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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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unter den Schuhsohlen. Ich hole den Besen aus der Kammer, und als ich zurückkomme, stehen Giuliano und Stefanino vor mir.
    Ich hatte sie erwartet. Sie wollen mir von einer genialen Idee für die Band erzählen, dafür sind sie extra hergekommen. Antonio ist nicht dabei. Seit dem Abend in Pontedera haben wir nichts mehr von ihm gehört. Kein gutes Zeichen.
    »Mensch, ist das heiß hier drin«, sagt Giuliano. »Wie ihr beide es in diesem Backofen aushaltet, ist mir ein Rätsel.« Er trägt wie immer eine Jeanslatzhose und kein T-Shirt.
    Stefano hat einen Briefumschlag in der Hand, und er reicht ihn mir, ohne mich anzuschauen, als wäre es ein Strafzettel, und ebenfalls ohne mich anzuschauen sagt er, der Brief sei von Caccola.
    Caccola ist unser Italienischlehrer. Er ist noch relativ jung, und aus Gründen der Gleichberechtigung hat er uns das Du angeboten. Wir haben ihm erklärt, dass wir nicht den geringsten Wert darauf legen, im Gegenteil, wir würden lieber beim Sie bleiben, weil er ja weiterhin vorn am Pult steht, uns ausfragt und Noten gibt. Daraufhin hielt Caccola uns einen Vortrag über systembedingte Entfremdung und Repression, also duzen wir ihn jetzt, damit er die Klappe hält.
    Der Umschlag enthält eine kurze Mitteilung.
    Fiorenzo,
    du hast eine Menge Fehlstunden, das kann so nicht weitergehen. Das Abitur steht vor der Tür, du musst wieder am Unterricht teilnehmen.
    Dir fehlt nichts. Du hast nur eine Hand, okay. Aber überleg mal: Wenn du nicht wüsstest, dass Menschen zwei Hände haben, würdest du dann die eine vermissen? Nein, nur eine Hand zu haben wäre für dich ganz normal, so wie wir, die wir zwei Hände haben, nicht drei haben wollen. Kannst du mir folgen?
    Ich bitte dich also: Komm wieder in die Schule und mach dir weiter keine Gedanken. Dir fehlt nichts, du bist genauso normal wie wir alle.
    Bis bald,
    Augusto
    Ich zerknülle das Blatt mit meiner einen und einzigen Hand, werfe es Richtung Korb, in dem wir das alte Brot für den Angelteig aufbewahren, und treffe.
    Stimmt, mir fehlt nichts, ich bin so normal wie alle anderen … So normal, dass es für mich keinen normalen Grund für das Fernbleiben von der Schule gibt: Probleme mit dem Vater, Ärger mit der Band, die sich gerade auflöst, eine Sexaffäre etc. Nein, mein Problem kann nur meine Hand sein. Was ist eigentlich passiert? Fällt mir gerade die andere Hand auch noch ab, will ich an den Paralympics teilnehmen, oder entdecke ich nach fünf Jahren zum ersten Mal, dass alle anderen eine Hand mehr haben als ich?
    Armer Caccola, der immer so verständnisvoll ist: Jungs, ich weiß, wie ihr euch fühlt, ich versteh euch … Aber in Wirklichkeit versteht er einen Dreck.
    »Was steht da drin?«, will Giuliano wissen.
    »Der übliche Schwachsinn. Aber ihr habt den Brief doch längst gelesen.«
    Stefanino setzt eine Unschuldsmiene auf und schaut weg. Giuliano macht ein glucksendes Geräusch, so dass man nicht weiß, ob er sich das Lachen verkneift oder rülpst. »Ja, stimmt«, sagt er, streicht sich über den nackten Bauch und fängt an, im Laden herumzuspazieren. Die riesige Tätowierung auf seinem Rücken ist nicht zu übersehen.
    Er hat sie sich stechen lassen, nachdem er eines Nachts mit hohem Fieber im Bett lag und einen Traum hatte. Das Tattoo erinnert an ein verkohltes Hühnchen oder eine Seezunge mit wallendem Haar, aber Giuliano behauptet, es sei ein feuerspeiender Flughund.
    Während er durch den Laden spaziert, schwabbelt der Flughund einträchtig mit Giulianos Hüftspeck, und man könnte wirklich meinen, er sei lebendig. In Agonie, aber noch am Leben.
    »Sag mal«, wende ich mich an ihn, »warst du nicht immer ganz scharf drauf, Frauen aufzureißen? Mit nacktem Oberkörper wirst du damit Schwierigkeiten haben.«
    »Was redest du da für einen Scheiß? Die Frauen sind ganz verrückt nach nackten Tatsachen. Nach echten Kerlen. Sie haben diese Schwuchteln satt, die ihre Haut pflegen, sich mit Lotion einreiben und zur Maniküre gehen. Die bringen’s nämlich nicht im Bett, sondern labern ständig nur von Horoskopen und Hautcremes. Die Weiber haben die so was von satt.«
    »Und deshalb werfen sie sich dann Schmuddeltypen an den Hals?«
    »Richtig, Fiorenzino, genauso ist es. Denk doch nur an die Alte, die auf dich angesprungen ist. Wie lässt sich das sonst erklären?«
    »Sie ist keine Alte.«
    »Okay, ich erklär’s dir. Seit Jahren verabredet sie sich mit Schlappschwänzen in ihrem Alter, die sie volllabern, mit ihrem Job angeben und

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