Fischland-Rache
gekommen â die Ihre Freundin ist, Frau VoÃ.«
»Falls Sie meinen, dass Mona von mir was über Sascha erfahren und Inga erzählt haben könnte: nein. Ich hab selbst nichts von seiner Existenz gewusst, bis er letzte Woche hier auftauchte.«
»Wie kommen Sie überhaupt auf die Lange?«, erkundigte sich Bruno.
»Sie mögen sie nicht?«, antwortete Dietrich mit einer Gegenfrage.
Bruno zuckte mit den Schultern. »Ich kenn sie nicht persönlich, aber ich könnte ganz gut ohne den Rummel leben, den sie nach Wustrow gebracht hat. Zu Anfang hatte ich auf der Seebrücke alle zwei Tage ein Mikrofon im Gesicht, weil jeder Radio- und Fernsehsender wissen wollte, was wir Fischländer von Inga Lange halten.«
»Was hast du gesagt?«, fragte Kassandra neugierig.
»Es wurde jedenfalls nicht gesendet.« Bruno setzte die Bierflasche an und nahm einen kräftigen Zug. »Was finden Sie denn nun an der Dame so interessant, Herr Dietrich?«
»Im Gegensatz zu Ihnen kenne ich Inga Lange sehr wohl persönlich«, erklärte Dietrich. »Ich habe sie vor einigen Jahren mehrfach vernommen. Sie war eine harte Nuss, aber am Ende hat sie eingesehen, dass sie keine reelle Chance hatte, und arbeitete mit uns zusammen, weil sie sich davon ein geringeres Strafmaà versprach. Allerdings hat sie nur so viel gesagt, wie sie unbedingt musste, ich war mir immer sicher, dass es da noch einiges mehr gab. Aber es war nichts weiter aus ihr rauszukriegen, vor allem nicht über die Leute, mit denen sie zusammengearbeitet haben musste. Ein, zwei hat sie ans Messer geliefert, weil wir ohnehin genug Hinweise hatten. Der Rest war Schweigen.«
»Inga? Wir reden von Inga Lange, der Starköchin?«, versicherte sich Kassandra. »Was hat sie getan?«
»Immobilienbetrug.«
Diese Eröffnung lieÃen alle ein wenig sacken.
»Inga hat mit Sascha krumme Dinger gedreht?« Das kam von Paul, der mindestens ebenso perplex war wie Kassandra.
»Beweisen kann ich das nicht. Ihr Bruder war strafrechtlich sauber, nicht mal das sprichwörtliche Knöllchen wegen Falschparkens. Frau Lange hat dagegen ganz schön was auf dem Kerbholz. Sie ist eigentlich Bankbetriebswirtin und hat nach ihrem in kürzester Zeit und mit Bestnote abgeschlossenem Studium bei einer kleinen, aber exklusiven Privatbank angefangen. Knapp zwölf Monate später ist der Filialleiter krank geworden, und Inga Lange hat ihn zunächst übergangsweise und nur in einigen Bereichen vertreten. Der Vorstand muss sehr angetan gewesen sein von ihrer Arbeit, denn als sich herauskristallisierte, dass der Leiter längere Zeit ausfallen würde, hat man ihr, obwohl sie erst vierundzwanzig war, seine Aufgaben komplett übertragen. Am Ende war der Vorstand vermutlich nicht mehr ganz so angetan.« Plötzlich zuckte Dietrich erneut zusammen, so heftig, dass er fast das Wasserglas fallen gelassen hätte, das er in letzter Sekunde auf dem Tisch abstellte. »Entschuldigung«, murmelte er, streckte sein Bein aus und griff in seine Sakkotasche, aus der er eine Blisterpackung Tabletten holte.
Kassandra verspürte nicht zum ersten Mal das dringende Bedürfnis, etwas für ihn zu tun, ahnte aber, dass sie ihm damit keinen Dienst erweisen würde. Während er eine Tablette aus der Packung drückte und sie mit etwas Wasser schluckte, verzog er keine Miene.
»Inga Lange hat Immobilien, die der Bank zum Verkauf überlassen wurden, an Maklerbüros und Strukturvertriebe sozusagen weitergereicht und dafür Geld kassiert«, nahm er den Faden wieder auf. »Klingt erst mal nicht sehr dramatisch, allerdings sind der Bank dadurch beträchtliche Werte durch die Lappen gegangen, und das ist schwerer Betrug. AuÃerdem sind die Immobilien unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu überhöhten Preisen verkauft worden, weil das Geld, das Inga Lange für ihre ⦠Dienstleistung bekam, ja schlieÃlich irgendwo herkommen musste. Die Käufer der Objekte hatten also ebenfalls finanziellen Schaden erlitten. Für Letzteres konnte man sie natürlich rechtlich nicht belangen. Was man moralisch davon halten mag, steht auf einem anderen Blatt.«
»Meine Güte«, sagte Bruno. »Wieso gehen die von der Bank nicht zu den Medien und erzählen denen mal was über Frau Lange? Das fände die Ãffentlichkeit bestimmt interessanter als die bescheidene Meinung der
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