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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einem brauchbaren Ergebnis zu kommen.
    Nach einiger Zeit gelangte ich an einen Bach und trank ein wenig Wasser daraus, dann ging ich weiter. Der Wald wurde dichter, und der Mond verschwand hinter den Bäumen, die den Weg säumten. Ich marschierte weiter, bis mein Pfad in die Küstenstraße mündete wie ein kleiner Bach in einen Fluss. Ich folgte
dem im Mondlicht silbern glänzenden Band der Straße nach Süden.
    Schritt für Schritt ließ ich damit langsam die tiefe Nacht hinter mir. Als die ersten zaghaften Vorboten der Morgendämmerung Farbe über die Landschaft gossen, fühlte ich mich völlig zerschlagen, aber nicht weniger getrieben. Meine Sorgen waren eine Last, die ich nicht einfach so abschütteln konnte. Ich klammerte mich an den dünnen Faden Wärme, der mich noch mit Fäustel verband und mir sagte, dass er noch lebte, und rätselte gleichzeitig über Burrich. Wie schwer mochte er verletzt sein? Fäustel hatte sein Blut gewittert, also war er mindestens einmal von dem Messer getroffen worden. Und der Sturz die Treppe hinunter? Ich bemühte mich, die Sorgen zu verdrängen. Mir war nie der Gedanke gekommen, Burrich könnte etwas Ernsthaftes zustoßen. Erst recht nicht hatte ich darüber nachgedacht, was mir das ausmachen würde. Ich konnte meinen Gefühlen keinen Namen geben. Du bist einfach leer, dachte ich bei mir selbst. Leer. Und müde.
    Beim Gehen aß ich von meinem Proviant und füllte am nächsten Bachlauf meine Wasserflasche nach. Irgendwann vormittags bewölkte sich der Himmel, und es begann zu nieseln. Später klarte es ebenso plötzlich wieder auf. Ich ging weiter. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass auf dieser Überlandroute einiger Verkehr herrschte, aber mir begegnete keine einzige Menschenseele. Am späten Nachmittag hatte die Straße mich dicht an den Rand der Klippen geführt und gewährte mir ungehinderten Ausblick über eine kleine Bucht und auf die Ruinen von Ingot. Die beinahe friedliche Szenerie wirkte beklemmend. Kein Rauch, der aus den Schornsteinen der Häuser stieg, kein Boot, das im Hafen lag. Und mein Weg führte mitten durch den
Ort hindurch. Mir föstelte vor dem Gedanken, aber der pulsierende Faden, der mich mit Fäustel verband, zog mich weiter.
    Als ich das Knirschen von Schritten auf den Steinen der Straße hörte, merkte ich auf. Und nur die Reflexe, die ich Hods unnachsichtigem Drill verdankte, retteten mir das Leben. Ich wirbelte herum, und der in einem Halbkreis geführte Stock zerschmetterte dem hinter mir stehenden Angreifer den Kiefer. Die anderen wichen zurück. Drei andere. Alle entfremdet, seelenlos wie Steine. Derjenige, den ich getroffen hatte, wälzte sich schreiend am Boden, doch außer mir schenkte ihm niemand Beachtung. Ich versetzte ihm einen weiteren trockenen Hieb quer über den Rücken. Selbst in dieser bedrohlichen Situation war ich über mich selbst verwundert. Natürlich war es klug, dafür zu sorgen, dass der Gegner kampfunfähig blieb, andererseits hätte ich es ansonsten nicht einmal fertiggebracht, einen bereits vor Schmerzen jaulenden Hund so brutal zu schlagen. Doch gegen diese Entfremdeten zu kämpfen war dasselbe wie ein Kampf gegen Phantome. Ich empfing keine Signale von ihnen, spürte nichts von den Schmerzen des Verletzten, nicht einmal einen Widerhall seiner Wut oder Angst. Es war wie das Zuschlagen einer Tür, als ich ein drittes Mal den Stock niedersausen ließ, bevor ich über den Mann hinwegsprang, um mir den Weg freizumachen.
    Ich ließ bedrohlich meine Waffe kreisen und hielt so den Rest der Bande auf Abstand. Sie sahen alle zerlumpt und mager aus, dennoch fürchtete ich, dass sie mich einholen könnten, falls ich versuchte, zu fliehen. Ich war schon müde, und sie besaßen die verzweifelte Kraft hungriger Wölfe. Sie würden mich verfolgen, bis ich vor Erschöpfung umfiel. Einer griff nach mir, und ich zog ihm den Stock über den Unterarm. Er ließ ein rostiges
Fischmesser fallen, drückte die Hand an die Brust und stieß ein schrilles Geheul aus. Wieder kümmerten sich die beiden anderen nicht weiter um den Verletzten. Ich tänzelte ein paar Schritte zurück.
    »Was wollt ihr?«, fragte ich.
    »Was hast du?«, antwortete einer von ihnen mit einer Gegenfrage. Seine Stimme klang rostig und stockend, als hätte er lange keinen Gebrauch mehr davon gemacht. Er bewegte sich langsam um mich herum, so dass ich gezwungen war, mich mit ihm zu drehen. Tote, die reden, dachte ich bei mir und konnte nicht verhindern, dass mir der Satz

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