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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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gut, dann kannst du ja jetzt gehen. Bis die Tage.« Ich verschränke die Arme und blicke ihn streng an.
    Er klappt das Buch zu, legt das Heft darauf. »Aber, Signore …«
    »Aber was.«
    »Also, ich … mein Problem sind die Aufsätze.«
    »Na und?«
    »Ich muss übermorgen einen Aufsatz abgeben.«
    »Und den willst du jetzt schreiben? Wir wollen nicht übertreiben. Heute haben wir das Gedicht besprochen, den Aufsatz machen wir ein andermal.«
    »Ich hab ihn doch schon geschrieben.«
    »Was zum Teufel willst du dann.«
    »Wenn Sie ihn lesen, könnten Sie mir vielleicht …«
    »Jetzt hab ich keine Zeit dafür. Weißt du was, lass ihn hier, ich les ihn später, wenn’s mir passt, okay?«
    Der Trottel nimmt zwei Blätter aus dem Italienischbuch und gibt sie mir. »Danke«, sagt er auch noch.
    Er verabschiedet sich mit einem schiefen Grinsen und dreht sich um. Er braucht eine Weile, um zu checken, wo’s rausgeht, obwohl die Tür direkt vor seiner Nase ist. Und ich muss sagen, als Schauspieler ist er grandios. Wenn man ihn so ansieht, hat man echt den Eindruck, er ist der dämlichste Trottel auf der Welt.
    Statt zu gehen, dreht er sich noch mal um. »Signore …«
    »Was willst du denn noch?«
    »Ich … ich hätte hier alle Aufsätze aus diesem Jahr.«
    »Ach, und was ist damit?«
    »Für Sie, damit Sie sie lesen.«
    »Wozu soll ich die denn lesen?«
    »Wenn Sie mir helfen wollen, ich meine … dann wäre es vielleicht einfacher.«
    »So ein Quatsch, ich kann doch meine Zeit nicht damit verbringen, deine ganzen Aufsätze zu lesen, ich hab ’n Haufen Sachen zu tun. Wie kommst du eigentlich auf solche Ideen?«
    »Ich weiß nicht, ich … ich dachte, Sie könnten mir helfen.«
    »Ab und zu mal eine Nachhilfestunde, schön und gut, aber dass ich deinen gesammelten Schwachsinn lese, das kannst du vergessen.«
    »…«
    »So, und jetzt geh, marsch marsch, tritt in die Pedale.«
    Der kleine Champion nickt und macht ein trauriges Gesicht, ein viel traurigeres als vorher. Er wirkt auch kleiner jetzt, fast als hätte er einen Buckel, dabei ist er auch so schon nicht gerade eine Augenweide. Und ein bisschen, ein ganz kleines bisschen tut er mir sogar leid.
    »Na gut, leg sie dorthin.«
    »Was, Signore?«
    »Na, die Aufsätze. Was willst du denn sonst hinlegen, deinen Pimmel? Na los, leg sie hin und geh mir nicht auf’n Keks.«
    Diesmal ist er fix. Na ja, fix ist vielleicht zu viel gesagt, sagen wir normal, menschlich, obwohl ich schon dabei war, mich an seine Langsamkeit zu gewöhnen.
    Es ist ein ziemlich dicker Stapel loser und zerknitterter Blätter.
    Er öffnet die Tür.
    »Hör mal«, sage ich. »Und das Kater-Sylvester-Glas?«
    Denn von diesem Scheißkerl lass ich mir nichts vormachen. Ich frag ihn ganz unvermittelt und pass genau auf, wie er reagiert. Die kleinste Zuckung in seinem Gesicht wird mir verraten, was er von der Geschichte weiß. Denn mir macht er nichts vor.
    Aber der Schweinehund verzieht keine Miene. »Wie bitte?«
    »Du benutzt doch im Zimmer ein Glas.«
    »Ja.«
    »Ein Glas mit dem Kater Sylvester drauf.«
    »Ich glaub schon.«
    »Aha, und wieso.«
    »Wieso was, Signore.«
    »Wieso benutzt du es.«
    »Ich weiß nicht, manchmal habe ich Durst.«
    »Sehr witzig, aber wieso benutzt du ausgerechnet dieses Glas.«
    »Ich hab’s mir aus der Küche geholt.«
    »Schon, aber es stand ganz hinten im Schrank, es gibt tausend andere, warum ausgerechnet das?«
    »Weil …«
    »Ja?«
    »Weil ich Kater Sylvester mag, Signore.«
    Dabei schaut er mich scheinheilig an, mit völlig ausdruckslosem Gesicht, wie auf einer missglückten Zeichnung. Auch ich drücke die Reset-Taste und versuche, jede Regung auf meinem Gesicht zu löschen. Wir wetteifern um die größtmögliche Ausdruckslosigkeit.
    »Auf alle Fälle, Kleiner, mir machst du nichts vor. Kapiert?«
    »…«
    »Kapiert?«
    »Ich hab … also, ich hab nicht verstanden, was …«
    »Hast du’s kapiert? Sag mir nur, dass du’s kapiert hast.«
    »Aber ich hab gar nicht …«
    »Sag mir nur, dass du’s kapiert hast, und dann verschwinde.«
    Er schaut mich an, er schaut auf die verchromten Angelrollen auf dem Theken-Display, dann wieder zu mir. »Ich hab’s kapiert.«
    »Na also, geht doch, und jetzt hau endlich ab.«

IM NEZ
    Heute ist einer dieser Tage, an denen du glücklich und niedergeschlagen bist, beides gleichzeitig. Ein Cocktail irgendwie, gut geschüttelt und ausgegossen über einen einzigen Nachmittag.
    Aber es ist nicht deine Schuld, es sind die

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