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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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ein neues Begrüßungsritual, das unter Jugendlichen Mode ist.
    »Ja, freut mich«, sagst du. »Aber bleiben wir beim Thema. Hör zu, Fiorenzo, wenn du Mirko helfen willst, musst du dir darüber im Klaren sein, was für eine ernste und schwierige Aufgabe das ist und …«
    »Sag mal, kannst du in allen diesen Sprachen auch schreiben?«
    »Ich … klar, sicher, außer auf Japanisch natürlich.«
    »Das is ja ’n Ding. Wir haben nämlich vor, eine Demo-CD aufzunehmen, ich und meine Band, Metal Devastation. Hier in der Gegend sind wir zwar schon einigermaßen bekannt, aber wir möchten eine Demo-CD an Plattenfirmen in der ganzen Welt schicken.«
    »Schon, aber wir wollen doch unser Problem nicht aus den Augen verlieren.«
    »Wir bräuchten einen Text, einen Brief auf Englisch und Deutsch, um klarzumachen, wer wir sind und was wir wollen. Könntest du das für uns übersetzen?«
    »Ich … ja sicher, aber darum geht es im Moment doch gar nicht.«
    »Wieso geht es nicht darum, machst du Witze? Du rettest mir das Leben, du weißt ja gar nicht, was für ein Glück ich habe, dass ich hierherkommen musste. Wegen dieser Scheißnachhilfe.«
    »Ja, genau, das ist der Punkt. Du musst begreifen, dass es keine Scheiße ist, sondern eine ernste und heikle Angelegenheit. Wenn du einem Kind etwas beibringst, übernimmst du eine gewisse Verantwortung, und dieser Verantwortung musst du …«
    »Lass nur, ich bitte dich, es reicht. Ich hab’s kapiert, aber wen juckt das Ganze? Was kümmert dich das? Meiner Ansicht nach braucht dich das überhaupt nicht zu interessieren. Du bist in der Welt rumgekommen, hast eine Menge gesehen, wieso sollte jemanden wie dich die Prüfung eines Achtklässlers interessieren? Reden wir lieber über wichtige Dinge. Ich glaube nämlich, dass ich, genau wie du, nach dem Abitur aus diesem verkackten Nest weggehe. Vielleicht könntest du mir ein paar Tipps geben, wie ich das anstellen soll.«
    »Ja, sicher. Dafür ist dieses Büro ja eigentlich da.«
    »Ach so, ja. Ich bin blöd, dass ich noch nie hierhergekommen bin.«
    »Tja, da bist du leider nicht der Einzige.«
    »Und das heißt?«
    »Das heißt, dass nie jemand hierherkommt.« Dein Blick wandert zu den Fotokopien. Du hast gedankenlos weiter daran herumgefummelt, und jetzt sind sie völlig zerknittert. Sie enthalten Informationen über Designerkurse und Tangoschulen, der Schaden hält sich also in Grenzen. »Erzähl es bitte nicht rum, aber es kommt nie jemand hierher.«
    »Und warum nicht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Das ist ja krass.«
    »Ich weiß, aber so ist es.«
    »Aber warum?«
    »Tja, keine Ahnung. Einen Grund gibt es vielleicht, aber da kommst du von allein drauf.«
    »Wirklich?«
    »O ja.«
    Der Junge schaut dich an, du schaust ihn an und verziehst den Mund.
    »Weil das hier ein beschissenes Kaff ist, stimmt’s?«
    »Du sagst es.«
    »Ich hab es gesagt, und ich sag es noch mal, verdammt! Ein beschissenes Kaff!«
    Du nickst und lächelst zaghaft.
    »Aber, Tiziana, erklär mir nur eins … Also, irgendwann hat’s dir gereicht und du bist weggegangen und hast dieses Nest hier zum Teufel gewünscht, stimmt’s?«
    »Ja, also … mehr oder weniger.«
    »Okay, und du hast es richtig gemacht. Total richtig. Aber ich frage mich, warum bist du zurückgekommen?«
    Du antwortest nicht gleich. Du weißt nicht, was du sagen sollst. »Puh, das ist eine lange Geschichte.«
    »Ich will sie hören.«
    »Eine sehr lange Geschichte.«
    »Erzähl schon.«
    »Ich kenne sie selbst nicht. Deshalb kann ich wenig dazu sagen.«
    »Verstehe. Und glaubst du, dass du’s noch mal packst?«
    »In welchem Sinn?«
    »Ich meine, wenn es ein Fehler war, zurückzukommen, dann kannst du doch wieder weggehen, oder?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es ein Fehler war.«
    »Nicht? Dann sag ich es dir. Es war ein Fehler.«
    Er lacht. Du grinst, unwillkürlich. Dann schaust du auf den Computerbildschirm. Zwanzig nach eins. Um eins hättest du zu Hause sein sollen, um zusammen mit Raffaella die neue Couch in Empfang zu nehmen.
    »O Gott, ich bin spät dran, ich muss gehen. Aber ich hoffe, dir ist klar geworden, was ich meine. Du kannst es dir in einer solchen Situation nicht erlauben, bestimmte Sachen zu sagen, ich hoffe, du hast das verstanden.«
    »Ich hab null verstanden. Aber hat mich gefreut, mit dir zu reden.«
    »Das ist ja immerhin etwas«, sagst du. Eigentlich wolltest du stinksauer werden, aber du bist machtlos, es gelingt dir nicht mal, dir ein weiteres Lächeln zu

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