Fire after Dark - Tiefes Begehren: Roman (German Edition)
Palace, doch dann bleibt er vor einem riesigen Steingebäude stehen, das wie eine Regency-Villa aussieht. Durch den geöffneten Haupteingang sehe ich einen roten Teppich und gewaltige Messingleuchter mit Dutzenden Glühbirnen an den geschwungenen Armen.
Das ist doch lächerlich. Zu Fuß wäre ich in fünf Minuten hier gewesen.
»Der Fahrpreis ist schon bezahlt worden, Ma’am«, sagt der Fahrer.
»Danke.« Ich steige aus und stehe vor dem gewaltigen, beeindruckenden Gebäude. London ist voll von Orten wie diesem: herrschaftlich und ziemlich furchteinflößend, strahlen sie eine Aura aus, als ob sich hinter den Türen ein exklusives Leben voller Privilegien abspielt. Tja, heute stehen mir diese Türen offen – auch wenn ich das im Grunde gar nicht will. Meine Wohnung und ein Abend mit Laura besitzen sehr viel mehr Anziehungskraft als das hier. Ich seufze, straffe die Schultern und steige die Stufen hinauf.
Ein Mann im Frack steht hinter einer altmodischen Theke. »Wie kann ich Ihnen helfen, gnädige Frau?«, fragt er mit äußerst vornehmer Stimme.
»Ich bin hier mit Andrei Dubrovski verabredet. Er erwartet mich.«
Sein Gesichtsausdruck verändert sich, und er wird umgehend serviler. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich daran immer noch nicht gewöhnt habe. »Natürlich, gnädige Frau. Er ist im blauen Salon. Ich führe Sie sofort zu ihm.«
Wir schreiten eine gewaltige, gebogene Treppe mit purpurnem Läufer hinauf. Die Wände beherrscht das enorme Porträt eines finster wirkenden Nabobs, der missbilligend auf uns herabschaut. Am Kopfende der Treppe geht es einen breiten Flur entlang. Wir kommen an Salons und Lesesälen vorbei, alle edel möbliert und mit Kristallleuchtern, Ölgemälden und vergoldetem Kranzgesims ausgestattet. Ältere Herren sitzen in Ledersesseln und lesen Zeitungen. Der Mann im Frack bleibt vor einer Tür stehen und klopft. Einen Augenblick später wird sie von der vertrauten Gestalt von Andreis Leibwächter geöffnet.
»Eine junge Dame möchte Mr Dubrovski sprechen«, erklärt mein Begleiter.
Der Leibwächter schaut mich an, als ob er mich noch nie zuvor gesehen hätte. Ich lächele ihn freundlich an. Dann nickt er und tritt zur Seite, um mich einzulassen.
Der blaue Salon wird seinem Namen gerecht: Die Wände sind mit einer blau gemusterten Seidentapete ausgeschlagen, auf dem Boden liegt ein riesiger, persischer Teppich in Blau und Gold, und die Stühle sind mit blauem Damast überzogen. Die Wirkung wird von einem großen Holzschreibtisch und den Porträts alter, bedeutend aussehender Männer aus den letzten beiden Jahrhunderten aufgelockert. Andrei trägt einen maßgeschneiderten, schwarzen Anzug. Er steht hinter dem Schreibtisch am Fenster, mit dem Rücken zu mir, und schaut auf die Pall Mall hinaus, während er schnell auf russisch telefoniert. Ich warte stumm, schaue mich im Salon um, bis er fertig ist. Nach ungefähr fünf Minuten des Wartens legt er zu meiner Erleichterung das Handy zur Seite und dreht sich zu mir um.
»Beth. Gut. Sie sind hier.« Er lächelt nicht. Sein zerfurchtes Gesicht ist ausdruckslos, wie damals, als ich ihn zum ersten Mal traf. Mit einem Ruck wird mir bewusst, dass der Andrei, den ich jetzt kenne, völlig anders ist als der, dem ich in Frankreich vor einer gefühlten Ewigkeit begegnet bin. Ich habe ihn lachen, essen, feiern sehen. Sogar frisch aus dem Bett, nachdem er sich dort mit Anna vergnügt hatte. Aber all das ist nun verschwunden. Er ist wieder der herrische Tyrann vom ersten Treffen. Plötzlich bedauere ich, dass es so enden muss. Mir wird klar, dass wir eine Weile beinahe Freunde waren. Vermutlich konnte ich deshalb so mit ihm reden, wie ich es getan habe. Die Barrieren waren gefallen. Tja, jetzt sind sie wieder aufgerichtet, so viel steht fest.
»Ich habe hier Ihren Bericht«, sage ich, hole ihn aus meiner Tasche und lege ihn auf den Schreibtisch. »Wie Sie es wollten. Ich habe Ihre Albany-Sammlung katalogisiert und Beschreibungen sowie den gegenwärtigen Marktwerk der Stücke hinzugefügt. Den Plan für die Hängung liefere ich Ihnen nach, wenn Ihnen das recht ist.«
»Gut.« Er wirft einen uninteressierten Blick auf den Bericht. »Ich lese ihn später. Ich bin sicher, es ist alles in Ordnung. Ich vertraue darauf, dass Sie Ihre Sache gut machen.«
»Danke.« Meine Stimme klingt kalt. Genauer gesagt ist die ganze Atmosphäre hier so eisig, dass ich am liebsten einen Schal und Fäustlinge überstreifen würde.
Andrei spricht auf russisch
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