Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
nirgends kann ich mich verstecken, nirgends in Deckung gehen, solange ich keinen anderen Weg einschlage.
Also riskiere ich es einfach, hechte über die Straße und schlage einen Haken nach rechts, geradewegs in einen Garten hinein. Reifen quietschen, als sie über den Asphalt wetzen, doch ich renne immer weiter, ohne mich umzublicken, springe an einem Zaun hoch und höre, wie meine Schuhsohlen über das Holz scharren, als ich versuche, nach oben zu klettern. Als ich nach der oberen Kante greife, bohren sich die spitzen Enden der Latten in meine Handflächen.
Endlich gelingt es mir, mich über den Zaun zu hieven. Ich stolpere durch einen Garten voll mit Kiesbeeten und Kakteen, überwinde einen weiteren Zaun und finde mich schließlich in einem Vorgarten wieder.
Auf einmal zieht sich meine Haut zusammen und Hitzewellen durchströmen mich. Meine Nase wächst, als sich Höcker bilden. In meinen Lungen fängt es an, zu brennen und zu schwelen, während es in meinem Brustkorb vibriert. Mein Draki, endlich! Wahrscheinlich sollte ich das gut finden und mich darüber freuen, dass ich endlich wieder eine Reaktion zeige – dass ich im Innern noch nicht tot bin.
Plötzlich zerreißt mir das Kreischen von Bremsen beinahe das Trommelfell, während die Scheinwerfer des Jeeps wie wild durch die Nacht jagen. Ich schlage eine andere Richtung ein und springe wieder an einem Zaun hoch.
»Jacinda! Halt! Warte!«
Ich kann nicht anders – sofort dringt die Stimme in mich und zieht mich wie mit unsichtbarem Griff zurück. Während ich mich noch am Zaun festhalte, blicke ich mich um.
Er steht unter einer Straßenlaterne, die schimmerndes Gold in sein braunes Haar zaubert. Auch seine Augen glänzen im Licht. Glitzernd und stechend bohren sie sich in mich, während der Landrover mit laufendem Motor nur wenige Meter hinter ihm parkt. Er streckt eine Hand aus, wie um ein wildes Tier zu beschwichtigen.
»Will«, flüstere ich, zu leise, als dass er es hören könnte.
Ich kneife die Augen zu, lang und fest, vertreibe meine Angst und mit ihr meinen Draki. Dann lasse ich den Zaun los und springe zurück auf den Boden.
Wachsam sehe ich mich in der Straße um und halte nach Wills Cousins Ausschau. Doch falls sich nicht jemand im Wagen versteckt hält, ist er allein. Nervös atme ich aus.
Noch immer streckt er die Hand nach mir aus.
»Was machst du so spät noch auf der Straße?« Sein Mund zuckt verblüfft. »Es ist ein Uhr nachts.«
»Ich?« Langsam, noch immer etwas misstrauisch, gehe ich über den Rasen auf ihn zu. »Was hast du hier verloren?« Und nein, ich glaube nicht, dass du gerade zufällig in der Gegend warst. »Spionierst du mir hinterher?« Jagst du mich? , möchte ich am liebsten hinzufügen.
Er blinzelt und seine Miene, die bisher so ernst war, entspannt sich ein bisschen. Stattdessen tritt ein anderer Ausdruck in sein Gesicht. Er kratzt sich im Nacken und diese Bewegung wirkt irgendwie unsicher, so durch und durch menschlich, verlegen .
»Ich …«
»Ich glaub’s nicht, du hast mir tatsächlich nachspioniert!«, unterbreche ich ihn und ein ungebetenes Lächeln schmuggelt sich auf meine Lippen.
»Hey«, grummelt er abwehrend und mit wütendem Blick. »Ich wollte einfach nur mal sehen, wo du wohnst.«
Ich trete direkt vor ihn hin. »Warum?«
Wieder kratzt er sich, aber diesmal wirkt die Geste aufgebracht, fast genervt – als ob er auf sich oder mich sauer wäre. Zu unserer Linken geht ein Verandalicht an. Das grelle gelbe Licht blendet mich und schützend halte ich mir die Hand vor die Augen.
»Komm!«, fordert Will mich auf, als eindeutig zu hören ist, wie jemand die Haustür aufsperrt.
Erschrocken renne ich los – und überlege nicht zweimal, als Will die Beifahrertür für mich aufreißt. Ich hüpfe ins Wageninnere, wo ich mit einem Mal vom intensiven Geruch der Ledersitze eingehüllt werde. Dann schlägt die Autotür auch schon zu.
Einen Augenblick lang bin ich allein und sehe mich um, betrachte all die glänzenden Knöpfe und Spielereien, mit denen das breite Armaturenbrett übersät ist. Dann werfe ich einen neugierigen Blick in den hinteren Teil des Jeeps. Er ist riesig und bietet bequem Platz für mehrere Mitfahrer. Beim Gedanken daran, wer diese Mitfahrer normalerweise sind, läuft es mir kalt über den Rücken.
Noch bevor ich meine Entscheidung überdenken kann, klettert Will neben mir auf den Fahrersitz und tritt aufs Gaspedal, gerade als ein Mann in einem Bademantel aus dem Haus gestürmt
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