Fire after Dark - Tiefes Begehren: Roman (German Edition)
ich traurig. Wie leicht können unsere Träume ohne Ermutigung verblassen. Ich beuge mich zu ihr. »Lass es uns tun. Lass uns zusammen nach New York fliegen. Vielleicht kurz vor Weihnachten, damit wir noch die festlichen Dekorationen bei Bloomingdale sehen. Ein Wochenende für uns zwei Mädels. Was hältst du davon?«
Laura strahlt auf. »Ist das dein Ernst?«
»Aber natürlich! Andrei bezahlt mich gut für meine Arbeit … wir gönnen uns davon die Reise und ein echt gutes Hotel mitten im Herzen der Stadt.«
»Das wäre toll !« Sie lächelt glücklich. »Miss Villiers, ich bin dabei!«
»Großartig. Also schön – willst du noch mehr Nudeln?«
Der Tag beginnt kalt und grau. Vorübergehend sind der warme Sonnenschein und der blaue Himmel verschwunden. Es ist an der Zeit, wärmere Kleidung hervorzuholen, und ich entschließe mich für einen weichen, grauen Fair-Isle-Pulli über einem Leibchen, dazu einen dunkelgrauen Minirock, Strumpfhose und Stiefel. Ich verleihe dem Ganzen etwas Farbe mit einem grünen Schal und einem pflaumenfarbenen Filzhut, dann mache ich mich auf den Weg zu Dominic.
Von unserer Wohnung in East London ist es nicht weit zu unserem Treffpunkt am Borough Market. Als ich über die Tower Bridge gehe, kann ich die ganze Themse entlangsehen. Dort ist der Tower of London, beinahe tausend Jahre alt, weiß und quadratisch und ein wenig an einen Lego-Bausatz erinnernd; dann die riesige Kuppel von St. Paul’s, auf der ein goldenes Kreuz glitzert; der Kamin des Tate Modern, das London Eye und all die anderen Wahrzeichen der Stadt.
Von der Tower Bridge gehe ich den Fluss entlang zur City Hall und vorbei am Globe Theater und der Tate Modern, dann unter der Blackfriars Brücke hindurch – die mich an das Kloster in Kroatien denken lässt und wie lange das alles her zu sein scheint – und anschließend die London Bridge hinauf, wo Dominic vor der Southwark-Kathedrale auf mich wartet. Er sieht umwerfender denn je aus, in einem dunkelgrün gestreiften Pulli, Jeans, Stiefeln und mit einem marineblauen Kaschmirschal um den Hals. Die Farben unterstreichen die haselnussbraunen Akzente seiner Augen, die für gewöhnlich im Dunkelbraun untergehen, und seine dunklen Haare schimmern kastanienbraun.
Ich stehe auf der anderen Straßenseite und habe einen Augenblick, um ihn zu bewundern, wie er auf mich wartet, ohne von meiner Anwesenheit zu wissen. Dann schaltet die Ampel auf Grün, und ich nähere mich ihm. Als er mich sieht, erhellt sofort ein Lächeln sein Gesicht, und er breitet die Arme aus, in die ich mich werfen kann.
»Hallo, Schöne«, sagt er und drückt mich fest. »Du siehst so gut aus, man möchte dich aufessen.« Er tritt einen Schritt zurück, taxiert mich und lächelt. »Hm, der Herbst steht dir sogar noch besser als der Sommer. Ich habe eine Schwäche für Miniröcke und Stiefel. Ich hätte in den sechziger Jahren jung sein sollen.«
»Dann hätten wir uns um ungefähr … oh, fünfzig Jahre oder so verpasst?« Ich küsse ihn glücklich. Er schmeckt nach Kaffee und Zahnpasta. »Wie sieht der Plan für heute aus?«
»Ich dachte, wir könnten uns die Kirche anschauen.« Er zeigt hinter sich auf die Kathedrale. »Und danach holen wir uns in dem Bauernmarkt dahinter etwas zu essen.« Ich sehe einige der Stände und rieche köstliche Aromen. »Es ist der Treffpunkt für Feinschmecker im Moment«, fährt Dominic fort. »Wir holen uns etwas Köstliches für später. Dann können wir einen Spaziergang machen und einfach schauen, was uns unterwegs anlacht, bevor wir nach Hause gehen.«
»Klingt gut.« Ich lächele und nehme seine Hand. Das ist das wahre Glück. Ein Paar wie jedes andere zu sein, einen herrlichen Samstag zusammen zu verbringen, nur zu zweit. Natürlich abgesehen davon, dass niemand sonst so glücklich ist wie wir.
Händchenhaltend gehen wir von der Brücke zum Garten der Kathedrale, wo Leute sitzen und Kaffee trinken. Spielende Kinder springen auf den niedrigen Mäuerchen herum und laufen hin und her. In der Kathedrale flanieren wir und schauen alles an. Hier finden sich Gräber berühmter Männer – der Dichter John Gower ist hier begraben – sowie ein Buntglasfenster mit Figuren aus Shakespeare-Dramen, dessen Stücke nicht weit von hier aufgeführt wurden und der zweifellos genau hier an Gottesdiensten teilnahm. Der Gedanke erfüllt mich mit Ehrfurcht, und ich stelle mir vor, wie der große Dramatiker hier saß, dieselben Steinquader und Bögen und Fenster ansah wie ich
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