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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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begrüßen dich und schauen dich dann wortlos an.
    Die neue Couch. Blöd wie du bist, hast du das völlig vergessen. Deshalb der weiße Lieferwagen mit dem Superman-Insekt vor der Tür. Es ist also nicht irgendein Insekt, es ist ein Holzwurm. Also … Ach, ist doch egal.
    »Tiziana, endlich.« Raffaella ist nervös, sie fasst dich am Arm, zeigt dir die noch nicht ganz zusammengebaute Couch an der Wand. »Jetzt sind wir mal alle still und hören, was sie sagt. Schau dir diese Couch an, Tiziana, und sag das erste Wort, das dir in den Sinn kommt …«
    BLÖDE KUH. Das ist das Erste, was dir in den Sinn kommt, BLÖDE KUH, und auch alle weiteren vorderen Plätze im Gesamtklassement sind damit belegt. Aber weil du ja irgendetwas sagen musst, findest du schließlich doch ein Wort, das der Situation angemessen ist: »Braun?«
    »Ach was, braun! Na ja, stimmt schon, im Katalog war das ’ne ganz andere Farbe, das hier ist ja wirklich richtig braun.«
    »Signorina, wir liefern nur aus. Wenn Sie sich bei uns beschweren, bringt das gar nichts.«
    »Ich versteh schon, aber macht so eine Minicouch überhaupt Sinn? Wie auch immer, Tiziana, das Wort ist nicht braun, das Wort ist KLEIN. Siehst du denn nicht, die Couch ist winzig! Wie wollen wir denn hier abends fernsehen, abwechselnd oder was?«
    Du nickst. Abwechselnd ist schon in Ordnung, ist doch auch scheißegal. In kürzester Zeit wird diese Couch sowieso Raffaellas Couch sein. Du wirst dein Zimmer nicht mehr verlassen und vor Durst und Scham sterben. Es sei denn, vorher kommt die Polizei und führt dich ab, weil du einen Minderjährigen verführt hast.
    Ach was, der war nicht minderjährig. Achtzehn wird er doch wohl wenigstens gewesen sein, hoffentlich. Außerdem geht es doch nur um einen Kuss, oder? Aber was für ein Kuss, die Zunge und der Hals tun dir jetzt noch weh. Du hast dich derart an den Jungen rangedrückt, dass dein BH verrutscht ist.
    So etwas ist dir noch nie passiert. Saufgelage in Deutschland, ein Rockfestival in der Schweiz, Nächte in der Disco mit einer Meute ausgeflippter Freundinnen, aber so etwas hast du dir bisher noch nicht geleistet. Wieso dann ausgerechnet jetzt, mit zweiunddreißig, an deinem Arbeitsplatz und mit einem kleinen Jungen?
    Der hat sich nämlich nicht mal gerührt, so absurd war die ganze Geschichte. Na klar, du hast ihn völlig überrumpelt. Und wenn er zur Polizei geht und dich anzeigt? Die verhaften dich, Tiziana, die bringen dich auf die Wache. Zumindest verlierst du deinen Job, und zwar zu Recht.
    »Signorina, wenn Sie unterschreiben, können wir gehen«, sagt einer der beiden Typen.
    »Wie bitte? Ich unterschreibe gar nichts«, sagt Raffaella. »Was denn überhaupt? Wenn ihr einen Zettel habt, auf dem draufsteht Signorina Raffaella Ametrano ist der Ansicht, dass diese Couch scheiße ist , unterschreib ich das sofort. Alles andere könnt ihr vergessen.«
    »Das heißt, wir müssen sie wieder runtertragen?«
    »Tja, Jungs, tut mir leid.«
    »Auf den Schultern …«
    »Ja, leider ja. Tut mir schrecklich leid, aber so ist es. Ich kann euch gern was zu trinken anbieten, aber dann …«
    »Nein, vielen Dank.« Sie schultern die Couch und schlucken den einen oder anderen Fluch hinunter.
    Du kannst den Blick gar nicht mehr von dieser Minicouch abwenden, die in der Tat aussieht wie ein kleiner Scheißhaufen mit Armlehnen.
    Du hast das Gefühl, sie verabschiedet sich von dir, während sie für immer aus deinem Leben verschwindet. Ja, sie verabschiedet sich und nennt dich bei dem für dich passendsten Namen.
    Ciao, BLÖDE KUH.

DER FLUCH
    Die Rutentasche auf dem Rücken, den Gerätekoffer zwischen den Beinen, und los geht’s mit dem Roller, volles Rohr. Das ist der klassische Tag, an dem es nur eins gibt: angeln gehen.
    Eine schwüle, stinkende Hitze, kein Windhauch, nirgendwo ein Baum, und der Himmel ist der typische heitere Himmel der Ebene: Nimm zwei, drei Wolken, vermische sie mit einem klaren Himmel und verstreiche die weißliche Mixtur über den gesamten Horizont, dann hast du den heiteren Himmel der Ebene von Muglione.
    Ich erreiche eine Stelle, die mir gefällt, weil hier Pflanzen im Wasser wachsen, ein paar Schilfrohre und eine Seerosenart, die nicht blüht. Mit etwas Phantasie kannst du dir vorstellen, es sei ein See oder Teich – wenn du den Geruch ausblendest und den Blick nicht umherschweifen lässt.
    Ich setze zwei Maiskörner und eine Made auf den Haken, so wie immer. Aber die Maden sehe ich jetzt mit anderen Augen.

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