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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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Problem hast du bisher immer verdrängt und dir gesagt Mag sein, aber jetzt will ich erst mal zusehen, dass es mir hier und heute gut geht . Nur dass es jetzt jenseits des Hier und Heute ein Dort und Dann gibt: Berlin und die Aussicht auf eine berufliche Zukunft in dem Bereich, in dem du spezialisiert bist. Dafür hast du schließlich studiert, davon hast du geträumt, als du dich an der Universität immatrikuliert hast.
    Wie kannst du, verdammt noch mal, jetzt an das Hier und Heute denken?
    Du liest die Mail noch mal, diese Mail mit den vielen Ausrufezeichen. Dann noch mal und dann zum dritten und zum vierten Mal und noch mal und noch mal. Vielleicht weil du insgeheim hoffst, dass am Ende etwas anderes drinsteht.

IN BERLIN IST ES DOCH VIEL ZU KALT
    Diese Geschichte erzähle ich heute Morgen, denn gestern Abend, als sie passiert ist, hat es mir die Sprache verschlagen. Ich habe nicht mal mehr den Heimweg gefunden und bin zwei Stunden lang ziellos durch dieses Kaff geirrt.
    Zu behaupten, es ginge mir heute Morgen nach dem Aufwachen besser, wäre doppelt falsch. Denn zum einen bin ich nicht aufgewacht, weil ich überhaupt nicht geschlafen habe, und zum anderen geht es mir heute noch schlechter als gestern Abend, weil mir erst jetzt langsam klar wird, was passiert ist.
    »Was heißt das denn, du gehst nach Berlin? Wann, für wie lange und warum!«
    »Fiorenzo, ich weiß es nicht, ich … ich wollte es dir eigentlich gar nicht sagen.«
    »Ah, na super! Du wolltest also einfach abhauen.«
    »Nein, du Dummkopf, natürlich nicht. Ich wollte mir nur selber erst mal klar darüber werden und …« Tiziana hatte gerötete und geschwollene Augen, fehlten nur noch die Tränen. Wir hatten uns vor der Jugendinfo getroffen, schlenderten jetzt aber ohne festes Ziel durch irgendwelche Nebenstraßen. »Ich weiß es nicht, ich weiß noch gar nichts, ich muss es mir erst durch den Kopf gehen lassen …«
    »Das sagst du immer: Dass du nichts weißt und erst nachdenken muss. Aber meiner Meinung nach weißt du schon ganz genau, was du machen wirst.«
    »Das stimmt nicht. Ich muss mich erkundigen, es sind vage Möglichkeiten, die … Aber dann bist du gekommen, und … ich weiß nicht, ich musste es dir einfach sagen.«
    »Aber was eigentlich, Tiziana? Denn ich schwör’s dir, ich hab nichts kapiert. Das heißt, ich hab schon kapiert, dass du von hier weg und in Berlin leben willst. Kann das wirklich sein?«
    Nein, das kann nicht sein. Schon der Gedanke ist heller Wahnsinn. Ich war nie in Berlin, aber es ist bestimmt viel zu kalt dort.
    »Ich weiß es nicht, Fiorenzo, ich weiß es wirklich nicht. Ich muss darüber nachdenken.«
    »Gut. Und wie lange?«
    »Wie lange was?«
    »Wie lange willst du darüber nachdenken.«
    »Nicht lange, Ende des Monats muss ich mich entscheiden.«
    »Ende des Monats?«, habe ich gesagt und gelacht, aber es war das Lachen der Verzweiflung, meine Stimme überschlug sich fast. »Heute ist der neunundzwanzigste, Ende des Monats, das ist jetzt!«
    »Ich weiß, Fiorenzo, ich … ich weiß nicht, ich … Was würdest du machen, wenn sich für deine Band die einmalige Gelegenheit ergeben würde, nach Berlin zu gehen?«
    »Die Metal-Szene in Berlin ist so was von abgefuckt.«
    »Na gut, dann eben eine andere Stadt mit einer starken Metal-Szene. Keine Ahnung. London?«
    »Sagen wir Krakau.«
    »Also gut, Krakau. Mal angenommen, die wollen in Krakau ein Album mit euch aufnehmen, in einem total hippen Studio, was euch den Durchbruch bringen könnte. Was machst du, gehst du da etwa nicht hin?«
    »Klar geh ich hin. Wir nehmen das Album auf, und dann komme ich zurück, ganz einfach.«
    Tiziana antwortete nicht sofort, ihr Blick wanderte zur Straßenecke, aber vielleicht ging er auch nur ins Leere.
    »Ja, Fiorenzo, das ist ganz einfach. Bloß dass ich kein Album aufnehme.« Mehr hat sie nicht gesagt. Viel mehr war auch nicht hinzuzufügen.
    Und so standen wir uns schweigend gegenüber, nur einen Schritt voneinander entfernt. Neben uns war eine Leuchtreklame, eine Werbung für die günstigsten Angebote weit und breit: PREISSCHLAGER ORTHOPÄDISCHE PRODUKTE UND ROLLSTÜHLE. Und TOTALAUSVERKAUF MÄHDRESCHER UND HOCHDRUCKREINIGER. Mit welchem Recht konnte ich von Tiziana verlangen hierzubleiben?
    Ich habe es gewagt, vermessen wie ich bin.
    »Bleib hier, Tiziana, geh nicht weg.«
    »Ich … es … Die Entscheidung fällt mir nicht leicht, wirklich, Fiorenzo, das kannst du mir glauben …«
    »Okay, wie du meinst. Aber

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