Fischland Mord - Küsten-Krimi
hast gesagt, Heinz’ Idee wäre nicht schlecht.
Aber zum wievielten Mal willst du das durchmachen? Der
Enthusiasmus, die Zuversicht – und dann bricht wieder alles zusammen? Ich
hab so die Nase voll davon. So schrecklich ich es finde, wie das
Gebäude vor die Hunde geht, sosehr ich mir wünschte, wir könnten es retten und
der Schule ein würdiges Andenken bewahren – manchmal wollte ich, wir würden das
Ding endlich abreißen.«
»Sie steht unter Denkmalsch…«, wollte Jonas einwenden.
»Ach, Scheiße.« Paul schnitt ihm resigniert das Wort ab. Mit geschlossenen Augen lehnte er sich zurück. »Kassandra, hast du was zu
trinken für mich? Was Starkes?«
Als Kassandra mit einem Glas Weinbrand zurückkam, saß
er unverändert da. Sie glaubte nicht, dass Paul und Jonas ein
einziges Wort gewechselt hatten. Jonas sah hilflos aus.
Sie setzte sich neben Paul und berührte zaghaft seinen Arm. Langsam
richtete er sich auf, griff nach dem Glas. Sie sah ihm zu, wie er eine Zeit
lang die goldene Flüssigkeit betrachtete, und hätte gern mehr für ihn getan.
Schließlich hob Paul das Glas, aber statt den Inhalt ex zu trinken, nahm er nur
einen Schluck, bevor er es mit einem Ruck auf den Schreibtisch stellte und
nacheinander Jonas und Kassandra ansah. »Also, was hat das Material
hergegeben?«
Sowohl Kassandra als auch Jonas akzeptierten wortlos, dass Paul
nicht mehr über die Seefahrtschule sprechen wollte. Zehn Minuten später war er
auf dem neuesten Stand. Arnold Kestings Verschwinden kommentierte er mit einer
erhobenen Braue.
»Ein Unfall wäre ungewöhnlich zufällig.« Dabei bückte er sich und hob den Katalog auf, der vorhin heruntergefallen war. Eine
Doppelseite war aufgeschlagen, die zwei sehr unterschiedliche Skulpturen von
Tina Bodenstedt zeigte: einen Bauarbeiter einschließlich
Handwerkszeug und eine weibliche Aktfigur ähnlich derjenigen,
die sie in der Kunstscheune gesehen hatten. »Da fehlt eine Seite.« Paul deutete
auf die Seitenzahlen, links stand 14, rechts 17. Er hob den Katalog dichter vor
die Augen. »Die Bindung ist nicht beschädigt, jemand hat diese Seite sehr
vorsichtig und sauber herausgetrennt, es fällt kaum auf.«
»Arnold hat nicht gesagt, dass was fehlt«, meinte
Kassandra. »Aber er hat die Sachen wahrscheinlich auch nicht
komplett durchgesehen, das wollte er ja mit mir tun. Er wird es nicht gemerkt
haben.«
»Oder er hat die Seite selbst rausgetrennt«, wandte Jonas ein. »Wäre
interessant zu erfahren, was darauf zu sehen ist.«
»Das ist verrückt – wen verdächtigen wir denn nun? Eben sind wir
noch davon ausgegangen, dass jemand Arnold was angetan haben könnte. Jetzt soll
er auf einmal wieder was zu verbergen haben?«
»Wir ermitteln in alle Richtungen«, flachste Paul.
»Was mich zum nächsten Punkt bringt: Was machen wir in Sachen
Menning? Wir sollten wirklich nicht selbst hinter ihm herschnüffeln. Könnte das
deine Freundin Mona übernehmen?«
»Würde sie bestimmt gern tun, aber wenn Menning dahinterkommt, kann er leicht die Verbindung zwischen uns beiden herstellen.«
Paul überlegte. »Am besten, wir finden jemanden, der jemanden kennt,
der jemanden kennt. Ich kümmer mich drum.«
»Mehr können wir erst mal nicht tun.« Jonas erhob sich. »Ich bin hundemüde und muss morgen früh raus. Wir kriegen eine neue
Ladung Seemann-Sweater für den Laden, der Lieferant will schon gegen sieben auf
der Matte stehen.«
Auch Paul stand auf. »Ich lass mir noch mal den Wind um die Nase wehen. Vielleicht werd ich auf die Weise meine Wut auf Herrn
Polizei haupt meister los.« Er lächelte dabei, aber
Kassandra sah ihm an, dass ihm wenig danach zumute war.
»Es tut mir leid«, sagte sie, als sie schon draußen standen.
»Wofür entschuldigst du dich?«, fragte Paul.
»Du hast gesagt, Jung hat vor anderthalb Wochen Svens alten Plan ausgegraben – das dürfte gewesen sein, als ihm klar wurde, wer
ich bin. Ich war der Auslöser für alles.«
»In dem Fall müsste ich die Schuld auf mich nehmen«, meinte Jonas.
»Ohne mich wüsste heute noch kein Mensch über dich Bescheid.«
»Niemand hat Schuld«, sagte Paul entschieden. »Abgesehen von Heinz.
Wenn ich nicht so wütend wäre, könnte ich ihn sogar verstehen. Er hat damals
eine Menge Träume gehabt, von denen keiner Wirklichkeit wurde. Stattdessen hat
er sein Geld verloren.«
»Ja, und als dann auch noch Karin …« Jonas unterbrach sich und warf
einen Blick auf Paul.
Kassandra schaute fragend von einem zum anderen. »Wer
ist
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