First Night - Der Vertrag (German Edition)
wirklich gut aus, so groß und unglaublich männlich!“ oder „Er hat mir schon wieder etwas geschenkt!“ .
Am 19. September stand dann der überraschende Eintrag:
„Oh Gott, ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt! Was für ein Mist!“
Warum sollte Marie ihr Verliebtsein als Mist empfunden haben? War das nicht immer der schöne Anfang einer Beziehung und erst danach kam der Mist? Genau vier Wochen später schrieb sie dann den nächsten verwirrenden Eintrag:
„Scheiße, ich bin schwanger. Wenn sie davon erfahren, ist es aus.“
Dass Marie über eine Schwangerschaft nicht gerade erfreut war, konnte Julia ja noch nachvollziehen, aber warum schrieb sie „ Wenn sie davon erfahren, ist es aus !“? Warum schrieb sie nicht er ?
Wer waren sie ?
Von Oktober bis Januar ging es in Maries Tagebüchern nur um ihren G esundheitszustand. Die Schwangerschaft hatte ihr sehr zugesetzt, sie hatte jeden Tag gebrochen, hatte öfter vorzeitige Wehen und musste in den letzten acht Wochen im Bett liegen. Ihren Job bei der Airhansa hatte sie vorher schon gekündigt, was eine riesengroße Dummheit war, wie Julia inzwischen mit juristischem Fachverstand wusste. Als schwangere Mitarbeiterin wäre sie unkündbar gewesen.
Es war für Julia schrecklich, Maries Lamento über ihre Schwangerschaft zu lesen. In ihren Eintragungen verfluchte sie andauernd ihr Kind, nannte es e inen Eindringling, einen Fremdkörper und Alien in ihrem Bauch. Als Julia in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag diesen Text las, fing sie bitterlich zu weinen an. Sie hatte nicht einmal ansatzweise geahnt, wie schlecht es ihrer Schwester damals gegangen war und wie sehr sie ihre Schwangerschaft gehasst hatte.
Nachts um 2 Uhr kam Julia zu dem Ergebnis, dass Bennis Papa wahrschei nlich irgendein beliebiger Promi war, der nie von Maries Schwangerschaft erfahren hatte, und dass sie wirklich aufgrund einer Wochenbettdepression aus dem Fenster gesprungen war. Das erklärte allerdings nicht den älteren Herrn (es sei denn, der wäre groß und männlich), der sie kurz vor ihrem Tod besucht hatte, und es erklärte gleich gar nicht den Eintrag vom 19. April 2005:
„Er war hier. Er hat herausgefunden , wo ich wohne, und er war außer sich, dass ich ihm nichts von dem Baby gesagt habe. Ich dachte, er bringt mich um. Da habe ich ihm einfach alles erzählt. Er war zuerst stinkwütend, aber dann hat er gesagt, ich brauche keine Angst zu haben. Er kümmert sich um alles. Oh Gott, ich liebe ihn!“
Nein, dieser Eintrag klang ganz und gar nicht nach einem Vater, der sich für sein Kind nicht interessiert , und er klang auch nicht nach einer Frau, die so verzweifelt ist, dass sie ein paar Wochen später aus dem Fenster springt.
Julia hatte die drei entscheidenden Tagebücher eingepackt und sie am Freitag mit zu Debby genommen. Sie hatten eine ganze Weile zusammen da rüber gebrütet und gerätselt und Julia hatte ein paar überflüssige, aber sehr befreiende Tränen vergossen. Dann hatte Debby ihr versprochen, sie würde bei der Airhansa noch mal ein paar unauffällige Hintergrundrecherchen bezüglich deren VIP-Gäste durchführen und damit hatten sie sich bis zum übernächsten Wochenende voneinander verabschiedet.
Nein, Julia war ganz und gar nicht ausgeglichen, als Brockmann sie zum Flughafen brachte, sie war total verwirrt , wegen Maries Tagebüchern und total verunsichert wegen der bevorstehenden Nacht mit Thomas Mahler.
***
Er wartete im Flugzeug auf sie. Natürlich war dieser Privatjet einfach unglaublich. In seinem Passagierraum war er eingerichtet wie ein Luxuswohnzimmer. Es befanden sich vier fette Ledersitze im mittleren Bereich des Flugzeuges, die wie für eine Konferenz angeordnet waren, und im hinteren Bereich war eine Art Sofa oder Diwan mit zwei gegenüberliegenden dicken Sesseln aus elfenbeinfarbenem, weichem Leder. Dort saß Thomas und am Eingang stand ein Steward, der Julia mit einem überfreundlichen Lächeln anstrahlte. Genau wie im Film, dachte Julia und war nur noch mehr irritiert. Brockmann führte sie in das Flugzeuginnere und verschwand dann nach vorne im Cockpit. Thomas erhob sich und begrüßte sie mit einem Handkuss.
„Setz dich und schnall dich an. Wir starten in wenigen Minuten.“ Er klang ruhig und freundlich, gerade so , als würde er jeden Tag mit einer gekauften Jungfrau verreisen. Und sie? Sie war so unsäglich nervös, dass ihre Finger zitterten und kalt wie Eis waren, während ihre Kehle völlig ausgetrocknet
Weitere Kostenlose Bücher