First Night - Der Vertrag (German Edition)
Visitenkarte über den Schreibtisch, vor der sie förmlich zurückzuckte.
„ Melden Sie sich morgen in der Rechtsabteilung bei Expiron und sagen Sie, dass ich Sie schicke.“
Er zwinkerte Isabel verschwörerisch zu , bevor er Julia zur Tür hinausschob, an einer versteinerten Astrid Raschberg vorbei.
Julia fielen alle möglichen Dinge ein, die sie Thomas angesichts dieses Wahnsinnsauftritts gerne um die Ohren gehauen hätte. Allen voran, dass er nicht so hätte übertreiben sollen und dass er sich gefälligst nicht in ihr Praktikum einmischen sollte und dass er doch nicht einfach mir nichts, dir nichts eine renommierte Anwaltskanzlei plattmachen konnte und dass sie vor allem ganz bestimmt nicht seine künftige Ehefrau sei. Aber all das sagte sie nicht, weil ein anderer Gedanke in ihr viel zu übermächtig war und den musste sie einfach loswerden.
„Oh! M ein! Gott! Das war so cooool!“
Sie warf die Arme um ihn und gab ihm einen stürmischen Kuss auf die Wange. Ja, das entgleiste Gesicht der Raschberg war wirklich unbezahlbar gewesen und er fand sich selbst ziemlich cool. Zumal damit bei Julia ho ffentlich jeder Zweifel ausgeräumt war, was ihn und diese grauenvolle Frau anging. Er streichelte ihren Nacken und lächelte zufrieden, während der Steinzeitmann in seinem Innern laut und übermütig jubelte.
„Sie sollten besser nicht vor die Tür gehen, Herr Mahler!“ Eric stellte sich ihnen beiden in den Weg. „Da draußen hat sich ein ganzes Rudel an Repo rtern versammelt. Irgendwie müssen die mitgekriegt haben, dass Sie hier sind.“
War es möglich, dass die Raschberg in ihrer Selbstüberschätzung auch gleich noch die Presse verständigt hatte, um ihren vermeintlichen Mittagsfick zu feiern? Oder wohl eher, um die Kanzlei ihres Mannes mit seinem Namen in Verbindung zu bringen und damit Werbung machen zu können. Diese Kuh! Aber wie auch immer, er würde sich ganz sicher nicht mit Julia in dieser Kanzlei verscha nzen.
„Nein, wir bringen das hinter uns, und dann geh‘ ich mit Julia essen.“ Und mit diesen Worten schob er Julia auf den Haupteingang zu.
„Ich hab keinen Hunger!“, beteuerte sie schnell.
Sie hatte nicht nur keinen Hunger, sie hatte eine Heidenangst davor, mitten in einen Schwarm von Reportern hineingeschoben zu werden, ganz zu schweigen von dem Risiko für Thomas. Was wäre, wenn dort irgendwo ein Scharfschütze von Morosow lauerte, der nur auf eine solche Gelegenheit wartete?
„Kugelsichere Weste an?“, fragte Thomas mit scherzhaftem Tonfall an Eric gewandt, aber vor Schreck wurden Julia die Knie weich und hätte Thomas sie nicht festgehalten, wäre sie garantiert gestolpert und gefallen.
„Keine Angst“, flüsterte er ihr zu, „das ist in ein paar Minuten vorbei.“
Er nahm ihre Hand und verflocht seine Finger mit ihren und dann stieß er die Glastür nach draußen auf wie ein Cowboy, wenn er den Salon betritt, um eine zünftige Schießerei anzufangen. Sie waren sofort von Kameras und Mikrofonen umringt und zwanzig verschiedene Stimmen riefen: „Herr Mahler! Herr Mahler!“ oder „Herr Mahler, eine Frage!“ oder „Herr Mahler, ein Satz zu Ihrem Erdöl-Deal!“
Eric scannte mit seinem Blick die Umgebung und wünschte sich, Silvio w äre hier. Ein einziger Bodyguard war auf offener Straße und in dem Gewühle von Menschen zu wenig. Julias ängstlicher Blick tat genau dasselbe, auch wenn sie ungeübt war und keine Ahnung hatte, worauf sie überhaupt achten musste, um einen möglichen Attentäter in dieser Meute an Menschen erkennen zu können, so schaute sie doch jeden einzelnen Reporter genau an, schaute jedem Passanten hinterher und ließ ihre Augen über die gegenüberliegende Häuserzeile gleiten und folgte jedem vorbeifahrenden Auto. Und dabei fühlte sie sich so hilflos und ausgeliefert wie noch nie.
Wenn sie je noch einen winzigen Zweifel daran gehabt hatte, ob ihr Treffen mit Morosow richtig war, so waren diese Zweifel in diesem Moment ko mplett beseitigt. Solange dieser Morosow frei herumlief und Thomas oder Benni bedrohte, konnte sie nicht tatenlos zusehen und abwarten.
Aber Gott sei Dank passierte nichts Schlimmes. Die Kameras und Mikrof one waren alle direkt auf Thomas gerichtet und er gab ein paar nichtssagende Antworten zu seinem Erdölvertrag. Wenn es Fragen zu dem geplatzten Gasgeschäft mit Bodjanski und der GAZ-Trans gab, wich er ihnen gekonnt aus oder er redete wie ein geübter Politiker so lange um den heißen Brei herum, bis die Reporter hinterher
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