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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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haben. Sie machen ein paar Bemerkungen über den kleinen Champion und über das morgige Rennen, nehmen aber sofort das Thema wieder auf, bei dem sie unterbrochen worden waren. Denn heute gibt es eine Geschichte, die sie unbedingt hören möchten, und Divo ist schon fast bei der Pointe.
    »Und was hat der Mistkerl gesagt?«
    »Er hat gesagt, wir sollen uns um unseren eigenen Kram kümmern und nach Hause gehen.«
    »Ich kann’s nicht fassen. So eine Schweinerei. Die kommen hierher und wollen uns herumkommandieren.«
    »Ja, aber ich hab ihm gesagt Hör mal, Freundchen, das hier geht uns sehr wohl was an, wir sind hier zu Hause .«
    »Recht so, Herrgott noch mal! Und er?«
    »Er wollte uns linken, hat eine Riesenzange genommen und sie uns vor die Nase gehalten, als ob er sie uns über den Schädel ziehen wollte. Aber dann hat er kapiert, dass wir zu viele waren …«
    »JA-ICH-UND-BALDATO-WAREN-AUCH-DA-UND-REPETTI«, bestätigt Mazinga mit stolzgeschwellter Brust. Heute trägt er einen orangefarbenen Fleecepulli mit Kapuze und einem Skateboard als Logo.
    »Wir waren vier gegen einen, da hab ich zu ihm gesagt Hör mal zu, Freundchen, einen kannst du vielleicht niederstrecken, aber dann sind wir immer noch zu dritt, und dann wirst du was erleben. Wir machen dich fertig, und dann schmeißen wir dich in den Kanal. Du hast bestimmt nicht mal ’nen gültigen Ausweis, und kein Schwein wird dich identifizieren können. Du wirst enden wie der Unbekannte Soldat! «
    »Ausgezeichnet!«
    »Was hat denn der Unbekannte Soldat damit zu tun«, sagt Baldato, der früher bei der Finanzpolizei war und vor dreißig Jahren aus Caltanissetta hierherkam.
    »Und was hat er dann gemacht?«
    »Er kam direkt auf mich zu. Mit dieser Zange in der Hand. Aber ich bin in Stellung gegangen und hab mich mit den Beinen gut abgestützt. Als ich jung war, hab ich ein bisschen geboxt, ich weiß noch, wie’s geht. Ich bin in Abwehrstellung gegangen, und inzwischen kamen die anderen drei von hinten. Und der Slawe ist ja nicht blöd, er hat sofort kapiert, dass er sich besser nicht mit uns anlegt. Er hat schnell die Straßenseite gewechselt und ist davongerannt wie ein Feldhase.«
    »Gut! Wie eine Kanalratte!«
    »SCHADE-DASS-DIE-POLIZEI-NICHT-VORBEIGEKOMMEN IST.«
    »Und wenn schon, was hätte die denn schon gemacht, die Polizei. Die hätten ihm einen schönen Abend gewünscht und wären weitergefahren.«
    »Stimmt. Die nehmen so welche nicht mal fest. Uns nehmen sie fest, weil sie damit nichts riskieren. Mir haben sie fünfzig Euro aufgebrummt, weil bei meiner Ape der Scheinwerfer kaputt war. Am helllichten Tag, wohlgemerkt! Und derweil lungern da diese Ausländer rum, die Drogen und Krankheiten anschleppen und sich auch noch als die Herren aufspielen.«
    »GENAU-UND-AN-UNS-DENKT-KEINER.«
    »Stimmt«, sagt Baldato. »Uns lassen sie allein.«
    »Ja, Jungs, wir sind aber nicht allein«, sagt Divo. »Wir sind viele.«
    Baldato blickt ihn ernst an und nickt mehrmals. »Und wir haben die Schnauze voll.«
    »Und zwar völlig zu Recht.«
    »UND-WIR-HABEN-JEDE-MENGE-FREIZEIT.«
    Die Alten schauen einander eindringlich an, wortlos. Die Kampfeslust funkelt in ihren vom grauen Star getrübten Augen hinter den getönten Brillengläsern. Wer eine Kappe trägt, nimmt sie ab, sie geben sich die Hand, umarmen einander und klopfen sich dabei auf die Schultern. Baldato streckt den Brustkorb heraus, so tief Luft geholt hat er schon seit Jahren nicht mehr, und skandiert »I-ta-lia, I-ta-lia«. Augenblicklich stimmen die anderen mit ein, der Gesang wird zu einem einzigen Schrei, heiser und inbrünstig. Immer lauter. »I-ta-lia! I-ta-lia! I-ta-lia!«
    »Meine Herren, meine Herren! Was ist denn los?« Tiziana kommt aus dem Büro gelaufen. Sie hat ihre Reportage über die Ausbeutung junger italienischer Arbeitnehmer mitten im Satz unterbrochen. Genau genommen ist sie noch immer beim ersten Satz, und sie brütet schon eine ganze Stunde darüber, aber bekanntlich ist der Anfang das Wichtigste, und wenn du da den richtigen Ton triffst, bist du schon ein gutes Stück weiter.
    »Meine Herren, ich sag es Ihnen jetzt zum tausendsten Mal. Das hier ist ein Informationszentrum für Jugendliche. Ich habe zwar absolut nichts dagegen, dass Sie hierherkommen, aber eigentlich ist es nicht der Sinn der Sache. Deshalb bitte ich Sie, versuchen wir wenigstens nicht allzu sehr aufzufallen. In Ordnung?«
    Die Alten sehen sie an, setzen ihre Mützen wieder auf und tauschen Blicke. Sie brauchen jetzt

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