Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
Vielleicht weil ich inzwischen mit ihnen zusammenlebe. Bevor ich sie jetzt ins Wasser lasse, halte ich sie kurz in der Hand und rede mit ihr.
»Tut mir leid, mein Freund, aber wenn ich heute nicht angeln gehen könnte, würde ich durchdrehen. Vielleicht würde ich irgendwas Verrücktes anstellen. Ich weiß nicht, was. Vielleicht würde ich sogar den Laden in Brand stecken, dann würdest du statt im Wasser in den Flammen umkommen. Ist es nicht besser so?«
Sie antwortet nicht. Sie windet sich aber ordentlich, und ich nehme es als ein Ja. Ich werfe die Schnur aus. Im Nu ist die Made auf dem Grund, weil das Wasser nicht sehr tief ist. Der Schwimmer stellt sich an der richtigen Stelle auf, und ich muss jetzt nur noch darauf warten, dass er sich bewegt.
Er darf aber nicht sofort untergehen, denn das würde bedeuten, dass nur ein kleiner Fisch angebissen hat. Besser, wenn er anfängt auf dem Wasser zu wandern. Er bewegt sich ein bisschen hin und her wie jemand, der sich entfernen will, aber noch unentschlossen ist. Dann startet er ruckartig in eine bestimmte Richtung und sinkt nach unten, und erst in dem Moment darfst du die Rute hochziehen und kurbeln. Dann merkt der Fisch, dass du ihn reingelegt hast.
Mann, ich bin selbst ganz beeindruckt von meiner Sachkenntnis, aber beim Angeln macht mir so schnell keiner was vor.
Das Problem ist, dass ich keine Ahnung von Sex habe, nicht die geringste. Und falls es mit der Frau von der Jugendinfo eine Fortsetzung geben sollte, glaube ich nicht, dass mir mein Geschick beim Angeln groß helfen wird. Nehmen wir mal an, sie liegt da und wartet, dass ich was mache, und ich sage zu ihr Hör mal, wie ich ihn dir reinstecken soll, da weiß ich nicht, wie das geht, aber wenn eine Schleie anbeißt, erkenn ich das auf eine Meile Entfernung .
Ich greife in die Tüte mit den Maden, nehme ein paar raus, sage ciao und werfe sie im Umkreis des Schwimmers ins Wasser. Ich wische mir die Hand am Schilf ab und greife wieder nach der Angelrute, die ich kurz an meinen rechten Arm gelehnt hatte.
Anfangs schien es ein Ding der Unmöglichkeit, mit nur einer Hand zu angeln. Abgesehen von der Angelrute und der Rolle gibt es derart komplizierte Knoten, dass eine Menge Leute auch mit zwei Händen nicht damit klarkommen. Aber mit vierzehn habe ich mich an den Küchentisch gesetzt und beschlossen, dass ich es schaffe. Ich habe mit dem Knoten zum Festbinden des Hakens angefangen, und auch noch drei Tage später ist mir kein einziger gelungen.
Ab und zu kam meine Mutter rein, um das Mittagessen oder das Abendessen zu kochen, und schaute mich an, fragte aber nie Wie viele hast du denn gebunden? Denn meine Mutter war klug.
Mein Vater dagegen meinte nur Hier in der Küche ist nicht gerade der richtige Ort für so was, am Ende verschlucke ich noch ’nen Haken . Und meine Mutter hat ihm geantwortet Keine Sorge, Roberto, wenn wir dich an die Angel kriegen, werfen wir dich sofort wieder ins Wasser, wer will dich denn schon haben?
Aber seit damals ist viel Zeit vergangen. Sehr viel Zeit. Für einen Knoten zum Befestigen des Hakens brauche ich jetzt nur noch dreißig Sekunden. Ich halte die Schnur mit dem Fuß fest, mit den Fingern binde ich die Schleife und halte sie zwischen Daumen und Zeigefinger, dann fädle ich den Haken ein, den ich zwischen den Lippen halte, drehe die Finger und ziehe mit dem Fuß und dem Mund, und am Ende ist der Knoten fest. Klasse.
Beim Sex ist das wohl schwieriger.
Erstens kann ich von Tiziana schlecht verlangen, dass sie wochenlang auf einem Tisch liegen bleibt, bis ich’s raushabe. Im Gegenteil, wenn sie erst mal meinen rechten Arm gesehen hat, ist es schon viel, wenn sie zehn Sekunden bei mir bleibt. Denn eine fehlende Hand ist ein echtes Manko, die Leute kommen völlig aus dem Konzept, wenn sie das sehen.
Wie in einem Film vorgestern Abend auf TeleRegione, einem Horrorfilm, den ich schon ein paar Mal gesehen habe und der wohl einer meiner Lieblingsfilme ist. Er heißt Embryo des Bösen , und es kommt ein einhändiges Gespenst darin vor.
Der Baron Fengriffen zieht mit seiner jungen Braut in das Familienschloss, das irgendwo versteckt im Wald liegt. In der Gegend geschehen mysteriöse Dinge, seltsame Leute fangen grundlos an zu lachen, außerdem lastet ein Fluch auf dem Kind, das die Baronesse demnächst zur Welt bringen wird.
Mit dem Fluch hat es Folgendes auf sich: Der Großvater dieses Edelmanns hatte viele Jahre zuvor das ius primae noctis für sich beansprucht, das heißt,
Weitere Kostenlose Bücher