Fischland Mord - Küsten-Krimi
glauben, ein Mann, der einer Frau
dreißigtausend Euro bringt, ist bloß der Bote und weiß von nichts?«
»Ich fände es zumindest fraglich. Herr Degenhard?«
»Ich sage nichts mehr.« Degenhard presste die Lippen aufeinander.
»Gut«, schaltete sich Menning ein. »Herr Kesting, ist das jetzt
alles? Dann sollten wir …«
»Nur noch eine Kleinigkeit.« Arnolds Blick richtete sich auf
Kassandra. »Wahrscheinlich ist es dir egal, aber ich mochte dich wirklich. Wenn
ich Tina nicht so geliebt hätte, hätte ich es bedauert, dass du nicht wirklich
an mir interessiert warst.«
Wortlos starrte Kassandra Arnold an, dann schlug sie plötzlich ihre
Hand vor den Mund und stürzte zum Ausgang. Fast rannte sie Jonas dabei um, der
geistesgegenwärtig die Tür aufstieß, ihr nach draußen folgte und den Arm um sie
legte.
»Was ist los?«, fragte er beunruhigt.
»Haltet Menning und Johannsen davon ab, mit Arnold und Degenhard zu
verschwinden«, flüsterte sie, während sie sich vorbeugte und weiter tat, als
wäre ihr übel, weil man sie von drinnen sehen konnte. »Wie ihr das macht, ist
egal, aber Menning muss …«
»Kann ich vielleicht helfen?«, fragte jemand laut. Die
Rechtsmedizinerin war zu ihnen getreten. »Ich beschäftige mich zwar vorwiegend
mit Toten, aber ich bin immerhin Ärztin.«
Kassandra zögerte.
Die Rechtsmedizinerin lächelte und fuhr sehr viel leiser fort: »Es
war bisher keine Zeit, mich Ihnen persönlich vorzustellen: Verena Steiner. HK Johannsen und ich sind nicht nur wegen Herrn Kesting
hier, auch wenn der Kollege Menning das glaubt.«
»Frau Voß, fühlen Sie sich nicht wohl?« Allmählich wurde es voll
hier draußen. Johannsen stand neben ihnen, musterte jedoch eher die
Rechtsmedizinerin als Kassandra.
»Frau Voß muss sich fünf Minuten hinlegen«, sagte Verena Steiner.
»Ich kümmere mich um sie, Bengt.«
Johannsens Augen verengten sich, bevor er nickte. »Sie kommen besser
wieder mit rein«, sagte er zu Jonas.
Bevor beide im Anbau verschwanden, sah Kassandra Paul in der Tür
stehen und sie beobachten. Er hatte den ganzen Abend kein einziges Wort an sie
gerichtet.
»Was immer wir jetzt tun, wir sollten uns beeilen. Johannsen muss
sich schon genug gute Gründe einfallen lassen, Kesting und Degenhard nicht
sofort mitzunehmen«, riss Verena Steiner sie aus ihren Gedanken.
Kassandra lief voraus in Arnolds Zimmer und öffnete die Schränke.
»Wir suchen Josef Kinds iPhone.« Sie wühlte sich durch Arnolds Kleidung, ohne
fündig zu werden, während die Rechtsmedizinerin sich das Bad vornahm. »Arnold
erwähnte, dass er ihm das Ding aus der Hand geschlagen hat. Wenn er es nicht im
Bodden versenkt oder in Kinds Wagen gelassen hat, muss er es mitgenommen
haben.« Mittlerweile hatte sie das Bett durchwühlt. Nichts. »Ist eine alberne
Idee, wahrscheinlich hat er es längst entsorgt. Dabei hätte es uns sagen
können, zu wem Kind Kontakt hatte.«
»Zu Menning, verstehe.« Verena Steiners Stimme kam aus dem Bad, sie
klang seltsam hohl. Anscheinend suchte sie gerade in der Dusche. »Wäre schön,
wenn wir einen Beweis fänden. Aber warum sollte Kesting ein Beweisstück für
seine Tat aufheben, wenn er sich bei allem anderen so viel Mühe gemacht hat?«
»Weil er hoffte, auf dem Ding etwas zu finden, was Josef Kind in
Tinas Augen endgültig diskreditieren könnte? Oder weil er dasselbe suchte wie
wir: Kinds Kontakte und Hinweise auf dessen Geschäfte.« Kassandra war ebenfalls
ins Bad gekommen und nahm den Deckel der Toilettenspülung ab. Sie spürte Verena
Steiners belustigten Blick.
»Da hab ich schon nachgesehen.«
Als Kassandra den Deckel wieder aufsetzte, fiel ihr der schmale
Spalt zwischen dem Kasten und der Wand auf. Darin steckte etwas. Ein paar
Sekunden später hielt sie ein eingeschaltetes iPhone in der Hand. Arnold musste
den Akku ständig aufgeladen haben, weil er es ohne PIN nicht wieder hätte aktivieren können. »Kennen Sie sich damit aus?« Kassandra
hielt Verena Steiner das Gerät hin. »Ich hab bloß ein normales Handy.«
Die Rechtsmedizinerin setzte sich auf die Toilette und begann mit
geübten Griffen, das iPhone nach dem Adressbuch zu durchsuchen, während
Kassandra ihr über die Schulter sah. »Viele Auslandsnummern, jede Menge
Abkürzungen, kaum Klarnamen. Kein Claus Menning«, schüttelte Verena Steiner den
Kopf.
Frustriert betrachtete Kassandra das iPhone, das eben zu vibrieren
begann.
Verena Steiner sah auf das Display. »Russische Vorwahl. Ich geh mal
lieber nicht
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