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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gelangen. Wieder und wieder stach das Messer in mein Fleisch. Ein letztes Mal rief ich nach meinem Jungen, dann verließ mich die Kraft. Ich wurde gegen eine Stallwand geschleudert. Ich erstickte fast vor dem Blut in meinem Mund und Nase. Dann eilige Schritte. Schmerzerfülltes Dunkel. Ich kroch näher an Burrich heran und schob meine Nase unter seine Hand. Er rührte sich nicht. Stimmen und Lichter kamen näher, näher …
    Ich erwachte auf einem nächtlichen Hügel und hielt meinen Stock so fest umklammert, dass meine Knöchel schon ganz weiß waren. Nicht eine Sekunde lang glaubte ich an einen Traum. Immer noch spürte ich das Messer zwischen meinen Rippen und schmeckte das Blut in meinem Mund. Wie der Kehrreim eines schaurigen Liedes wiederholten sich die Wahrnehmungen in meinem Kopf, der kalte Luftzug, das Messer, der Stiefel, das Blut meines Feindes, mein eigenes. Ich bemühte mich, aus dem klug zu werden, was Fäustel gesehen hatte. Jemand hatte oben vor Burrichs Kammertür gelauert. Jemand mit einem Messer. Und Burrich war gestürzt, woraufhin Fäustel Blut gewittert hatte …
    Ich stand auf und suchte meine Sachen zusammen. Schwach, sehr schwach, regte sich Fäustels warme und kleine Gegenwart in meinem Bewusstsein. Vorsichtig spürte ich nach ihm und hörte sofort auf, als ich merkte, wie viel Kraft es ihn kostete, mir zu antworten. Ruhig. Sei ruhig. Ich komme. Ich fror, meine Beine
zitterten, trotzdem war mein Rücken schweißnass. Was tun? Da gab es nichts zu überlegen. Im Laufschritt eilte ich den Hang hinunter zu dem Feldweg im Tal. Es war mehr ein schmaler Abzweig, ein Hausiererpfad, und ich rechnete mir aus, dass wenn ich ihm folgte, er irgendwann in die Küstenstraße einmünden musste. Die Küstenstraße würde mich nach Hause bringen, und wenn Eda mir gnädig war, kam ich rechtzeitig, um Fäustel zu helfen. Und Burrich.
    Ich musste mich zwingen, ruhig voranzuschreiten und nicht in ein Rennen zu verfallen. Gleichmäßiges Marschieren brachte mich weiter als kopflose Rennerei durch die Dunkelheit. Die Nacht war klar und der Weg eben. Einmal ging mir durch den Kopf, dass ich nun wahrscheinlich die letzte Chance vertat, zu beweisen, dass ich die Gabe beherrschte. Alles, was es mich gekostet hatte, Zeit, Mühe, Schmerzen - umsonst. Doch ich hätte niemals einfach nur noch dasitzen und einen ganzen weiteren Tag darauf warten können, bis Galen sich meldete. Um für seine mögliche Berührung offen zu sein, hätte ich Fäustels Bewusstseinsflämmchen aus meinen Wahrnehmungen löschen müssen. Dazu war ich nicht bereit. Wenn ich zu wählen hatte, dann Fäustel. Und Burrich.
    Warum Burrich?, fragte ich mich. Wer hasste ihn so sehr, um ihm aufzulauern? Und ausgerechnet vor seiner Kammer? Sorgfältig, als sollte ich Chade Bericht erstatten, stellte ich in Gedanken alle mir bekannten Fakten zusammen. Es handelte sich um jemand, der gut genug informiert war, um zu wissen, wo Burrich wohnte, also ging es nicht etwa um einen Wirtshausstreit unten in Burgstadt. Es war jemand, der ein Messer mitgebracht hatte, also keiner, der ihm nur eine Abreibung verpassen wollte. Das Messer war scharf gewesen, und der Besitzer verstand
damit umzugehen. Und aus der Erinnerung heraus glaubte ich wieder, den heißen Schmerz zu verspüren.
    So weit die Tatsachen. Vorsichtig begann ich, darauf Vermutungen aufzubauen. Da war jemand, der Burrichs Gewohnheiten kannte und einen tiefen Groll gegen ihn hegte, zumindest so sehr, um einen Mord zu begehen. Plötzlich wurden meine Schritte langsamer. Warum hatte Fäustel den Mann nicht bemerkt, der da oben wartete? Warum hatte Hexe nicht hinter der Tür gebellt? Sich in ihrem eigenen Revier unbemerkt an Hunden vorbeizustehlen, das wies auf jemanden hin, der Übung darin hatte, herumzuschleichen und zu spionieren.
    Galen.
    Nein. Ich wollte nur, dass er es war. Keine voreiligen Schlüsse. Körperlich war Galen kein Gegner für Burrich, und das wusste er. Selbst wenn er mit einem Messer bewaffnet war, die Dunkelheit ihn schützte und Burrich auch noch angetrunken und ahnungslos war, hatte er gegen diesen doch keine Chance. Nein. Galen mochte davon träumen, aber er würde es nicht tun. Nicht eigenhändig.
    Würde er aber einen anderen schicken? Ich dachte darüber nach, musste die Frage jedoch unbeantwortet lassen. Also weiter. Burrich war kein friedfertiger Mensch und Galen beileibe nicht sein einziger Feind. Sosehr ich alles drehte und wendete, ich hatte einfach nicht genug Wissen, um zu

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