Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
nach dir suche«, gibt er zu.
»Ganz allein?« Angespannt suche ich die dichten Schatten mit den Augen ab, fast so, als erwartete ich, dort einen Jäger zu sehen.
»Jetzt bin ich allein«, versichert er mir. »Letztes Mal war ich mit meiner Familie hier. Ich habe mich davongestohlen, während sie …«
»Gejagt haben«, ergänze ich bitter.
Die Vorstellung von Jägern in diesen Wäldern lässt mich erschaudern. So nah an unserer Siedlung. Jetzt haben sie ein Gesicht. Sie sind nicht mehr die vagen schwarzen Männer aus meinen Albträumen. Jetzt kann ich sie vor mir sehen. Seinen Vater. Seine Onkel. Seine Cousins Xander und Angus. Sie waren hier. Erst vor Kurzem.
Ich schüttle den Kopf. Es macht mich wütend, dass er es gewagt hat, zurückzukommen. Dabei hat er so viel aufs Spiel gesetzt, nicht nur sein eigenes Leben. Er hat jeden in meinem Rudel in Gefahr gebracht. »Hier ist es viel zu gefährlich für dich. Du hättest nicht herkommen sollen. Wenn sie heute Abend gewusst hätten, wer du bist …«
Erneut schüttle ich den Kopf. Ihn zu verlieren, weil ich ihn nie wiedersehen darf, ist eine Sache, aber ihn für immer zu verlieren, weil mein Rudel ihn getötet hat …
Damit würde ich nicht klarkommen. Das würde mich umbringen.
»Ich habe wie ein ganz normaler Bergwanderer ausgesehen.«
»Tamra und Cassian haben dich wiedererkannt.«
»Und mich nicht verraten.«
Ich nicke. »Meinetwegen. Sie haben meinetwegen den Mund gehalten. Ich habe versprochen, du würdest deine Familie davon überzeugen, nicht mehr in diesem Gebiet zu jagen.« Ich hole tief Luft. »Und ich habe versprochen, dafür zu sorgen, dass du nie wieder hierherkommst –«
» Das hat du versprochen?«, fragt er zornig. »Wem? Cassian? Das überrascht mich nicht! Natürlich hätte er es gern, dass ich nie wieder in deine Nähe komme.«
Ich will es abstreiten, will sagen, dass Cassian Will nur deshalb nie wieder hierhaben will, weil das das Beste ist. Das Sicherste. Das hat nichts mit Eifersucht oder Besitzdenken zu tun.
Schmerzerfüllt schließe ich die Augen und sage kein Wort. Noch vor wenigen Tagen hat mich Cassian genau so in den Armen gehalten wie Will jetzt. Ich habe zugelassen, dass er mich umarmt. Dass er mich küsst.
Mit einem erstickten Geräusch löse ich mich aus Wills Umarmung. Ich fühle mich wie eine Verräterin. Auch wenn mich nur die Einsamkeit und meine Verletzlichkeit in Cassians Arme getrieben haben … ich habe es genossen .
Will zieht mich wieder zu sich heran. »Was willst du denn? Willst du, dass ich gehe und nie wieder zurückkomme?«
Ich wehre mich nicht gegen seine Umarmung. Dazu habe ich keine Kraft. Ich habe ihn viel zu sehr vermisst. Ich habe geglaubt, dass ich ihn vergessen und mir eine Zukunft im Rudel aufbauen könnte. Diese Vorstellung hat zwar einen Teil von mir getötet, aber das hier ist vielleicht noch schlimmer. Ihn im Arm zu halten, seinen vertrauten Geruch einzuatmen, ihm für kurze Zeit nah zu sein und mich dann erneut von ihm verabschieden zu müssen – es fühlt sich an wie ein Kopfsprung geradewegs in die Hölle.
Ich betrachte sein Gesicht, so gut das in der Dunkelheit möglich ist. Er ist so unglaublich schön. Die tief liegenden Augen unter den dunklen Augenbrauen. Das ewig widerspenstige Haar, das ihm immer in die Stirn fällt und danach zu betteln scheint, dass meine Hand es zurückstreicht. Sein Mund, seine Lippen.
Ich versuche, mir alles ganz genau einzuprägen, damit ich mich in ruhigen Stunden, in denen ich Zeit zum Nachdenken habe, daran erinnern kann.
Seine Finger umklammern meinen Arm noch etwas fester. »Dann gibst du uns also auf, Jacinda?«
Ich versuche, sein Gesicht in den Schatten auszumachen. »Es ist gefährlich. Nicht nur für uns, auch für andere. Unzählige Leben stehen auf dem Spiel.«
Seine Hände wandern meine Arme hinauf zu meinem Gesicht. Das ist zu viel für mich. Seine großen Hände. Seine starken Finger, die sich auf meiner Haut so zart anfühlen. Meine Augen brennen und ich versuche hastig, die Tränen wegzublinzeln.
»Wo ist denn dein Glaube an uns geblieben?« Seine Daumen drücken sanft gegen mein Gesicht. »Wir finden schon einen Weg.«
Ich schüttle den Kopf. »Du weißt nicht, was hier los gewesen ist.«
»Haben sie dir wehgetan?« Sein Tonfall wird eindringlicher und seine Hände spannen sich an. »Als du zurückgekommen bist, haben sie –«
»Nein«, sage ich schnell. »Sie haben mich nicht angerührt. Nicht, dass ich es nicht verdient
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