Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
er sieht nicht wie ein Bob aus, das ist alles.«
»Hm, vermutlich sieht er schon etwas merkwürdig aus«, räumt Dominic lächelnd ein. »Ich bin einfach an ihn gewöhnt.«
»Bob«, wiederhole ich und muss lachen.
Ich sehe mich im leeren Raum um und denke, wie anders ein Ort doch aussieht, wenn sich niemand darin befindet, wie sich sein ganzer Charakter dadurch verändert. Da geht eine Tür auf, die zum hinteren Teil der Bar führt, und Vanessa hat ihren Auftritt.
Sie sieht großartig aus, in einem blutroten Hosenanzug, leuchtend weißer Seidenbluse und hohen Schuhen. Die Farbe ihres Lippenstifts passt zum Anzug, und ihr kurzes, welliges Haar lockert ihren Look auf, macht ihn weich. Ihr Blick ist allerdings nicht gerade freundlich.
»Darling«, ruft sie glockenhell. Sie lächelt Dominic an und küsst ihn auf die Wange. Dann dreht sie sich mit einem sehr viel kälteren Blick zu mir um. »Hallo, so sieht man sich wieder. Was für ein unerwartetes Vergnügen.«
Ich nicke, bin plötzlich schüchtern. Sie scheint so weit von allem entfernt, was ich je sein kann.
»Wir reden am besten in meiner Wohnung«, schlägt sie vor und geht in die Richtung, aus der sie kam. »Folgt mir.«
Und das ist es dann. Ich werde aus der sicheren Zone herausgeführt.
Ich folge ihr, Dominic dicht hinter mir. Wir treten durch eine mit dunklem Stoff bespannte Tür in den privatesten Teil des Clubs. Anfangs gibt es nichts zu sehen. Ein Gang, eine Treppe, geschlossene Türen. Wir steigen in den ersten Stock, und Vanessa wendet sich an Dominic.
»Will sie zuerst eines der Zimmer sehen?«
»Warum fragst du sie nicht«, erwidert Dominic seelenruhig. »Sie ist direkt hier.«
Vanessa bedenkt mich mit ihrem kalten Blick. »Möchten Sie?«
Ich hole tief Luft. Warum nicht? »Ja, gern.«
»Na schön.« Vanessa geht zur erstbesten Tür und öffnet sie. »Heute Abend ist es ruhig, darum ist dieser Raum frei. Er gehört zum Kinderzimmerflügel.« Sie tritt einen Schritt zurück, damit ich eintreten kann. Ich wage mich ein paar Schritte vor und sehe mich um.
Es wirkt wie ein typisches Kinderzimmer aus längst vergangenen Tagen, alles in hellblau und rosa, eine weiße Kommode, die mit niedlichen Häschen verziert ist, eine Spielzeugkiste und ein Kinderbett mit zerwühlter Bettwäsche, nur dass alles enorm groß ist. In das Kinderbett passt mühelos ein erwachsener Mann. Ein gigantischer Nachttopf mit Rüschenschonbezug steht in einer der Ecken. Auf einem großen Wickeltisch, auf dem ebenfalls ein Erwachsener problemlos liegen könnte, finden sich Babyfeuchttücher, Talkumpuder und ein Korb mit riesigen Einmalwindeln. Auf einem Regal sehe ich Teddybären, Rasseln und Kinderbücher, daneben auch eine Auswahl an Schnullern und Babyflaschen.
Ich schaue mich erstaunt um. Das gibt es also wirklich. Es gibt Menschen, die diese Phantasie ausleben wollen.
»Die Kinderzimmer sind sehr beliebt«, erläutert Vanessa. »Der andere Raum wird gerade benutzt, und wie es klingt, war das Baby wirklich sehr, sehr unartig. Sollen wir weiter?«
Ich folge ihr nach draußen. Einen Augenblick lang überkommt mich der wilde Drang, laut zu lachen. Aber ich finde es seltsam tröstlich, dass jemand, der das Bedürfnis verspürt, in eine solche Kindheit zurückzukehren, hier den perfekten Ort dafür findet.
»Das hier sollten Sie auch sehen.« Vanessa führt mich zu einer Tür auf der anderen Seite des Ganges. Sie öffnet sie, und wir schauen beide hinein. Es ist ein klassisches Schulzimmer, mit schwarzer Schiefertafel, altmodischen Schulbänken, einem Bücherregal mit Schulbüchern, Töpfen mit Stiften und Füllern und einem alten Blech-Globus. Aber es gibt auch alle Mittel der Bestrafung: eine Narrenkappe, eine lange Gerte, eine große Klatsche, die an einer Lederschlaufe hängt, und einen Lederriemen. Darüber hinaus auch ein hölzernes Teil, das einer Kragenbinde ähnelt. Ich nehme an, es dient ebenfalls der Züchtigung.
»Sehr beliebt, extrem beliebt«, sagt Vanessa. »Mein Problem besteht darin, genügend Zuchtmeisterinnen zu finden. Die gut Ausgebildeten muss man mit Gold aufwiegen.«
Sie schließt die Tür, und wir gehen weiter. Ich sehe Dominic fragend an, aber er schüttelt nur lächelnd den Kopf, und ich verstehe: ›Das ist alles sehr interessant, aber es hat nichts mit uns zu tun.‹
»Ich glaube, die anderen Zimmer sind belegt«, sagt Vanessa. »Wir gehen direkt in meine Wohnung.«
Wir steigen eine weitere Treppe hoch und gelangen in den obersten Stock
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