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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bocksburg. Ich hatte alles überlebt, aber ich war nicht mehr als der einfältige Knabe, der ausgesandt worden war. Man erhob nun kein Freudengeschrei, weil ich nicht wie angenommen tot war, aber ich gab auch niemandem Gelegenheit dazu.

    Von Burrichs Krankenlager ging ich schnurstracks hinauf in mein Zimmer, wusch mich und wechselte die Kleider. Und ich schlief einen unruhigen Schlaf.
    Während der letzten Tage des Frühlingsfestes nahm ich meine Mahlzeiten abends allein in der Küche ein. Ich verfasste eine Mitteilung an König Listenreich, es gäbe Anlass zu der Vermutung, dass die Roten Korsaren regelmäßig Ingot anliefen, um ihre Wasservorräte aufzufüllen. Er antwortete nicht, und ich war froh darüber. Denn ich wollte mit niemandem etwas zu tun haben.
    Mit großem Pomp und Zeremoniell präsentierte Galen dem König seinen fertigen Zirkel. Außer mir war noch einer aus unserer Gruppe nicht zurückgekehrt. Ich schäme mich heute, dass ich mich nicht an seinen Namen erinnern kann und nie herausgefunden habe, was aus ihm wurde. Wie Galen muss ich ihn wohl als unbedeutend abgetan haben.
    Galen sprach in jenem Sommer nur noch ein einziges Mal mit mir und das nur indirekt. Kurz nach dem Fest liefen wir uns im Burghof über den Weg. Edel war bei ihm und sie unterhielten sich. Als sie an mir vorbeikamen, warf er mir über Edels Kopf hinweg einen hämischen Blick zu und meinte: »Er hat mehr Leben als eine Katze.«
    Ich blieb stehen und starrte sie an, bis beide gezwungen waren, meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen, dann nickte ich Galen zu und lächelte. Weder bei dieser Gelegenheit noch später stellte ich ihn für seinen hinterhältigen Versuch, mich in den Tod zu schicken, zur Rede. Nach jenem einen Zusammentreffen schaute er bei zufälligen Begegnungen fortan einfach durch mich hindurch oder verließ den Raum, sobald ich ihn betrat.

    Mir kam es vor, als hätte ich mit Fäustel alles verloren. Oder vielleicht arbeitete ich in meiner Verbitterung selbst darauf hin, das wenige zu zerstören, was mir geblieben war. Mit Leichenbittermiene wanderte ich durch die Burg und empfand eine selbstquälerische Befriedigung dabei, jeden zu verprellen, der dumm genug war, mich anzusprechen. Sogar der Narr ging mir aus dem Weg. Chades Tür blieb verschlossen. Philia ließ mich nur dreimal zu sich kommen. Die ersten beiden Male legte ich ein Mindestmaß an Höflichkeit an den Tag. Beim dritten Mal, gelangweilt von ihrem Geplauder über das Beschneiden von Rosen, stand ich einfach auf und ging. Sie schickte nicht wieder nach mir.
    Doch schließlich hielt ich es nur mit mir allein nicht mehr aus. Fäustel hatte eine große Lücke in meinem Leben hinterlassen, und aus den Ställen verbannt zu sein, das traf mich härter als erwartet. Zufällige Begegnungen mit Burrich waren unangenehm und peinlich, weil wir beide so taten, als hätten wir den anderen nicht gesehen.
    Ich sehnte mich danach, zu Molly zu gehen und ihr zu berichten, was mir zugestoßen war, mir einfach alles von der Seele zu reden. Ganz genau malte ich mir aus, wie wir am Strand saßen, während ich erzählte, und wenn ich fertig war, würde sie nicht über mich urteilen oder mir gute Ratschläge erteilen, sondern nur meine Hand nehmen und mir nahe sein. Endlich wusste jemand über mich Bescheid, ich brauchte vor ihr nichts mehr zu verbergen. Und die Molly meiner Fantasie wandte sich nicht von mir ab, sie hielt zu mir. Ich verzehrte mich in Sehnsucht, und mein Hoffen und Bangen war so aufwühlend, wie es nur ein heranwachsender Junge kennt, dessen Geliebte zwei Jahre älter ist als er selbst. Wenn ich ihr all meine Sorgen offenbarte, würde
sie in mir vielleicht nicht nur ein unglückliches Kind sehen und mich bedauern? Würde sie mir nachtragen, dass ich mich ihr nicht früher anvertraut hatte? Ein Dutzend Mal hielt mich dieser Gedanke davon ab, endlich meinen Entschluss in die Tat umzusetzen und sie zu besuchen.
    Doch ungefähr zwei Monate später, als ich doch einen Gang in den Ort unternehmen musste, führten meine verräterischen Füße mich ohne Umwege zum Kerzenladen. Ganz zufällig hatte ich einen Korb bei mir, worin sich eine Flasche Kirschwein und vier oder fünf dornige kleine Rosen befanden, die ich unter Blut und Schmerzen aus dem Frauenhag geraubt hatte, wo deren Duft sogar den des Thymians überlagerte. Ich redete mir ein, ich wäre einfach nur so bei ihr vorbeigekommen. War ich denn gezwungen, ihr meine Lebensgeschichte zu erzählen? Wenn ich keine

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