Fischland Mord - Küsten-Krimi
sagen, worum es geht,
aber du hast mir gerade das Leben gerettet.«
»So schlimm sieht doch der Herr Kesting gar nicht aus, ich würde sogar sagen, ich wäre ausgesprochen verärgert gewesen, wenn
mich jemand von ihm weggezerrt hätte«, stellte Violetta fest.
»Glaub mir, der ist nichts für dich. Er mag keine Romane«, sagte
Kassandra lächelnd. »Jedenfalls danke für diese Aktion.«
»Wozu sind Freunde da? Auch wenn du dich in letzter Zeit ein
bisschen rargemacht hast, wir müssen noch diesen Krimi gemeinsam lesen, falls
du dich erinnerst.«
»Ja, ich weiß.« Dabei fiel ihr etwas ein. »Warum hast du mir
eigentlich nie erzählt, wer Alexander Hardenberg ist?«
Violetta schaute sie konsterniert an. »Wieso? Ich dachte, das wüsstest du, das weiß doch jeder, sag bloß, du hattest keine Ahnung.«
Kassandra seufzte und wechselte das Thema. »Hast du
schon mal wieder was von Raimund gehört?«
»Nein, und ich hab beschlossen, ich lauf dem nicht hinterher, aber sag mal, wohin willst du denn nun?« Sie waren auf der Strandstraße
angekommen, Violetta musste nach rechts, Kassandra nach links.
»Wenn das alles vorbei ist, erklär ich’s dir.« Sie kam sich ein bisschen schlecht dabei vor, ihre Freundin auf diese Weise abzufertigen,
aber sie wollte sie da nicht mit reinziehen – sofern sie nicht sowieso schon
drinsteckte, weil sie was mit Raimund Degenhard gehabt hatte.
Die Häuser der Strandstraße ragten in der Dämmerung auf und wirkten irgendwie anders als sonst, größer, dunkler, ebenso wie die
Bäume, obwohl Kassandra nicht sagen konnte, wieso. Es begegneten ihr kaum
Menschen. Nur vorn am Kiosk beim Sommerkino-Zelt
standen noch Leute um einen Stehtisch und redeten und lachten.
Wenn sie Zeit gehabt hätte, wäre sie an den Strand gegangen, hätte ein bisschen
auf den Booten in den Dünen gesessen und den Wellen
zugehört. Stattdessen lief sie unten am Deich entlang zu Pauls
Haus.
»Violetta war also zuverlässig?«, flachste er, als er ihr die Tür
öffnete. Er wirkte wie immer – von dem Stasi-Offizier, den er am
Morgen Arnold gegenüber rausgekehrt hatte, war nichts mehr zu
sehen.
»Der arme Arnold, Violetta ist ihm sowieso unheimlich,
er wusste gar nicht, wie ihm geschah«, sagte Kassandra vergnügt.
Jonas war schon da, er saß mit Dietrich in einer Sitzecke am Fenster und drückte gerade seine Finger auf ein Stempelkissen und
anschließend auf eine Karteikarte.
»Tut mir leid, dass ich Sie mit dieser althergebrachten Methode
belästigen muss. Für einen Scanner muss ich unterschreiben, darauf wollte ich lieber verzichten bei einer inoffiziellen Aktion.« Dietrich
schob das Kissen und leere Karten zu Paul rüber.
Der ließ sich in einen Sessel fallen und sah zögerlich
auf die Utensilien.
»Das geht beim Händewaschen wieder ab«, versicherte
Dietrich.
Paul nickte und machte es Jonas nach, während Kassandra sich an
Dietrich wandte. »Was haben Sie Arnold vorhin gefragt, als er so wütend wurde?«
»Wo er in der Mordnacht war.«
»Und?« Offensichtlich hatte er das den anderen noch nicht erzählt,
denn Jonas und Paul horchten interessiert auf. Aber Dietrich schwieg.
»Kommen Sie schon«, verlangte Jonas. »Hat er ein Alibi?«
»Er hat behauptet, eins zu haben, und mir den Eintrag in seinem
Handykalender gezeigt. Ich werde das überprüfen.«
»Woraus besteht es?«
»Die Polizeiarbeit sollten Sie schon noch mir
überlassen. Ich hab gesagt, ich prüfe es nach, und gut. Wenn ich
Ihnen einen Namen verrate, kann ich mit Sicherheit davon ausgehen, dass
einer von Ihnen«, Dietrich sah alle drei nacheinander an, »morgen
bei der betreffenden Person vor der Tür steht.«
»Ihr enormes Vertrauen ehrt uns«, meinte Paul amüsiert.
»Hab ich vielleicht unrecht?«, konterte Dietrich schnippisch.
Kassandra beendete die Diskussion, indem sie Dietrich
Glas und Karteikasten übergab. »Wo wir gerade bei Arnold sind …«
»Danke. Ich hab jetzt viel Arbeit vor mir, aber vielleicht stoße ich
am Ende mit den Fingerabdrücken bei Tina Bodenstedts Begleiter sogar auf jemand
Bekannten in unseren Datenbanken. Falls es ihn wirklich gegeben haben sollte.«
Er verstaute alles zusammen mit dem Stempelkissen und den Karten.
»Haben Sie die Unterlagen über Josef Kind mitgebracht?«, fragte
Kassandra.
Dietrich holte einen Schnellhefter aus seiner Laptoptasche, behielt
ihn aber in der Hand.
»Für Skrupel ist jetzt nicht die richtige Zeit. Wir sind – Sie sind
mittendrin«, half ihm Paul auf die
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