First Night - Der Vertrag (German Edition)
ihn nicht in Julias Schlafzimmer lassen. Zum Wohle des Jungen ebenso wie zu dem seines Chefs. Mahler war vor einer Viertelstunde heimgekommen und im Augenblick brodelte er vor Wut. Nichts würde seiner schlechten Laune noch mehr Nahrung geben als ein Siebenjähriger, der sich in Julias Bett breitmachte.
Als er nach Hause gekommen war, war Thomas ja noch bestens gelaunt, wenn auch reichlich ungeduldig gewesen.
„Hat sich Julia schon gemeldet?“
Er hatte den Kopf in Erics Zimmer gesteckt und gefragt und dabei nervös auf die Uhr geschaut. „Sie hatte den Termin mit der Pflegerin doch schon um sieben. Wie lange kann das dauern, um so eine verdammte Altenpflegerin einzustellen? “
Thomas hatte die Krawatte bereits hinter sich geworfen. An seinem rechten Zeigefinger ließ er ein kleines, in goldenes Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen baumeln. Eric wusste, dass es diese albernen Babyschuhe waren, mit denen kein Mensch etwas anfangen konnte, außer vielleicht ein werdender Vater. Neugeborene brauchten überhaupt keine Schuhe.
„Es ist erst kurz nach acht!“
Eric brauchte dem Boss nicht die Uhr zu erklären, der schaute inzwischen schon zum dritten Mal auf seine Rolex.
„Schläft der Junge schon?“
„Wie ein Murmeltier. Silvio hat sowas wie eine Babyphonleitung zu sich in sein Apartment gestellt!“
„Gut! Gut! Ich zieh mich um!“
Mann oh Mann, der Boss war nervös wie ein frisch verliebter Teenager, dabei lief doch jetzt alles wie geschmiert, bis auf eine klitzekleine Kleinigkeit und die hieß Morosow.
„Herr Mahler, es gibt ein paar extrem wichtige Punkte, die ich über Morosow herausgefunden habe, die Sie unbedingt wissen müssen.“
„Hat das nicht Zeit bis morgen?“ Thomas wollte duschen, sich rasieren und sein bestes Eau de Toilette auflegen.
„Es ist wirklich dringend und es geht um Julia.“
Und damit hatte Eric das Ohr und die Aufmerksamkeit des Chefs. Es hatte nicht mal zehn Minuten gedauert, um dem Mann die Geschichte von Julias Schwester und ihrer Arbeit für den BND zu erklären und ihn in deren zweifelhaftes Verhältnis zu Morosow einzuweihen. Er hatte sofort verstanden, dass Benni in größter Gefahr war und mit ihm Julia.
„Wir brauchen zwei weitere Bodyguards. Mindestens einen für den Jungen und einen für Julia. Und ich hab’ keine Ahnung, wie man der Kleinen das schonend beibringen soll.“ Mit diesem Satz beendete Eric seinen erschütternden Bericht.
„ Mit Julia rede ich selbst. Ich … ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht, ob man ihr das im Augenblick zumuten kann. Was die Bodyguards angeht, tun Sie, was Sie für richtig halten. Engagieren Sie, wen immer Sie benötigen, um Julias Sicherheit zu gewährleisten“, sagte Thomas und wandte sich schon zum Gehen, da fiel ihm noch etwas ein – nur so ein spontaner Gedanke, eine Eingebung.
„Haben Sie eigentlich mit Seidlitz gesprochen und ihn gefragt , warum er neulich diese Kiste mit Morosows Besuch bei Julias Vater verschwiegen hat?“
Thomas hatte Julias Erkundigungen beim „Mittagessen“ nicht wirklich ernst genommen, aber als er dann wieder zurück in seinem Büro war und wieder etwas klarer denken konnte, hatte er das Gespräch noch einmal rekapituliert und sich nachträglich gewundert, warum sie überhaupt danach gefragt hatte. Was hatte sie ihm zu verstehen geben wollen? War das ein verklausulierter Hinweis auf irgendeinen Verräter gewesen, so wie sie ihm klargemacht hatte, dass Federer ihn betrog?
„Er hat behauptet, er hätte Ihnen von den Russen erzählt , aber Sie wären total zerstreut gewesen und hätten gar nicht richtig zugehört.“
„ So ein Quatsch! Das haben Sie doch hoffentlich nicht geglaubt?“
„Ehrlich gesagt, doch, Herr Mahler. So wie Sie während dieser Zeit drauf waren, wegen Julia, meine ich, klang das durchaus plausibel für mich.“
„Haben Sie bei Seidlitz einen Background-Check gemacht, bevor Sie ihn engagiert haben?“
„Nein, ich habe ihn aufgrund der Empfehlung eines sehr vertrauenswürdigen Freundes aus meiner Bundeswehrzeit genommen.“
Eric fing an, sich über Mahlers Fragen, aber auch über Silvio zu wundern. Was, wenn er wirklich Morosows Besuch verschwiegen hatte? Dieselben Gedanken schienen auch Mahler durch den Kopf zu gehen, denn sein Gesicht war nun von dunkel vor Wut.
„Rufen Sie den Mann an, er soll heraufkommen. Ich will ihn spätestens in einer halben Stunde sprechen. Der hat nur ein Glück, dass er Julia heute hierhergebracht hat, sonst würde ich
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