Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
hinterher«, kicherte Bille, als Stefan auf dem Parkplatz in seinen BMW stieg und davonfuhr. »Sicher geht er jetzt in die Disco und kippt ein paar unschuldigen Teenagern Heroin in die Cola!«
Ich würdigte sie keiner Antwort. So was würde Stefan niemals tun. Er gehörte ganz sicher nicht zu diesen gewissenlosen Geschäftemachern, die vor Schulen herumlungerten und achtjährige Kinder in die Drogenabhängigkeit trieben. Der Markt bestimmt die Nachfrage, oder war es umgekehrt? Stefan jedenfalls versorgte nur verkommene Subjekte wie Mick mit Stoff, Leute, die es nicht besser verdient hatten. Aber was wusste Bille schon!
Im Froschkönig verbreitete Ursel wieder Panik von wegen der Prüfungsfragen und behauptete, wer jetzt noch nicht angefangen habe zu lernen, werde es niemals schaffen, sich bis nächste Woche alles einzutrichtern. Dabei stellte sich heraus, dass alle außer mir schon mit dem Lernen begonnen hatten.
»Auch du, Brutus?«, fragte ich Bille.
Sie nickte. »Burghart und ich sind schon bei Frage 303: Was verstehen Sie in amtlichen Wetterberichten unter frischem Wind?«
Überflüssig, an dieser Stelle zu erklären, warum Bille und Burghart immer noch ein Paar waren. Es würde doch niemand verstehen. Tatsache war nur, dass weder Melanie noch Mick noch der karatekundige Zeitungsmann dem Elend ein Ende bereitet hatten.
Um zu zeigen, wie gut sie sich alle schon vorbereitet hatten, begann nun das große gegenseitige Abfragen.
»Wie muss sich ein Fahrzeug unter Segel von weniger als zwölf Meter Länge oder unter Ruder auf Seeschifffahrtsstraßen verhalten, wenn es nicht mindestens ein weißes Rundumlicht führen kann?«, fragte Heinrich.
Es ist kaum zu glauben, aber alle außer mir kannten die Antwort. Ursel kannte sogar die Nummer der Frage.
»119, 119«, trompetete sie frohlockend.
»Und wie muss man sich bei Gewittergefahr verhalten?«, wollte Bernie ausgerechnet von mir wissen.
»Eichen meiden, Buchen suchen«, sagte ich, aber auf See war diese alte Bauernregel wahrscheinlich schlecht anwendbar. Ich sah schon, es wurde allmählich Zeit, dass auch ich mich auf diese Prüfung vorbereitete.
Erst als wir später zum Parkplatz zurückgingen, fiel mir auf, dass Angela gar nicht mit in den Froschkönig gekommen war. Aber wer hatte sie vermisst?
Immer, wenn ich mich hinter das Segelbuch klemmen wollte, kam etwas dazwischen. Zunächst einmal wurde meine Ausstellung in der Galerie am Brunnen eröffnet, da durfte ich natürlich nicht fehlen. Pünktlich zu diesem Ereignis war die neue Nummer der Stadtillustrierte erschienen und brachte ein doppelseitiges Porträt über mich mit einem riesengroßen, ziemlich schmeichelhaften Foto von mir vor Billes Bücherregal.
Überschrift: Kunst kommt von können –, darunter kleiner: … wenn es von Wollen käme, hieße es Wunst .
Na ja, da hatte Zeitungsmann nicht seinen besten Tag gehabt, oder vielleicht hatte auch ein Kollege getitelt. Auf jeden Fall war das kein Zitat von mir.
»Zwischen Genie und Wahnsinn.« So etwa hätte die Schlagzeile gelautet, wenn ich etwas zu sagen gehabt hätte. Aber im Grunde konnte ich mich nicht beschweren. Meine Marionetten zeugten von großem handwerklichen Können, von blühender Phantasie und von humorvoller Aussagekraft, stand da schwarz auf weiß. Ja, der Zeitungsmann war sogar so weit gegangen, die Ausstellung als unbedingt empfehlenswert zu bezeichnen, da meine Puppen die Hysterie und Dekadenz der Gesellschaft auf satirische Weise widerspiegelten .
Aha! So war das also.
Der Galerist war begeistert. Er wollte den Zeitungsmann anrufen, ihm persönlich danken und ihn noch einmal zu unserem Champagnerfrühstück am letzten Ausstellungstag einladen.
Ich widmete mich dem Teil des Artikels, der sich mit meiner Person befasste. Die sympathische Kölnerin begrüßt uns in ihrer schlichten, aber behaglichen Wohnung mitten in Nippes .
Sympathisch, ja in der Tat, schlicht, von mir aus, behaglich, na gut, aber wer war uns ? Der gute Mann war doch ganz allein dagewesen! Wahrscheinlich hatte seine Doppelrolle als Fotograf und Journalist mittlerweile eine Persönlichkeitsspaltung bei ihm hervorgerufen, beruhigte ich mich und las weiter.
Schaut man sich in der eher karg möblierten, streng in Schwarz und Weiß gehaltenen Wohnung um, kann man kaum glauben, dass in dieser peinlich sauberen Umgebung solch farbenfrohe, opulente Gestalten entstehen. Man kann sich kaum vorstellen, dass sich diese äußerst bürgerlichen vier Wände am Nachmittag
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