert zu ihm, nimmt irgendwelche Stoffteile vom Beistelltisch – Halstücher? – und fesselt damit zügig seine Handgelenke an die Lehnen. Dann nimmt sie noch eine Gerätschaft vom Tisch. Dieses Mal einen langen Gurt, wie ein Ledergürtel, nur dass ich keine Schnalle erkennen kann. Sie lässt den Riemen ein paarmal durch die Luft sausen, was zweifellos ein zischendes Geräusch verursacht, das den Mann noch zusätzlich quält. Ich weiß, was als Nächstes kommt, und ertrage es kaum hinzusehen, aber ich kann mich auch nicht losreißen. Der Lederriemen saust nach oben und klatscht gleich darauf hart auf die ausgestreckten Hinterbacken des Mannes. Einmal, zweimal, dreimal und immer weiter. Sie schlägt mit ruhiger Hand. Ich kann nur erahnen, wie es sich anfühlen muss, wenn das Leder sich gnadenlos ins Fleisch beißt – da die Haut bereits mit den anderen Gerätschaften gefoltert wurde, muss der Schmerz nahezu unerträglich sein. Bestimmt steht er kurz vor einer Ohnmacht oder verliert vor Qual gleich den Verstand.
Ob ich die Polizei verständigen sollte? Der Gedanke schießt mir durch den Kopf, und ich schaue zum Telefon. Was soll ich sagen? Das ist ein Notfall, eine Frau schlägt in der Wohnung gegenüber einen Mann, Sie müssen sie aufhalten! Aber er will es ja ganz offensichtlich so. Ist es illegal, jemand grün und blau zu prügeln, wenn er das so will?
Irgendetwas sagt mir, dass es falsch wäre, die Polizei zu rufen. Es ist offensichtlich, dass der Mann das jederzeit unterbinden könnte, wenn er wollte – also zumindest konnte er das, bevor seine Hände gefesselt wurden. Es ist sein Wunsch.
Ich schließe entsetzt die Augen. Dominic – das willst du? Mir fällt wieder ein, dass er im Internat war. Vielleicht wurde er als kleiner Junge von jemandem geschlagen, und das hat zu diesem unbegreiflichen Verlangen in ihm geführt. Es ist keine besonders gute Theorie, aber mehr habe ich nicht aufzubieten.
Als ich meine Augen wieder öffne, hat die Brise zugenommen und die Vorhänge bewegen sich so sehr, dass die Figuren dahinter nicht mehr zu unterscheiden sind.
Ich bin dankbar dafür. Ich will das nicht mehr. Ich habe genug gesehen.
Ich habe keine Ahnung, wie ich Dominic nach dem, was ich heute beobachtet habe, morgen gegenübertreten
Weitere Kostenlose Bücher