Firkin 2: Die Frösche des Krieges
Schwächen‹, ließ sich nicht weiter davon abhalten, sanft zu scheinen, und verstrahlte zig-Millionen Lumen im unermeßlich weiten, noch nie erkundeten Weltraum. Die Sache ging sie schließlich nichts an. Warum sollte sie sich also groß darum kümmern? Abgesehen davon brauchte das Licht grob gerechnet viereinhalb Tage, bis es wieder bei ihr ankam – weswegen die ganze Angelegenheit mittlerweile sowieso eher akademischer Natur war.
Drunten auf der Erde herrschte ein Betrieb, als hätte jemand einen riesigen Stock in einen gigantischen Ameisenhaufen gesteckt und hitzig darin herumgestochert. Doch der Ameisenhaufen hieß Schloß Isolon, die Ameisen waren Menschen, die sich abhetzten, um rechtzeitig mit ihrer Arbeit fertigzuwerden, und der Stock war etwa ein Meter achtzig groß, trug einen weiten, von Wind und Wetter schwer mitgenommenen Mantel und den dazu passenden Hut. Sein Gesicht war von einem schmuddligen angegrauten Bart überwuchert, seine Augen linsten durch zwei flaschengrüne Brillengläser, durch eine Vorrichtung, die jedem Augenarzt Alpträume verursacht hätte. Dieser Stock war unter dem Namen Franck bekannt, Franck aus Khucaph.
Im Augenblick war Franck aufs höchste erstaunt über den aufgeregten Wirbel und die wilde Geschäftigkeit rund um ihn her. Hätte ihm je einer vorausgesagt, daß er eine derartige Wirkung erzielen könnte, er hätte es nie geglaubt. Was ist das jetzt? überlegte er. Macht? Oder einfach Angst?
Es hatte nicht lange gedauert, bis die Kriegsherren von Isolon unter der Führung von König Kharthezsh den Entschluß gefaßt hatten, die Kampfstiefel zu schnüren, das Wehrgehenk blank zu putzen und aufzubrechen, um in den Krieg zu ziehen. Nachdem ihnen Franck, Prospektor und Gründer der Lemmingpelzhandelsgesellschaft mbH, berichtet hatte, daß Cranachan beabsichtige, das Lemminggeschäft an sich zu reißen (und zwar jetzt, im Jahr 1025 MEZ, und für alle Zukunft), war die Flamme des gerechten Zorns entzündet und geschürt worden und schlug bereits wenige Stunden nach dieser Eröffnung hoch zum Himmel. Und wieder nur wenige Stunden später war das eingerostete Monstrum der isolonschen Kriegsmaschinerie durch Stiefeltritte und allerlei gutes Zureden gestartet und in Bewegung gesetzt geworden, und schon bald war jeder im Schloß in irgendeiner Weise mit den Kriegsvorbereitungen beschäftigt. Was die verwirrten Küchenratten nicht wenig verdroß …
… und König Kharthezsh außerordentlich überraschte. Noch bis vor zwei Tagen war das Leben auf Schloß Isolon unter seiner tyrannischen Herrschaft, seinem Regime der gnadenlosen eisernen Faust den gewohnten, unbeschwert gemächlichen Gang gegangen. Die Menschen liebten ihn. So, wie er es ihnen befohlen hatte. Keiner hatte sich jemals beschwert – zumindest nicht sehr lange. Das Leben war schön, Tortur und Folter gab es gerade in dem Ausmaß, daß man damit hinkam, und pünktlich zu Monatsanfang war die übliche mörderische Zehntenerhöhung fällig. Und mit ihr das Niederbrennen einiger Dörfer und ein bis zwei rituelle Opferungen. Das Leben war einfach und überschaubar gewesen.
Doch dann war, innerhalb von nur zwei Tagen, alles von Grund auf anders geworden. Jetzt unterzeichnete er, den Antragspergamenten und den planungsstrategischen Erfordernissen entsprechend, Quittungen und Bestellungen. Er gab Geld aus! Er, Kharthezsh, der Herrscher über das Königreich Isolon, der Häuptling der Unierten Stammesgemeinschaft des Vorgebirges, der Träger der Eisernen Steuerschraube und der Fackel der Hitzigen Heimzahlung, er gab Geld aus!
Es war, sagte er sich an diesem schönen sonnigen Morgen und strich sich den majestätischen Knebelbart glatt – es war ein Investition zur Kapitalakkumulation, zur Sicherung einer sorgenfreien und glücklichen Zukunft. Und dann zeichnete er ein weiteres Bestellpergament ab. »Das letzte«, wie ihm der Sekretär des Untersekretärs des stellvertretenden Vizebilanzbuchhalters des Kanzlers von Isolon versicherte.
Endlich! dachte der König. Das Geld ist ausgegeben, die Zeit ist gekommen. Wollen doch mal sehen, was ich da so alles in die Schlacht führen werde.
Er schlenderte zum Balkon seines Privatgemachs, vorbei an dem Porträt, das er vor kurzem noch in Auftrag gegeben hatte, und blickte in den riesengroßen Schloßhof hinab. Und als er jetzt alle vor sich sah, die er in wenigen Stunden schon zum Tor hinaus und in die Schlacht führen sollte, zwirbelte er sich zufrieden den Schnauzbart.
In Scharen
Weitere Kostenlose Bücher