Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
aufs Gymnasium, in die Dreizehnte. Verstehst du, er geht noch zur Schule!«
»Du hast im Internet nach ihm gesucht und behauptest, er interessiert dich nicht?«
»Nur so, aus Neugier. Mir ist immer so langweilig im Büro.«
Die Kätzchen auf dem Rücksitz wimmern immer noch. MIAU-UUUUUUUH, MIAU-UUUUUUUUH. Ein schrilles durchdringendes Wehklagen, kaum auszuhalten.
»Was bedeutet es schon, dass er neunzehn ist? Wenn einer in unserem Alter mit einer Neunzehnjährigen geht, halten ihn alle für einen tollen Hecht. Und wir Frauen dürfen das nicht? Leben wir etwa im Mittelalter?«
»Mag schon sein, aber ich fand reifere Männer immer schon attraktiver, mich fasziniert ihr …«
»Reife Männer, sagst du? Weißt du, was Pavel gestern Abend zu mir gesagt hat? Raffaella, heute ich kann nicht mit dir schlafen, ich hab Paprikahühnchen gegessen, und wenn ich mich zu sehr bewege, kommt mir hoch . Hast du so was schon mal gehört? Da hast du deinen reifen Mann. Und dabei ist Pavel noch fit. Normalerweise sind sie in dem Alter schlapper, viel schlapper.«
»Ja, aber das Problem ist nicht nur das Alter.«
»Jetzt sag bloß nicht, dass du immer noch an Luca denkst, dann werd ich nämlich richtig wütend. Was muss dieser Typ noch alles anstellen, damit du endlich kapierst, dass er ein Vollidiot ist?«
»Aber nein, doch nicht Luca …«
»Ist es die Hand? Wenn es das wäre, könnte ich dich sogar verstehen. Obwohl, du hast sie ja noch gar nicht richtig gesehen, vielleicht ist es nur halb so schlimm. Triff dich doch erst mal mit ihm und schau ihn dir an. Nur weil du einmal mit ihm ausgehst, musst du ja nicht gleich mit ihm ins Bett springen.«
»Nein, aber ich möchte nicht …«
»Und wenn es sich ergibt, tja, dann springst du eben mit ihm ins Bett. Ein kleines Betthupferl hat noch keinem geschadet.«
Ihr müsst schon wieder lachen. Ziemlich lange, und am Ende habt ihr ein Grinsen im Gesicht. Ihr seid gleich zu Hause. »Ich weiß nicht, Raffa, ich glaube nicht, dass …«
Die Kätzchen miauen pausenlos. MIA-UUUUUUH, MIA-UUUUUUH, MIA-UUUUUUH.
»Tiziana, jetzt hör mal, ich hab die Schnauze voll. Wir fahren zurück und machen der Alten eine Freude, ja?«
»Meiner Ansicht nach …«
»Sie wird sie schon nicht aufessen, Tiziana. Glaub mir, sie denkt nicht im Traum daran. Sie will nur ein bisschen Gesellschaft, weil sie das Alleinsein satt hat. Ist doch ganz normal, oder?«
Normal. Was ist schon normal? Weißt du, was normal ist? Bist du normal?
»Komm, Tiziana, wir fahren noch mal hin.«
Du beißt dir auf die Lippen und antwortest nicht. Du starrst auf das Armaturenbrett mit dem Aufkleber von Ricky Martin aus dem vorigen Jahrhundert. Raffaella stoppt den Wagen, schaut zuerst dich an, dann die Straße, dann wieder dich.
»Ich weiß doch, wo das hinführt …«, stöhnst du.
»Oh, bravo!«, sagt Raffaella.
Es kracht, als sie den Rückwärtsgang einlegt.
»CRONACA ITALIANA«
Pier Francesco Lamantino schreibt für die »Cronaca italiana«.
Mit sechzehn beschloss er, Journalist zu werden, an einem Vormittag im November. An diesem Tag hielt ein Zeitungskorrespondent an seinem Gymnasium einen Vortrag über die vergessenen Länder Burma, Laos und Kambodscha. Pier Francesco sog diese klangvollen Namen gierig in sich auf und wusste sofort Das will ich auch machen . Tatsächlich studierte er nach dem Abitur Politikwissenschaften und fing an zu schreiben, allerdings über Kommunalpolitik, die regionale Küche und Dorffeste: Artikel in Lokalzeitungen, für die er kein Geld bekam. Später wurde er durch einen glücklichen Zufall Mitarbeiter der »Cronaca italiana«. Seine Mutter ist mächtig stolz auf ihn.
Heute ist er hier in der Gegend, weil er Teresa Murolo aus Navacchio interviewen will, die seit fünfzehn Jahren mit einem Außerirdischen liiert ist. Eine Titelgeschichte. Die beiden haben nach einem kosmischen Ritual geheiratet, treffen sich nur in tiefer Nacht und paaren sich entweder bei Teresa zu Hause in Navacchio oder in der psychiatrischen Klinik in Montecatini, wo sie sich von Zeit zu Zeit aufhält.
Doch eine halbe Stunde vor dem Interview rief Signora Teresa ganz aufgeregt bei ihm an und erzählte ihm eine Menge wirres Zeug über das Ende der Welt und die Außerirdischen, die sie gleich abholen würden, dann stellte sie das Handy aus, und jetzt weiß kein Mensch, wo sie ist.
Die Titelgeschichte, den Artikel, das alles kann er jetzt vergessen.
Während Pier Francesco auf der Rückfahrt im Auto diese
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