Firkin 04 - Hundstage
gebraust, wo sie sich erneut verfahren hatten. Sie hatten die rote Sportfluchtkutsche ständig steiler werdende Wege hinauf und vom Foh-Paß fortgeschoben, und als der Wind durch ihre Kleider pfiff, hatten sie angenommen, daß sie sich wieder mal verfahren hatten … doch schlußendlich hatten Cheiro Mancini und Knapp die Ansammlung von Brettern und rostigen Nägeln erreicht, die ihr Geheimversteck darstellte.
Die Annonce in der Rubrik ›Geheime Residenzen außerhalb der Stadt‹ im Verbrecherkurier hatte also nicht gelogen. Das Versteck verfügte über fließendes Wasser und Waschbecken. Außerdem bot es eine Menge Sportmöglichkeiten für Leute, die gern an der frischen Luft waren.
Doch Mancini war eine kurze Periode kreatürlichen Unbehagens schnurz. Er wußte, daß die Thaumaturgiephysiker aus Losa Llamas ihn suchen würden, also mußte er den Kopf einziehen. Er wußte ebenso, daß er nach Ablauf einer Woche mehr Bleirohre in Gold transmogrifiert haben würde, als er sich je erträumt hatte.
Er hatte nur zur Hälfte recht.
Eifrig entlud er gemeinsam mit Knapp einen Stapel halbzölliger Rohre, einen kleinen Athanor-Brenner und ein nagelneues Alchimistenreagenzglas – eins der schönsten, das man im murrhanischen Reich herstellte und das speziell für ihn importiert worden war. Mancini grinste, als er die Packnachrichtenbullenpergamentschichten von ihm löste und in eine Ecke warf.
Als er den Apparat in der Gewißheit, daß ihm niemand gefolgt war, auf dem kalten Boden des angemieteten Verstecks aufbaute, entspannte er sich und erschauerte am äußersten Rand eines nagelneuen Lebens. Knapp kaute an einer drei Tage alten Blätterteigpastete, die es irgendwie geschafft hatte, nicht von den restlichen Bewohnern seines Sackes gefressen zu werden.
Mancini zog den Folianten aus seiner Umhangtasche. Eine Woge nervöser Erregung zischte sein Rückgrat hinauf, als er ihn an den Brustkorb preßte. Nun hatte er den Schlüssel. Transmogrifikation: Alles, was Ihr je in etwas anderes verwandeln wolltet, aber aus Angst nicht zu wagen versucht habt. Es war sein. Wie geni …
»Oi! Nicht so fest drücken!«
»Häh?« grunzte Mancini und schenkte Knapp einen finsteren Blick.
»Was?« murmelte der Bursche, den Mund noch voller Blätterteigpastete.
»Was hast du gesagt?« fauchte der KUT.
»Nicht so fest drücken!« erwiderte die Stimme. Knapp zuckte kauend die Achseln. »Es tut weh!«
Mancini schrie auf und ließ den Folianten fallen. Er stierte panisch um sich, um die Herkunft der Stimme zu eruieren. Man hatte sie verfolgt. Man hatte sie gefunden. Es war aus! Das Ende. Das Leben war wirklich ein Sch …
Ein winziger Teil seines Hirns runzelte seine Axonen und fragte sich bemüht, warum ein Wächter aus Losa Llamas, wenn er einen schon so verdammt schnell in diesem gottverlassenen Versteck ausfindig gemacht hatte, wohl die Bitte äußern sollte, irgend etwas nicht so fest zu drücken. Doch der Rest seines Hirns ignorierte ihn.
»Lebend kriegt ihr mich nie!« schrie Mancini der unsichtbaren Bedrohung zu, während er durch die Ritzen in der Hüttenwandung starrte. Knapp glotzte ihn völlig verwirrt an.
Hinter ihm zuckte und ruckte die Oberfläche des Folianten, als die Molluske sich einen Weg unter dem Schutzumschlag hervorschleimte.
»Ei, Potz!« sagte die Stimme in Mancinis Schädel. »Hier oben ist’s ja saumäßig trocken. Du bist wohl nicht so lieb und läßt mir ein Bad ein? Oder doch?«
Mancini wirbelte auf dem Absatz herum. Er hatte die Stimme zwar gehört, aber sie klang zu nahe, zu trocken, nicht verziert von irgendwelchen Echos, die das Gestein warf. Sie hatte nichts Charakteristisches.
»Drei Tage in deiner Umhangtasche sind ein bißchen viel!« sagte die Stimme. Mancini schrie auf, versuchte zu erkennen, wer da zu ihm sprach. Es paßte alles nicht zusammen. Ein Losa Llamasischer Wächter in meiner Tasche? dachte er, als die Panik erneut die Sedimente seines Geistes in Bewegung brachte.
»Nein, nein! Kein Wächter. Der Hüter der Botschaft für den Einen. Für dich!« antwortete die Molluske, deren telepathische Fühler zu dem entsetzten Mancini hinausreichten.
»Knapp! Wenn es irgendein Scherz sein soll, hör damit auf. Ich finde ihn nicht witzig.«
Der drahtige Bursche kramte in seinem Sack nach etwas neuem, das die Grenze zur Ungenießbarkeit noch nicht überschritten hatte.
»Ich bin hier unten!« telepathierte die Molluske. »Und ich würde einen Mord für ein Bad begehen. Du hast ja keine
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