Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fischer, wie tief ist das Wasser

Fischer, wie tief ist das Wasser

Titel: Fischer, wie tief ist das Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
Zufall? Das warme Wetter oder was?» Ich stockte kurz, denn obwohl ich diese einzelnen Fälle sehr wohl registriert hatte, hatte ich sie bislang nie in einen Zusammenhang gebracht und zu einer Verdächtigung werden lassen. Ich erkannte, dass zu viel Wahres, zu viel Einleuchtendes dahinter stand, als dass ich die konsequente Schlussfolgerung daraus hätte verschweigen können. «Was ist, wenn Liekedeler die Kinder zerstört?»
    Er starrte mich an, die Hand lag noch immer fest um meinen Unterarm, aber er schwieg.
    «Sie wissen etwas, stimmt’s?», fragte ich leise und hörte selbst die Enttäuschung, die Ernüchterung in meinen Worten. «Sie wissen etwas über diesen Pharmakonzern, über diese auffälligen Symptome, ist es nicht so?» Er brauchte auch gar nichts mehr zu sagen, ich wusste die Wahrheit schon deshalb, weil er schwieg, weil er eigentümlich blass war.
    «Sjard, bitte!», brachte ich trotzdem noch hervor. «Versprechen Sie mir, dass Sie etwas dagegen unternehmen, was immer es auch ist.»
    Er schaute mich nicht mehr an, blickte stattdessen in Richtung Kartoffelfeuer und hielt die Luft an. Meine Brust schnürte sich zusammen, als ich ihn beobachtete. «Ich muss verrückt sein, dass ich ausgerechnet Ihnen diese Dinge erzähle», flüsterte ich. Endlich löste er seinen Griff, doch er zog die Hand nicht fort,sondern fand beinahe zärtlich meine Finger. «Sie sind alles andere als verrückt, Okka Leverenz!»
    «Man könnte es aber fast glauben», sagte ich leise und schloss die Augen, um seinem fragenden Blick zu entkommen. «Wenn ich Recht habe und hier etwas vollkommen verkehrt läuft, dann ist es ziemlich naiv zu glauben, dass Sie nicht daran beteiligt sind.»
    Als ich die Augen wieder öffnete, schaute er mich immer noch an, traurig. «Okka, Sie wissen ganz genau, dass Sie nicht naiv sind. Und Sie wissen auch, dass Sie mich nicht so ansehen sollten. Ich dachte, ich hätte Ihnen schon verständlich gemacht, dass mir etwas an Ihnen liegt.»
    Die E-Mail , dachte ich sofort. Ich hatte es gehofft, heimlich und stürmisch zugleich, dass die liebevollen Zeilen auf meinem Bildschirm von ihm abgesendet wurden.
Seit du da bist, lacht
das Leben in unserem Haus. Vielleicht schaffe ich es, dir diese Worte auch einmal ins Gesicht zu sagen. Morgen vielleicht oder übermorgen? Warte ab!
    «Es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt», sagte ich und zog meine Hand aus der seinen.
    «Ach, Okka», seufzte er und es klang so vertraut, wie er meinen Vornamen aussprach, dass er mich duzte. «Ich verspreche dir, dass ich herausfinden werde, was immer es deiner Ansicht nach herauszufinden gibt. Mehr kann ich dir nicht anbieten, so gern ich es auch täte.»
    Es war nicht viel, was er mir da versprach. Im Grunde genommen war es nichts. Mein Kopf schwirrte vor lauter widersprüchlichen Gefühlen, vor Misstrauen und Zuneigung. Es war eindeutig besser, wenn ich nun nach oben ging. Doch als ich die Stufen zur Eingangstür hinaufging und schon fast die Klinke in der Hand hielt, da zögerte ich noch einen kurzen Moment,drehte mich zu ihm um, weil ich hoffte, dass er mir mit ein paar klärenden Worten aus meinem Desaster helfen konnte.
    Doch was er sagte, machte nichts besser, im Gegenteil. Er zuckte wunderbar jungenhaft mit den Schultern, und nachdem er sich geräuspert hatte, lächelte er mich an. «Mal ganz abgesehen von diesem Haufen Probleme, die wir hier haben: Würdest du morgen mit mir segeln gehen?»
    In diesem Moment setzte mein klarer Verstand ganz aus und ich sagte, jede Vorsicht fahren lassend: «Ja, gerne würde ich das tun, Sjard Dieken.»
     
    Es war kein wirklich schlimmer Brand. Gesa hatte es aus sicherer Entfernung beobachtet. Gut, sie hatten die Feuerwehr holen müssen und die Hälfte des Schuppens war in sich zusammengestürzt, doch es hätte schlimmer kommen können. Es hätte Gesa nicht gestört, wenn der ganze verdammte Hof abgebrannt wäre, dann hätte sie vielleicht ganz bei Liekedeler bleiben können.
    Gesa war froh, dass niemand sich verletzt hatte, auch wenn sie nichts dagegen gehabt hätte, wenn sich ihr Vater ein wenig verbrannt hätte. Es war besser, dass alle gesund waren. Sie würden ziemlich hart schuften müssen, um die Scheune wieder aufzubauen. Ihr Vater würde die verkohlten Steine wieder benutzen und die Brüder mussten sicher billiges Holz vom Baumarkt anschleppen. Mutter und die Mädels hätten in dieser Zeit die restliche Arbeit allein zu bewältigen, und es war viel. Es war eine endlose Schleife

Weitere Kostenlose Bücher