Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman

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ergriff und ihn aus der Hängematte springen ließ. Barfuß schlenderte er über den kalten Steinfußboden, öffnete die Tür, und im Nu war er über die Talpa-Berge verschwunden und nahm mit einem spöttisch boshaftem Grinsen Kurs auf Cranachan.

    Alea wußte zwar nicht, warum sie in dieser Nacht so plötzlich aufgewacht war, aber sie hätte es sowieso nicht verstanden – oder hat Ihnen schon mal jemand, als Sie neun Jahre alt waren, die Wirkung ungerichteter Telepenetranzsignale zu erklären versucht?
    Sie wußte lediglich, daß sie einen sehnlichen Wunsch verspürte. Ein dringendes Verlangen. Ein plötzliches und starkes Bedürfnis, an einem ganz bestimmten Ort zu sein … aber wo genau? Als ihr plötzlich Bilder von schlagenden Hämmern und sprühenden Funken durch den Kopf schossen, hüpfte ihr Herz vor lauter niederträchtiger Freude. Und schon kam auch wieder diese überwältigende Lust in ihr auf, unartig zu sein, und diese gedämpfte Stimme in ihrem rotgelockten Kopf stiftete sie unentwegt zu neuen Taten an. Zu bösen Taten. Urplötzlich hatte sie eine genaue Vorstellung von dem Ort, an dem sie sein wollte, nein, sein mußte, und zwar sofort!
    Wäre sie von jemandem gefragt worden, wo genau dieser Ort lag, hätte sie nur mit den Schultern gezuckt und – wie immer in solchen Situationen – verlegen an einem Nachthemdzipfel gezupft. Aber instinktiv wußte sie ganz genau, wo dieser Ort zu finden war, und als würde sie aus einem alteingesessenen cranachanischen Kartographengeschlecht stammen, vermittelte ihr das von Generation zu Generation übermittelte Wissen, daß sie direkt aus der Haustür zu gehen habe, um dann die zweite Straße links und schließlich die fünfte Straße rechts abzubiegen. Sofort!

    Funken sprühten durch die Luft, bildeten tobende Strahlenkränze und entwickelten sich zu einem publikumsreifen Feuerwerk, während Schlacke Schmidt einen ganzen Hagel schwungvoller Schläge auf seinen getreuen Amboß niederprasseln ließ. Schlackes Stirn stieß eimerweise rauchgeschwärzten Schweiß aus, als er das Stahlstück, das er gerade bearbeitete, in das tosende Inferno des Schmiedeofens warf. Noch ein paar Hammerschläge, und es wäre fertig. Dann müßte er nur noch sechs weitere Sicherheitsstiefel in Größe zwölf anfertigen – ein halbes Dutzend stahlgehärteter Schuhkappen noch, und die Schwarze Garde von Cranachan wäre absolut rattenfest.
    Mit einem Seufzer, der von den Wänden seiner Schmiede widerhallte, wischte er sich mit dem rußgeschwärzten Handrücken über die tropfende Stirn und zog gekonnt den Stahlstiefel aus dem Feuer. Ruckzuck lag er auf dem Amboß, und das Schienbein wurde unter wilden Hammerschlägen fertig geschmiedet. Dann flog der komplette Stiefel in hohem Bogen durch die Luft und landete zischend und dampfend in einem Wasserfaß.
    Wieder einmal endete für den Schmied ein Tag erst weit nach Mitternacht.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung machte er Feierabend, schloß den Rauchabzug des Schmiedeofens, ging nach draußen und verriegelte dreifach die Tür.
    Schon bei dem Gedanken an den ersten Krug Hexenhammer lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Das hatte er sich nach all der Schufterei aber auch redlich verdient.

    Im Büro der Gesellschaft für Transzendentalreisen mbH klappte einer pechschwarzen Gestalt staunend die Kinnlade herunter; sie war tief beeindruckt von den geisterhaften Bildern, die in den Kristallprismen zu erkennen waren. Klar sichtbare Vorgänge schossen durch seinen Sehnerv und gelangten, von Stäbchen und Zapfen der Netzhaut verstärkt, mit erstaunlicher und beängstigender Realität direkt in sein Hirn. Seltsamerweise fiel ihm als erstes auf, wie gering der Betrachtungsabstand zum Boden zu sein schien – nicht einmal zwei Meter, schätzte er.
    Plötzlich erschien das Bild eines Hinterhofs. In der unteren Ecke des Sichtfelds tauchte eine Hand auf, die mit viel Schwung einen Enterhaken warf. Gleich darauf zogen zwei muskulöse Unterarme unermüdlich an einem Seil, und die Wand des Gebäudes schien immer tiefer nach unten zu gleiten. Dann folgten Dachziegel. Eine Brechstange ließ den Verschluß eines kleinen Dachfensters aufspringen, das gleich darauf aufgestoßen wurde.
    Mit instinktiver Neugier beugte sich Flagit vor, als könne er auf diese Weise noch besser in die Kristallprismen hineinspähen, und stieß unwillkürlich einen spitzen Schrei aus, als sich um ihn herum alles bewegte. Er warf sich zurück und wäre fast vom Stuhl