First Night - Der Vertrag (German Edition)
Servieren helfen würde.
Brockmann hatte nur gesagt „Kein Problem!“ und als Julia um kurz nach zwei zu Hause auftauchte, um noch in aller Eile zu duschen und sich umz uziehen, da hatte Benni seinen Rucksack schon gepackt: Zahnbürste, Waschzeug, Gameboy und ein paar Bücher, mehr brauchte er nicht. Er hatte für die Babysitterin unbekannterweise ein Bild gemalt und ihr einen selbstgedichteten Vers über einen Apfelkuchen darauf geschrieben.
Julia hatte sich am Freitagabend noch zu einem Spontaneinkauf hinreißen lassen und dreihundertfünfzig Euro von ihrem überschweren Bankkonto a bgehoben. Und jetzt war sie von Kopf bis Fuß neu angezogen.
Sie trug eine neue enge Hüftjeans, dazu ein enganliegendes schwarzes Shirt und ein lindfarbenes Bolerojäckchen aus feinstem Kaschmir und für darunter hatte sie sich ein paar neue Stringtangas aus cremefarbener Spitze gekauft und dazu einen passenden hauchdünnen BH.
Ihr dunkelbraunes Haar flocht sie zu einem lockeren Zopf, der ihr weit über den Rücken reichte , und als einziges Make-up trug sie einen dezenten Lippenstift und etwas Wimperntusche auf und fertig. Das Ganze dauerte keine zehn Minuten und sie war wirklich zufrieden mit dem Ergebnis. Als Brockmann pünktlich an der Wohnungstür klingelte, schlüpfte sie gerade noch in ihre neuen Pumps und steckte sich die beiden Creolen in die Ohren.
Natürlich sah sie nicht aus wie eine dreißigjährige Staranwältin oder wie die distinguierte Frau Raschberg. Sie sah aus wie eine junge Frau, die ziemlich begierig darauf war, all diese Klamotten so bald wie möglich wieder ausz uziehen. Ihr Gepäck passte in ihre Umhängetasche. Weil sie ja keine Ahnung hatte, wo Thomas mit ihr hinwollte, hatte sie auch nicht mehr als nur Unterwäsche zum Wechseln und eine Zahnbürste eingepackt.
„Guten Tag, ich bin Eric!“ , stellte sich Brockmann dem Jungen vor, aber Benni erinnerte sich natürlich noch genau an den Mann.
„Warum hast du gesagt, dass du vom Jugendamt bist?“
Brockmann fühlte sich ernsthaft in der Bredouille und schaute entschuldigend zu Julia, während er umständlich erklärte:
„Na ja, ich sollte vor ein paar Wochen mal Informationen über deine Tante einholen und da habe ich eben ein wenig geschwindelt. Bist du sauer?“
Obwohl Julia diese Story zum ersten Mal hörte, konnte sie sich natürlich denken, warum Brockmann hier herumgeschnüffelt hatte. Irgendwie musste Thomas ja herausgefunden haben, wer die Putzfrau auf seiner Herrentoilette gewesen war und wo sie wohnte. Was sie viel mehr entsetzte, war die Tatsache, dass Benni ihr rein gar nichts von der Begegnung erzählt hatte. Hielt er noch mehr solche Zwischenfälle geheim? Was wäre, wenn plötzlich ein paar Russen vor der Tür stünden? Sie nahm sich vor, mit ihm ein paar Takte zu reden, morgen Nachmittag, wenn sie wieder zurück war.
„Nö, bin nicht sauer. Ich wusste auch so, dass du kein Böser bist. Weißt du, warum?“
„Nö!“
„Weil du ganz schlecht lügen kannst.“
„Das stimmt sogar!“, gab Brockmann lachend zu. „Aber du solltest dir merken, nicht jeder, der ein schlechter Lügner ist, ist deswegen ein guter Mensch.“
Damit nahm er den Pimpf auf den Arm und trug ihn die Treppe hinunter. Und er trug Benni auch wieder die Treppe hinauf, in die zweite Etage des schönen Altbaus am Prenzlauer Berg, in dem Isabel wohnte. Isabel riss freudig die Wohnungstür auf, sah Brockmann mit dem Kind auf dem Arm und erstarrte. Brockmann erstarrte auch und vor lauter Erstarren sagte niemand ein Wort. Julia hatte das untrügliche Gefühl, dass sich hier gerade zwei Menschen gegenüberstanden, die sich gut kannten, ziemlich gut sogar.
Und dann sagte Isabel „Eric?“ und Eric sagte „Isi!“ und dann sagte keiner mehr etwas und Julias unbehagliches Gefühl verstärkte sich.
„Ähm, so ein Zufall!“, krächzte Isabel mit einer Stimme, in der man das Wummern ihres Herzschlags hören konnte.
„Ja, ein Zufall!“, stammelte Brockmann. „Das muss Jahre her sein.“
„Elf!“
„Ja …“ Er strich sich über seinen kahlen Schädel und sagte: „Ähm … du siehst toll aus … echt. Wohnst du hier?“
Das war genau die Art von saudummer Frage, die man stellte, wenn man nicht wusste, was man sonst sagen sollte oder wenn man vor lauter Oh-Shit-Gedanken keine anderen vernünftigen Gedanken mehr fassen konnte.
„Ja, ich wohne hier. Ich … ich …“ Sie zeigte mit dem Finger zwischen Julia und Brockmann hin und her. „Seid ihr beide etwa
Weitere Kostenlose Bücher