Fire after Dark - Tiefes Begehren: Roman (German Edition)
sage ich dankbar. Ich hatte genug Aufregung für einen Tag, und ich weiß nicht, ob ich die überbordende Energie von Dubrovski noch weitere zwei Stunden aushalten könnte, vor allem, wo wir morgen zu weiteren Abenteuern aufbrechen werden. Jetzt, da ich hier bin, erweist sich meine dumme Phantasie, dass Dominic mit offenen Armen auf mich warten könnte, als das, was es ist. Ich muss mich der Realität stellen. »Ich mache mich an die Recherche und finde alles über verlorene Werke von Fra Angelico heraus.«
»Hervorragend. Wir sehen uns dann morgen früh. Stellen Sie Ihren Wecker möglichst früh. Dubrovski schläft kaum. Er wird sich zeitig auf den Weg machen wollen.« Mark lächelt. »Schlafen Sie gut.«
»Sie auch.« Ich schließe die Tür. Der Butler führt ihn zu seinen nahe gelegenen Räumlichkeiten. Ich lehne mich gegen die Tür und seufze. Dann sage ich laut: »Dominic, ich verliere allmählich die Geduld. Du solltest dich möglichst bald an dein Versprechen erinnern, sonst ist es zwischen uns beiden aus.« Es ist merkwürdig, das laut auszusprechen, aber kaum habe ich es getan, geht es mir besser. Das Warten bringt mich um. Tja, wie wäre es, wenn ich aufhöre zu warten?
Klingt nach einer guten Idee. Und ich habe ja reichlich andere Dinge, um die ich mich kümmern muss.
Ich packe meinen Laptop aus, damit ich loslegen kann.
4. Kapitel
Falls ich dachte, dass der gestrige Tag einen Höhepunkt in meinem Leben darstellte, muss ich das überdenken.
Meine Güte, das ist unglaublich.
Wir sitzen in einem Hubschrauber und fliegen über Italien in Richtung Kroatien. Wir sitzen in einem Wahnsinns-Helikopter, kirschrot und oval wie eine Paprika, ich neben Mark, mit einem x-förmigen Sicherheitsgurt und Kopfhörern, die einen Teil des Motorenlärms dämpfen und gleichzeitig die Unterhaltung zwischen Dubrovski, Mark und – gelegentlich – dem Piloten übertragen. An meinem Kopfhörer ist ebenfalls ein Mikro befestigt, aber ich nehme nicht an, dass ich es brauchen werde. Ich habe zu viel damit zu tun, all die neuen Eindrücke zu verarbeiten. Das ist mein erster Flug in einem Hubschrauber, und es ist überwältigend. Ganz anders als in einem Flugzeug, wo man durch kleine, ovale Fenster hinaus auf die Welt schaut, von der Außenwelt abgeschirmt durch den breiten Flugzeugrumpf. Ich glaube, näher kann man dem Gefühl, tatsächlich zu fliegen, kaum kommen. Man kann hinauf in den Himmel sehen, und gleichzeitig erscheint die Landschaft unter uns erstaunlich nahe. Der Helikopter ist wendig, hebt und senkt die Schnauze reaktionsschnell, und es ist fast so, als habe man uns mit Feenstaub bestäubt, als würden wir wie Peter Pan fliegen.
Mark neben mir scheint so ruhig wie immer. All das muss für ihn ein alter Hut sein. Er hat den Bericht, den ich ihm gestern Abend spät noch mailte, gelesen. Es besteht tatsächlich die Möglichkeit, dass ein bisher unbekannter Fra Angelico existiert. Mark weiß bereits, dass nur vor wenigen Jahren zwei verlorene Altartafeln gefunden wurden. Sie hingen seit den sechziger Jahren an der Wand eines ganz normalen Einfamilienhauses in Oxford. Damals war mittelalterliche Kunst, selbst Meisterwerke der florentinischen Renaissance, völlig aus der Mode. Es ist also möglich, dass noch andere Altartafeln oder Kopien davon existieren. Und da Kroatien so nahe an Italien liegt und über Jahrhunderte Handelsbeziehungen und enge Kirchenkontakte zwischen den beiden Ländern gepflegt wurden, ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass man dort etwas entdecken könnte. Schließlich stand Kroatien dreihundert Jahre lang unter der Herrschaft der venezianischen Republik.
Ich habe gestern Abend einige schöne Stunden damit verbracht, die Kataloge von Kunstsammlungen in der ganzen Welt durchzugehen und mein Auge mit der religiösen Kunst des 15. Jahrhunderts vertraut zu machen, halb der Gotik verhaftet, flach und gülden, halb schon zur Frührenaissance gehörig, als sich Perspektive und Naturalismus entwickelten. Ich schwelgte in dem Azurblau, Zinnoberrot, Arsengrün, den Fleischtönen und dem glitzerndem Gold der herrlichen Schöpfungen von Fra Angelico. Angesichts des von Gott gegebenen Talents, solch herrliche Kunst zu erschaffen, war es kein Wunder, dass er als der ›gesegnete engelsgleiche Mönch‹ berühmt wurde. Ich bin sehr gespannt darauf, das Werk zu sehen, das die Mönche entdeckt haben.
Wir überfliegen die kristallblauen Gewässer der Adria. Grün und grau liegen Inseln in dem leuchtenden
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