Firkin 2: Die Frösche des Krieges
Beine los und packte die Fußknöchel – ein Ruck, und sie hatte Firkin dem Rachen des Nydds entrissen. Sie stürzten in das trübe grüne Wasser des Flusses, vorbei an unzähligen olivgrünen Schuppen. Courgette packte im letzten Augenblick noch den Baumstamm, klammerte sich verzweifelt daran fest und verhinderte so, daß sie und Firkin von der Strömung mitgerissen wurden – wie wedelnde Tangstreifen hingen sie im Wasser. Courgettes Schultergelenk knackte, Firkin zog und zerrte, er wand und drehte sich und versuchte den Stamm zu erreichen.
Stromaufwärts wendete der Flußnydd und tauchte lautlos unter.
Mit viel Gestrampel, Treten und Stoßen schaffte es Courgette endlich, Firkin aus dem Wasser und auf den Baumstamm zu hieven. Schwer keuchend klammerte sie sich fest.
Im trüben grünen Wasser erspähte der Flußnydd zwei strampelnde schlanke Beine. Ein Anblick, nach dem sich jeder Wasserdrache die Flossen geleckt hätte! Er gab Gas …
Wie es ihm gelang, die dafür erforderliche Kraft aufzubringen, das sollte Firkin für immer ein Rätsel bleiben. Er packte Courgette an der Schulter und wuchtete sie auf den Baumstamm. Im selben Augenblick tauchten urplötzlich links und rechts von ihnen zwei riesige Zähne aus dem Wasser und bohrten sich tief ins Holz – genau dort, wo sich vor nicht einmal einer Sekunde Courgette noch festgeklammert hatte. Sie schrie. Einer der unzähligen rasiermesserscharfen Zähne riß ihr die Haut an der Schulter auf. Literweise strömten Flußwasser und Speichel in den aufgerissenen Rachen der wie besessen um sich schlagenden Riesenechse. Firkin und Courgette nutzten die Chance und warteten keinen Augenblick länger. Während das Ungeheuer wütend brüllte und beim Versuch, die Maulsperre loszuwerden, das Wasser peitschte, rannten sie blindlings davon und sprangen ans Ufer, wo sie zusammenbrachen und tropfnaß und keuchend liegenblieben. Courgette preßte sich an den Boden, schrie wie verrückt und japste und schnappte nach Luft. Aus der Wunde an ihrer Schulter sickerte Blut.
Der Flußnydd riß die Zähne aus dem Holz und stahl sich davon. Er wußte, daß es wenig Sinn hatte, einem verpaßten Mittagessen eine Krokodilsträne nachzuweinen; er war zutiefst in seinem Reptilienstolz verletzt und zog sich zurück, um seine Wunden zu lecken.
Ein paar hundert tief in den Baumstamm eingekerbte Bißspuren, ein Blutfleck und zwei Kinder, die zitternd am Ufer standen – das war alles, was noch darauf hindeutete, daß dieses entsetzliche Ereignis überhaupt stattgefunden hatte.
Firkin setzte sich auf, umklammerte die Knie und starrte Courgette sprachlos an. Er war fassungslos, es wollte ihm nicht in den Kopf, wie sie die Situation gemeistert hatte.
»Hast du das aus deinen Büchern gelernt?«
»Nein. Ich, äh, ich glaube, irgend etwas in mir drinnen hat einfach ›Klick‹ gemacht.« Sie wischte sich die nassen Haare aus den Augen und blickte zu Hogshead auf.
»Ist alles in Ordnung mit dir?« wollte Dawn wissen.
»Ich glaub schon«, sagte Firkin. »Ich verstehe nicht, daß ich etwas so Großes nicht gesehen habe. Ich war wie gelähmt …«
Praxx trat hinter einem kleinen Busch hervor, zeigte auf den Baum, der über dem Fluß lag, und grinste wie ein Zauberkünstler auf der Bühne einer billigen Schaubude. »Ta-naa, ta-naa, ta-naaa!« sang er – es hätte vermutlich ein Tusch sein sollen. »Der Weg nach Rom!«
»Was?« Hogshead glotzte den untersetzten Thaumaturgischen Physiker an, als hätte der ihm die Butter vom Brot geklaut.
»Ich will aber nicht nach Rom«, wimmerte Dawn.
»Nein, nein!« Praxx hörte sich an, als wäre sehr zufrieden mit sich. »Nein … viele Wege führen nach … Wißt ihr noch?«
»Was ist denn das für einer?« fragte Firkin verdutzt.
»Also«, sagte Courgette, »ich hab ja schon einiges darüber gelesen, wie man jemanden über einen Fluß bringen kann. Aber auf diese Weise – das ist ja wohl das Dämlichste …«
»Du erinnerst dich also tatsächlich! Exzellent!« fiel ihr Praxx ins Wort und bremste damit eiligst etwas ab, das sich vermutlich zu einer fürchterlichen, unverschämten und beleidigenden Tirade entwickelt hätte. »Jetzt aber schnell ins Warme, bevor ihr euch noch den Tod holt«, fügte er dann noch hinzu. Er sagte es mit einer Stimme, die so tröstlich und heimelig war wie die Atmosphäre, die jeder an seinem Lieblingssofa sosehr schätzt.
Und bevor Courgette noch einmal hätte ausholen können, um ihm die Meinung zu geigen, klopfte er mit
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