First Night - Der Vertrag (German Edition)
Raschberg zu, eine Handbreit an Julia vorbei. Er roch ihr Parfum, das nicht zu süß und nicht zu blumig war. Klassisch, schlicht und echt, wie alles an ihr. Er bräuchte nur die Hand auszustrecken, sie an sich reißen und sie küssen, so tief und gründlich, dass ihr die Knie weich würden und dann könnte er sie einfach nehmen und mit ihr diese erbärmliche Veranstaltung verlassen. Dieser ganze bürgerliche Kleinkram interessierte ihn nicht im Mindesten. Er war nur ihretwegen hier.
Aber nein, sie bestand ja auf Diskretion und noch mal Diskretion. Dann sol lte sie sie eben bekommen, ihre bescheuerte Diskretion. Aber das würde ihn nicht davon abhalten, sie zu sehen und in ihrer Nähe zu sein, wann er wollte und solange er wollte.
Raschberg Senior überschlug sich beinahe vor Ergebenheit. Wenn man b edachte, was für ein arrogantes Verhalten er normalerweise zeigte, dann war das ein markanter Persönlichkeitswandel. Raschberg Junior hingegen zeigte sich als großes Organisationstalent und hatte sofort ein Glas Sekt parat, das Thomas nicht einmal eines Blickes würdigte. Nein, er wollte auch nichts essen, er hatte bereits im Flugzeug gegessen.
Dann wurden die Ehefrauen vorgestellt, Frau Raschberg Senior war z urückhaltend und sagte nichts weiter als ihre Begrüßungsformel, aber Frau Raschberg Junior war sich natürlich ihrer Attraktivität bewusst und kokettierte sofort. Sie strich sich die Haare zurück, leckte sich die Lippen, öffnete den Mund ein klein wenig und schenkte ihm einen intensiven Blick, der ihm sagte: Jederzeit, wenn du Lust hast.
Er kannte diese Körpersprache. Alle Frauen benahmen sich in seiner Nähe so. Nun ja, fast alle. Julia war wirklich keine Meisterin im Flirten. Si e hielt den Blick meist gesenkt und wollte lieber gar nicht von einem Mann gesehen werden. Ihm war das sehr recht. Sie brauchte mit niemandem zu flirten. Es reichte völlig, wenn sie nur ihm in die Augen schaute, beim Sex.
Kaum hatte er das nonverbale Angebot von Frau Raschberg mit hochgez ogenen Augenbrauen quittiert, da fing auch schon der Junior an, wirres Zeug zu plappern. Er redete über sich selbst und darüber, dass er als Referendar mal einen Fall im Zusammenhang mit der Expiron Research Group zu bearbeiten hatte, bei dem es um einen Patentrechtsstreit ging, und das sei genau damals gewesen, kurz nachdem er in St. Moritz zum Sky-Diving gewesen sei und das wisse er zufällig genau, weil sein bester Freund, der jetzt einen sehr einflussreichen Posten in der… bla, bla, bla.
Thomas sagte wenig und hörte auch kaum zu. Er beobachtete, wie sich seine Königin durch das Gewühl der Menschen schlängelte, um die beiden Partner zu holen. Er sah die beiden bedeutungslosen Partner nicht einmal an, als sie ihn begrüßten, sondern folgte Julia mit den Augen. Sie ging an den Anwälten und an ihm vorbei zu einer Rothaarigen, die in ungefähr fünf Metern Entfernung wie ein Häuflein Elend auf einem Tisch hockte, und redete mit großer Bedachtsamkeit auf die Frau ein.
Der alte Raschberg schwatzte weniger bedachtsam. Er kam jetzt auf das Immobiliengeschäft zu sprechen. Er habe das größte Fachwissen im Grun dstücksverkehrsrecht, behauptete er und Mahler habe schließlich das Geld, um es in den Immobilienfonds zu investieren und sein Erscheinen signalisiere ja, dass der schon mehrfach unterbreitete Vorschlag seiner Kanzlei über ein Immobilienkonsortium nun doch endlich beim Vorstand von Expiron angekommen sei … und noch mehr bla, bla, bla.
Thomas überlegte, wie er näher an Julia herankommen konnte. Er hatte sich bei dem endlos langen Flug ausgemalt, wie er sie zur Begrüßung küssen würde. Er hatte sich vorgestellt, wie er seine Hände in ihrer unsäglichen Haarpracht vergraben würde und seine Zunge in ihrem Mund. Eine Vorstellung, die ihn beinahe genauso erregte wie die Erinnerung an ihren Anblick, nackt auf dem weißen Bett in Lugano.
„Ich möchte tanzen!“, verkündete er und unterbrach damit rüde den Imm obilienvortrag von Raschberg Senior. Die junge Frau Raschberg fühlte sich eindeutig angesprochen und machte sich bereit für die Tanzfläche, aber ihr Gesicht fror förmlich ein, als Thomas an ihr vorbei auf Julia zuging. Er verneigte sich knapp vor ihr, nahm ihre Hand und küsste sie unendlich sanft und sagte nur: „Wir tanzen.“
„Das ist der Hai!“, rief ihre rothaarige Freundin erfreut. „Das ist der Hai, von dem ich die ganze Zeit rede!“
Julia sagte gar nichts, sie war angespannt wie eine
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