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Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Titel: Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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weiter.
    Ich lächelte Stefan an.
    »Ich habe heute einen Artikel über dich gelesen«, sagte er.
    Ich hörte auf zu lächeln.
    »Man soll ja nicht alles glauben, was in der Zeitung steht«, murmelte ich.
    »Da hast du recht«, mischte sich Jack ein. »Als ich mal unverschuldet in einen Unfall verwickelt war, stand in der Zeitung, dass der alkoholisierte Fahrer des Wagens im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen sei. Dabei war ich weder alkoholisiert noch verletzt.«
    »Ja, genau«, sagte ich, »und ich bin weder bi noch bin ich bi.«
    »Vielleicht meinten die den anderen Fahrer«, sagte Rebecca zu Jack.
    Jack grinste. »Das ist natürlich möglich. Ich war nämlich mit dem Fahrrad unterwegs.«
    Alle lachten.
    »Weil er seinen Führerschein nicht mehr hat«, raunte mir Rosi zu, die an meiner anderen Seite Platz genommen hatte. Offenbar konnte der Spießbraten, der seinen Duft bis hierher verströmte, sich selbst überlassen werden. »Wusstest du, dass er wegen Trunkenheit am Steuer schon fast mal im Gefängnis gesessen hat?«
    »Wer, Jack?«
    »Ja, natürlich, Jack. Ich hab’ aus ganz sicherer Quelle, dass er sogar bei den Anonymen Alkoholikern rausgeflogen ist.«
    »Hm, hm«, machte ich.
    »Das wird vielleicht was geben auf dem Boot«, flüsterte Rosi. »Hast du eine Ahnung, wie anstrengend so ein Süchtiger für eine Gruppe ist? Ich glaube, der Stefan weiß gar nicht, was er sich da aufbürdet. Ein einziger Säufer kann ein ganzes Boot zum Kentern bringen.«
    Ich starrte sie entsetzt an.
    »Hat Fred auch gesagt«, flüsterte Rosi. »Jack bringt uns alle in Lebensgefahr!«
    Ich blickte verstohlen zu Jack hinüber. Er würde also unser Untergang sein! Und dabei sah er so harmlos aus! Aus seinem rotbackigen, leicht gebräunten Gesicht leuchteten einem der Bart, die buschigen Augenbrauen und kräftige Zähne schneeweiß entgegen, der massige Körper machte einen wohltrainierten, gesunden Eindruck.
    Aber Rosi wusste es ja besser. Der Schein trog! Mit wenigen geflüsterten Worten ließ sie ein Horrorszenario vor meinen Augen entstehen: Eines frühen Morgens, noch vor Sonnenaufgang, würde Jack vergessen, die Seewasserventile der Klospülung zu schließen, das Meerwasser würde uns in der Koje überraschen, und während Jack draußen am Steg seinen ersten Schnaps trank, versank das Boot mit Mann und Maus vor seinen Augen.
    »Das müssen wir dem Stefan aber noch klarmachen«, flüsterte Rosi. »Dass man einen Alkoholiker ständig unter Kontrolle behalten muss. Ohne dass er’s merkt, natürlich.«
    Ich nickte fröstelnd.
    Stefan reichte eine Liste mit allen Sachen herum, die wir uns für den Segeltörn beschaffen sollten. Schlafsäcke, wasserdichte Kleidung, Gummistiefel und Bordschuhe mit hellen Sohlen, lange Unterwäsche und Segelhandschuhe. Fred, Rosi, Ursel und Heinrich besaßen so was natürlich längst, ebenso eigene Rettungswesten und Lifebelts der besonderen Art. Für uns, den Rest, gab es 08/15-Rettungswesten auf dem Boot.
    »Die machen aber dick«, raunte mir Rosi zu. »Kauf dir besser was Anständiges.« Ich wunderte mich, dass sie hier immer noch so ruhig auf dem Stuhl saß, während der Spießbraten in der Küche sich selbst überlassen war.
    »Und jetzt zur Aufteilung der Crews auf die beiden Boote«, sagte Stefan und raschelte mit einem Zettel. »Ich habe mir dafür viel Zeit genommen.«
    »Wir finden, man sollte hierbei auch ein wenig die intellektuelle Kompatibilität berücksichtigen«, ließ sich Heinrich vernehmen.
    »Jawoll, Heinrich! Recht haste!«, rief Jack. »Die Professoren auf das eine Boot, die Dachdecker auf das andere!«
    »Das hat doch nichts mit dem Beruf zu tun«, mischte sich Ursel ein. »Auch Dachdecker können manchmal passable Menschen sein. Wir meinen nur, dass man bei der Aufteilung ein bisschen darauf achten sollte, dass die Leute zusammenpassen.«
    Rosi stieß mich in die Seite. »Jack ist Dachdeckermeister, hast du das gewusst?«
    Nein, hatte ich nicht, aber ich hatte es mir fast gedacht.
    »Er war mal fast im Gefängnis, weil er einen anderen Dachdecker bei einem Streit vom Gerüst geschubst hat«, flüsterte Rosi. »Natürlich im Suff! Fred sagt, wenn die weiße Mäuse sehen, dann sind die zu allem fähig!«
    Vor meinem inneren Auge sah ich Jack über das Boot wanken, einen gewaltigen Dachdeckerhammer in der Hand. Seine sonst so freundlichen blauen Augen waren rotgeädert und irrten hektisch über das Deck. Er sah weiße Mäuse! Überall nur weiße Mäuse! Delirium! Hilfe!

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