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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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Gespräch einfach auf. Dass ich wie ein Trottel dastehe, ist mir egal.
    Und dieser Trottel betrachtet sich jetzt im Spiegel und grinst. Den Spiegel habe ich angebracht, weil es nicht schaden kann, zwischendurch mal einen Blick auf sich zu werfen. Ich habe einen Campingkocher aufgestellt, so können Mirko und ich uns mittags Nudeln und abends Fleisch kochen. Der Einfachheit halber esse ich das, was Mirko isst. Er hält strenge Diät, auch wenn alle sagen Mensch Mirko, iss doch, worauf du Lust hast, Eis und Torten und Lasagne . Aber nein, er ist ein Sturkopf und beharrt darauf, und jeden Tag holen ihn mein Vater oder Tiziana mit dem Auto ab und bringen ihn zur Reha. Die Ärzte sagen, er könnte es schaffen, aber sie meinen damit, dass er es schaffen könnte, eines Tages nicht mehr zu hinken. Die Möglichkeit, dass er jemals wieder Rennen fahren könnte, ziehen sie gar nicht in Betracht.
    Dafür ist Mirko umso fester davon überzeugt. Er liest Bücher über Radsport, und wir haben uns die ganze Tour de France zusammen angesehen. Ich habe einen Fernseher auf den Ladentisch gestellt, und obwohl es hier so eng ist, verfolgen wir alle Etappen. Meist kommt Mazinga dazu, der sich eine ganze Weile nicht hat blicken lassen, dann aber eines Tages den Kopf durch die Tür steckte. Mirko hat ihn begrüßt und sich für jene Nacht bedankt, weil sie so überaus wichtig für ihn gewesen sei. Mazinga sagte ICH-HABE-DICH-NICHT-VERPRÜGELT, und Mirko antwortete Macht nichts, Signore, ich danke Ihnen trotzdem .
    Jetzt aber Schluss mit dem Gelaber und der Spiegelguckerei. Ich zieh mir die kurze Hose und das Carcass-T-Shirt an und verabschiede mich von Mirko, der im Mannschaftstrikot die »Gazzetta dello Sport« liest. Tiziana erwartet mich in zehn Minuten vor ihrem Büro, und ich bin mir sicher, dass ich singend die Hauptstraße runterdüsen werde.

DER ZUG HÄLT NUR NOCH EINMAL
    Was meinst du, Tiziana, interessiert dich das? Soll ich mich für dich mit erkundigen?
    Eine Mail von Cheryl aus Birmingham. Du hast Ja gesagt.
    Okay, sieht aus, als könnten wir’s probieren, melden wir uns an?
    Und auch diesmal hast du Ja gesagt. Eine Anmeldung kostet schließlich nichts.
    Hey, Tiziana, sieht aus, als würden die uns tatsächlich nehmen .
    Und du hast zurückgemailt Erzähl keinen Unsinn, das glaub ich nicht . Es klang wirklich zu unwahrscheinlich, aber heute kam noch eine Mail von Cheryl, eine mit zehn Ausrufezeichen im Betreff und vielen weiteren im Text: dass der Professor das Forschungsprojekt interessant fände und sogar EU-Fördergelder bereitstünden. Sie schlug vor, ihr solltet euch Ende August in Berlin treffen und gemeinsam eine Wohnung suchen. Ein Aufbruch zu neuen Ufern.
    Denn alle brechen auf zu neuen Ufern, Tiziana. Du bist aus dem Zug gesprungen, kurz bevor er in die wichtigen Bahnhöfe einfuhr, und in diesem öden Kaff hinterm Mond gelandet. Wie ein Dummkopf, der den Anschluss verpasst hat und den erstbesten Passanten fragt Verzeihung, wo sind wir hier eigentlich?
    Und doch: Aus irgendeinem wundersamen und unbegreiflichen Grund hat der Zug eine Schleife gezogen und kommt ein zweites Mal vorbei, so dass du wieder einsteigen kannst, auch wenn du es gar nicht verdient hast.
    Das Verrückte dabei ist, dass du dir nicht mal sicher bist, ob du diese Chance wirklich nutzen sollst.
    Denn eigentlich geht es dir gar nicht schlecht hier, es geht dir sogar ziemlich gut. Anfangs nicht, aber inzwischen hast du dich eingelebt. Du gehst mit Fiorenzo aus, der eine Hand und dreizehn Jahre weniger vorzuweisen hat als du, und je öfter ihr euch trefft, desto weniger absurd kommt dir eure Beziehung vor.
    Zwischen euch gibt es einen Haufen Unterschiede, gewaltige Unterschiede. Für die anderen mag das ein Problem sein, für dich nicht, jedenfalls nicht mehr so wie am Anfang. Klar machst du dir Gedanken, das kannst du nicht leugnen. Die Zweifel sind da, aber sie melden sich nur noch sehr verhalten. Denn endlich hast du auch mal das Gefühl, dass du dich wohlfühlen kannst, vor allem, wenn du aufhörst, gegen dich zu arbeiten.
    Und nun diese Mail. Das Spiel wird kompliziert.
    Stimmt schon, im Moment geht es dir gut, aber das Leben ist nicht nur dieser eine Moment. Die Zeit bleibt nicht stehen, und während Fiorenzo sich weiterentwickelt und seinen Blick erweitert und viele neue Dinge entdeckt, bist du, ob du es wahrhaben willst oder nicht, schon fast auf dem absteigenden Ast.
    Vor allem, wenn du in dem belämmerten Nest hier hängen bleibst.
    Dieses

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